Wunstorf wird zur Drehscheibe für Operation "Air Defender"
Die Vorbereitungen für die Luftwaffen-Operation "Air Defender" laufen auf Hochtouren. Wunstorf in der Region Hannover wird zur logistischen Drehscheibe für die größte Luftübung seit Bestehen der NATO.
Wer in diesen Tagen am Fliegerhorst Wunstorf vorbeifährt, kann nur erahnen, was sich hinter den Zäunen auf dem riesigen Militärflugplatz abspielt. Nur wenige Kilometer entfernt vom Urlaubsort Steinhuder Meer laufen die Vorbereitungen für die Operation "Air Defender" auf Hochtouren. Am Rande des riesigen Areals warten Planespotter, um mit ihren Ferngläsern und Fotoapparaten ein paar Blicke auf das Geschehen hinter den Zäunen zu erhaschen. Am 12. Juni startet in Wunstorf die Militärübung. Die Bundeswehr spricht von einer "Demonstration transatlantischer Verbundenheit durch sichtbaren Beitrag der USA". Heißt konkret: Für den Fall eines Angriffs durch ein östliches Militärbündnis - so das Szenario der Übung - soll die Reaktionsfähigkeit der NATO in der Luft getestet werden.
Air Defender ist keine NATO-Übung
Die Planungen für die multinationale Übung mit 10.000 Soldatinnen und Soldaten und mehr als 220 Flugzeugen aus insgesamt 25 Nationen laufen bereits seit 2018. Seitens der Bundeswehr wird immer wieder betont, "dass es eine von Deutschland initiierte und geführte Übung ist und keine der NATO". Rund um den Fliegerhorst denken viele, dass die Übung eine Reaktion auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist. Doch der zeitliche Vorlauf macht deutlich, dass die Operation nicht als Reaktion auf Putins Krieg geplant war. Bundesweit gibt es drei Hauptdrehkreuze: Jagel/Hohn in Schleswig Holstein, Lechfeld in Bayern und den Fliegerhorst Wunstorf in Niedersachsen.
Wunstorf - Logistikkreuz für Transportmaschinen und Ersatzteile
Während von Jagel und Hohn in Schleswig Holstein die Kampfjets starten, gilt Wunstorf als die logistische Drehscheibe für die Militäroperation. Bereits Ende Mai sind die ersten Transportflugzeuge aus den USA gelandet - an Bord Personal und Material - vom kleinsten Werkzeugkasten bis hin zum Gabelstapler. Auf dem Fliegerhorst werden täglich Transportmaschinen starten und landen und Material transportieren. Von hier aus finden auch die Luftbetankungen der Kampfjets statt. Rund um Wunstorf müssen sich die Anwohnerinnen und Anwohner auf verstärkten Fluglärm einstellen.
Größtes mobiles Feldtanklager innerhalb Deutschlands
Schon vor dem Start der Übung nimmt das bis dato größte mobile Feldtanklager innerhalb Deutschlands in Wunstorf seinen Betrieb auf. Ein Tanklager, das 2,4 Millionen Liter Kerosin fassen kann, und das das stationäre Tanklager am Fliegerhorst ergänzen soll. Für die Übung wird jede Menge Kraftstoff benötigt. Allein in Wunstorf soll der Bedarf zwischen 400.000 und 500.000 Litern pro Tag liegen.
Gemischte Gefühle bei den Anwohnern
In den Orten rund um den Fliegerhorst Wunstorf reagieren die Menschen unterschiedlich auf die Großübung. "Für uns ist es ein gutes Gefühl, dass die NATO-Verteidigungsbereitschaft demonstriert wird", sagen Ilse und Wolfgang Bokelmann aus Großenheidorn - nur wenige Kilometer entfernt vom Fliegerhorst. Eine andere Anwohnerin, Bettina König, ist skeptischer: "Ich finde die Aussicht auf so ein großes Militäraufgebot rund um unsere Ortschaft ganz schön beklemmend. Damit rückt auch der Krieg im Osten näher." Andreas Niemeyer, Nebenerwerbslandwirt und ziviler Beschäftigter am Fliegerhorst Wunstorf, sagt: "Das sind gewisse Sachen, mit denen wir auch mal leben müssen, dass große Übungen wieder stattfinden."
Proteste gegen "Air Defender"
Friedensinitiativen wie das Netzwerk Friedenskooperative hingegen warnen, dass Wunstorf Basis für zukünftige Kriegseinsätze werden könnte. "Nicht das Zusammenspiel im Krieg sollten die 25 Nationen trainieren, sondern im Zusammenspiel mögliche diplomatische Lösungen erarbeiten", heißt es in einem Protest-Aufruf. Für zwei Tage vor dem Start der Übung sind eine Fahrraddemo und einen Schweigemarsch vor dem Fliegerhorst angekündigt.