Bei der VW-Hauptversammlung fliegt eine Gegenstand in Richtung des Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch. © Volkswagen Group

Nacktprotest und Tortenwurf: Störaktionen bei VW-Hauptversammlung

Stand: 10.05.2023 19:18 Uhr

Proteste begleiteten die Hauptversammlung des VW-Konzerns in Berlin: Ein Tortenwurf in Richtung Wolfgang Porsche, Vertreter der Eigentümerfamilie, sowie ein Nacktprotest einer Aktivistin störten die Versammlung.

Der Unbekannte hatte die Torte während der Rede von Chef-Kontrolleur Hans Dieter Pötsch in Richtung des Podests geworfen, hinter dem weitere Mitglieder der VW-Spitze saßen. Getroffen wurde niemand. Weitere Aktivistinnen und Aktivisten hatten die strengen Eingangskontrollen von VW überwunden und störten die Veranstaltung mehrfach mit Rufen und Plakaten. Auch VW-Chef Oliver Blume musste seine Rede unterbrechen, als eine Aktivistin mit nacktem Oberkörper und Plakat lautstark seinen Vortrag störte und damit auf Menschenrechtsprobleme in China hinweisen wollte. Sicherheitspersonal warf die Störer aus dem Saal. Anleger befürchten nach NDR Informationen, dass Volkswagen die Hauptversammlung im kommenden Jahr nicht mehr in Präsenz, sondern - wie zu Corona-Zeiten - wieder virtuell abhalten könnte.

Menschenrechtler kritisieren Festhalten an Werk in China

Auch vor dem Gebäude hatten Vertreter der uigurischen Minderheit in China demonstriert. Unterstützt wurden sie vom Dachverband der kritischen Aktionäre. Sie werfen Volkswagen unter anderem vor, in den Lieferketten nicht ausreichend auf den Schutz von Menschenrechten zu achten. VW betreibt mit einem Gemeinschaftsunternehmen ein Werk in der chinesischen Provinz Xinjiang. Die in der Provinz lebende muslimische Minderheit der Uiguren wird laut Menschenrechtsorganisationen gezielt von der Regierung in Peking unterdrückt. Der VW-Konzern reagierte auf die Proteste mit einer Stellungnahme. "Ein konstruktiver Austausch ist wichtig. Und eine Hauptversammlung bietet dafür eine gute Möglichkeit", hieß es darin. "Bis auf Einzelne halten sich alle an die dafür vorgesehenen Regeln."

Aktionärsvereine und Fondsgesellschaften unzufrieden

Aktionärsvereine und Fondsgesellschaften zeigten sich bei der Versammlung unzufrieden mit der VW-Führung. Marc Liebscher von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (Sdk) monierte, dass Aktionärsvertreter seit Jahren Fragen zu guter Unternehmensführung und weiteren Problemen gestellt, aber kaum Antworten erhalten hätten. Janne Werning von der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, Union Investment, forderte eine unabhängige Untersuchung zur Situation in Xinjiang und bekam Applaus.

Kritik an Doppelfunktion: Blume als Chef von VW und Porsche

Für Aktionärsvertreter ist insbesondere die Doppelfunktion von Blume als VW-Konzern- und Porsche-Chef ein Grund zur Sorge. "Die Aktionäre wollen einen Vorstandsvorsitzenden, der sich voll und ganz auf eine Aufgabe konzentrieren kann", sagte Hendrik Schmidt von der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS. "Wir wünschen uns, dass bald Vernunft in Wolfsburg einkehren wird und Sie das Porsche-Mandat niederlegen", rief Ingo Speich von der Sparkassenfondstochter Deka Invest Blume zu. Vor den rund 700 anwesenden Aktionärinnen und Aktionären sagte Blume, VW und Porsche hätten weitgehend gleichlaufende Interessen, von daher seien Interessenkonflikte nicht zu erwarten - und diese seien auch bisher in seiner Amtszeit nicht aufgetreten. Für den Fall der Fälle seien Vorkehrungen getroffen, um Interessenkonflikte auszuschließen.

Ein Hinweisschild mit Bundesadler und dem Schriftzug Bundesgerichtshof, aufgenommen vor dem Bundesgerichtshof (BGH). © picture alliance/dpa | Uli Deck
AUDIO: Thermofenster bei Abgasreinigung: Schadenersatz für Autokäufer? (08.05.2023) (3 Min)

80-jähriger Aufsichtsrat Porsche will um fünf Jahre verlängern

VW-Aufsichtsrat Wolfgang Porsche hatte am Mittwoch zwei Anlässe zum Feiern: Der Lenker der Familiendynastie Porsche wurde 80 Jahre alt. Auf der VW-Hauptversammlung wollte er sich außerdem für weitere fünf Jahre in den Aufsichtsrat des Konzerns wählen lassen - obwohl er die Regelaltersgrenze von 75 Jahren bereits seit fünf Jahren überschritten hat. Porsche gilt als einer der mächtigsten Männer der deutschen Autoindustrie. Er ist unter anderem Chefkontrolleur beim Sportwagenbauer Porsche und bei der Holding Porsche SE, die die Mehrheit am VW-Konzern besitzt. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sieht die Besetzung wegen Porsches Alter kritisch und wollte dagegen stimmen. Traditionell haben die Kleinanleger bei Abstimmungen auf der VW-Hauptversammlung allerdings kaum eine Chance, mit ihren Positionen durchzudringen. Die Beteiligungsgesellschaft Porsche SE, das Land Niedersachsen und der Staatsfonds Katar halten zusammen mehr als 90 Prozent der Stimmrechte an Volkswagen.

Weitere Informationen
Ein Kuchen wurde von Aktivist:innen auf einer Veranstaltung von Porsche auf die Bühne geschmissen. © Screenshot
2 Min

VW-Hauptversammlung gestört: Aktivist schmeißt mit Torte

Immer wieder wurden Reden lautstark unterbrochen. Aktivisten protestieren gegen Verbrennermotoren und für mehr Klimaschutz. (10.05.2023) 2 Min

Julia Willie Hamburg (Bündnis 90/Die Grünen), Kultusministerin von Niedersachsen, spricht im Landtag bei einer Pressekonferenz der niedersächsischen Landesregierung. © picture alliance/dpa/Julian Stratenschulte Foto: Julian Stratenschulte

Doch keine Klage gegen Ministerin Hamburg als VW-Aufsichtsrätin

Wegen der Berufung von Niedersachsens grüner Kultusministerin hatten Aktionärsschützer mit einer Klage gedroht. (08.05.2023) mehr

Das Markenhochhaus des Volkswagenwerks in Wolfsburg. © dpa Foto: Daniel Kalker

China und Dieselgate beschäftigen VW-Aktionäre

Auf der Hauptversammlung stellen die Kleinaktionäre des Autobauers zwar unbequeme Fragen. Viel bewegen können sie jedoch nicht. (10.05.2023) mehr

Abgase kommen aus dem Auspuff eines Autos. © picture alliance/dpa | Marijan Murat Foto: Marijan Murat

Dieselskandal: Bundesgerichtshof will Ende Juni entscheiden

Es geht um Klagen gegen Audi, Mercedes und Volkswagen. Der Termin wird als wegweisend für mehr als 2.000 allein am BGH betrachtet. (08.05.2023) mehr

Heizkraftwerk des Volkswagenwerks Wolfsburg. © picture alliance | Daniel Kalker Foto: Daniel Kalker

Schwankende Rohstoffpreise belasten VW im ersten Quartal 2023

Im Vergleich zum Vorjahr machte der Wolfsburger Konzern 31 Prozent weniger Gewinn. Elektronik-Lieferprobleme dauern an. (04.05.2023) mehr

Ein Volkswagen Logo glänzt in der Sonne in der Autostadt am Volkswagen Stammwerk. © picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte Foto: Julian Stratenschulte

VW-Bilanz: Mehr Umsatz und Gewinn - mit deutlich weniger Autos

Die VW-Kernmarke hat 2022 von höheren Autopreisen profitiert. Der Gewinn lag im vorigen Jahr bei knapp 2,65 Milliarden Euro. (14.03.2023) mehr

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 10.05.2023 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

VW

Mehr Nachrichten aus Niedersachsen

Eine Kerze, Blumen und einer Spielzeugfigur stehen an den Feuerwehrgebäude in Warle. © NDR Foto: Kristin Häfemeier

Neunjähriger aus Niedersachsen stirbt bei Anschlag in Magdeburg

Der Junge lebte seit dem Frühjahr in Warle im Landkreis Wolfenbüttel. Er war in der Kinderfeuerwehr des Ortes aktiv. mehr