Dieselskandal: Bundesgerichtshof will Ende Juni entscheiden
Am Montag hat der Bundesgerichtshof drei Fälle rund um Abschaltvorrichtungen in Dieselautos verhandelt. Ein Urteil soll am 26. Juni verkündet werden. Es gilt als grundlegend für Ansprüche Tausender Kunden.
Verhandelt wurden drei ausgewählte Klagen von Autokäufern gegen Volkswagen, Mercedes und Audi. Die Käufer fordern Schadenersatz wegen eingebauter Abschaltvorrichtungen - sogenannten Thermofenstern. Dabei handelt es sich um eine spezielle Software, die die Abgasreinigung in Autos steuert. Bei bestimmten Temperaturen wird die Abgasreinigung heruntergefahren oder ganz ausgeschaltet. Thermofenster sind bei Diesel-Motoren üblich, aber je nach Auto unterschiedlichen gestaltet. Die Hersteller sagen, das sei notwendig, um die Motoren zu schützen. Die Klägerseite sieht die Software als unzulässig an, da die Software an Testbedingungen angepasst sei, nicht aber an die Bedingungen der üblichen Nutzung. Dadurch sei die Abgasreinigung nicht durchgängig gut genug.
BGH sieht sittenwidrige Täuschung als Bedingung
Nach einem BGH-Urteil aus dem Mai 2020 besteht nur in den Fällen ein Anspruch auf Schadenersatz, in denen der Käufer über den Schadstoffausstoß auf sittenwidrige Weise getäuscht wurde. Dies gilt demnach für den Motor EA189, in dem eine Software so programmiert wurde, dass die Autos bei Tests in einen Modus wechselten, in dem weniger giftige Abgase freisetzten. Dass dennoch die nun ausgewählten Fälle am BGH verhandelt werden, geht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. März zurück.
EuGH macht Erfolg für Kläger wahrscheinlicher
Darin hatte der EuGH die Hürden für Schadenersatz-Klagen von Diesel-Käufern bei unzulässiger Abgastechnik gesenkt. Darin hieß es, die Hersteller sicherten jedem Kunden beim Kauf zu, dass sein neues Auto allen EU-Vorgaben entspricht. Wenn ein Auto über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfüge, werde diese Zusage aber nicht eingelöst. Und wenn dem Käufer dadurch ein Schaden entstehe, habe er daher Anspruch auf "angemessenen Ersatz". Und zwar auch dann, wenn die Hersteller unzulässige Technik fahrlässig verbaut haben - nicht nur, wenn dies vorsätzlich geschah. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kläger gegen die Hersteller durchsetzen, ist mit dem EuGH-Urteil gestiegen.
Thermofenster abhängig vom Hersteller
Bei der Verhandlung am Montag ging es deshalb unter anderem um die Frage, zu welchem Zeitpunkt ein Schaden entstanden ist - etwa bereits beim Kauf oder aber erst bei einem möglichen Weiterverkauf? Oder ob bereits das Risiko einer nötigen Nachrüstung einen Schaden darstellt. Strittig ist zudem das Ausmaß des Schadenersatzanspruches. Auch des Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) war Thema. Das KBA hatte die Technik bei zwei der Autos aus den am Montag verhandelten Fällen genehmigt, ein Auto wurde hingegen zurückgerufen.
Die Entscheidung wird als wegweisend für mehr als 2.000 Verfahren am BGH und fast 100.000 Klagen an unteren Instanzen bewertet.