Nacktprotest und Tortenwurf: Störaktionen bei VW-Hauptversammlung
Proteste begleiteten die Hauptversammlung des VW-Konzerns in Berlin: Ein Tortenwurf in Richtung Wolfgang Porsche, Vertreter der Eigentümerfamilie, sowie ein Nacktprotest einer Aktivistin störten die Versammlung.
Der Unbekannte hatte die Torte während der Rede von Chef-Kontrolleur Hans Dieter Pötsch in Richtung des Podests geworfen, hinter dem weitere Mitglieder der VW-Spitze saßen. Getroffen wurde niemand. Weitere Aktivistinnen und Aktivisten hatten die strengen Eingangskontrollen von VW überwunden und störten die Veranstaltung mehrfach mit Rufen und Plakaten. Auch VW-Chef Oliver Blume musste seine Rede unterbrechen, als eine Aktivistin mit nacktem Oberkörper und Plakat lautstark seinen Vortrag störte und damit auf Menschenrechtsprobleme in China hinweisen wollte. Sicherheitspersonal warf die Störer aus dem Saal. Anleger befürchten nach NDR Informationen, dass Volkswagen die Hauptversammlung im kommenden Jahr nicht mehr in Präsenz, sondern - wie zu Corona-Zeiten - wieder virtuell abhalten könnte.
Menschenrechtler kritisieren Festhalten an Werk in China
Auch vor dem Gebäude hatten Vertreter der uigurischen Minderheit in China demonstriert. Unterstützt wurden sie vom Dachverband der kritischen Aktionäre. Sie werfen Volkswagen unter anderem vor, in den Lieferketten nicht ausreichend auf den Schutz von Menschenrechten zu achten. VW betreibt mit einem Gemeinschaftsunternehmen ein Werk in der chinesischen Provinz Xinjiang. Die in der Provinz lebende muslimische Minderheit der Uiguren wird laut Menschenrechtsorganisationen gezielt von der Regierung in Peking unterdrückt. Der VW-Konzern reagierte auf die Proteste mit einer Stellungnahme. "Ein konstruktiver Austausch ist wichtig. Und eine Hauptversammlung bietet dafür eine gute Möglichkeit", hieß es darin. "Bis auf Einzelne halten sich alle an die dafür vorgesehenen Regeln."
Aktionärsvereine und Fondsgesellschaften unzufrieden
Aktionärsvereine und Fondsgesellschaften zeigten sich bei der Versammlung unzufrieden mit der VW-Führung. Marc Liebscher von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (Sdk) monierte, dass Aktionärsvertreter seit Jahren Fragen zu guter Unternehmensführung und weiteren Problemen gestellt, aber kaum Antworten erhalten hätten. Janne Werning von der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, Union Investment, forderte eine unabhängige Untersuchung zur Situation in Xinjiang und bekam Applaus.
Kritik an Doppelfunktion: Blume als Chef von VW und Porsche
Für Aktionärsvertreter ist insbesondere die Doppelfunktion von Blume als VW-Konzern- und Porsche-Chef ein Grund zur Sorge. "Die Aktionäre wollen einen Vorstandsvorsitzenden, der sich voll und ganz auf eine Aufgabe konzentrieren kann", sagte Hendrik Schmidt von der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS. "Wir wünschen uns, dass bald Vernunft in Wolfsburg einkehren wird und Sie das Porsche-Mandat niederlegen", rief Ingo Speich von der Sparkassenfondstochter Deka Invest Blume zu. Vor den rund 700 anwesenden Aktionärinnen und Aktionären sagte Blume, VW und Porsche hätten weitgehend gleichlaufende Interessen, von daher seien Interessenkonflikte nicht zu erwarten - und diese seien auch bisher in seiner Amtszeit nicht aufgetreten. Für den Fall der Fälle seien Vorkehrungen getroffen, um Interessenkonflikte auszuschließen.
80-jähriger Aufsichtsrat Porsche will um fünf Jahre verlängern
VW-Aufsichtsrat Wolfgang Porsche hatte am Mittwoch zwei Anlässe zum Feiern: Der Lenker der Familiendynastie Porsche wurde 80 Jahre alt. Auf der VW-Hauptversammlung wollte er sich außerdem für weitere fünf Jahre in den Aufsichtsrat des Konzerns wählen lassen - obwohl er die Regelaltersgrenze von 75 Jahren bereits seit fünf Jahren überschritten hat. Porsche gilt als einer der mächtigsten Männer der deutschen Autoindustrie. Er ist unter anderem Chefkontrolleur beim Sportwagenbauer Porsche und bei der Holding Porsche SE, die die Mehrheit am VW-Konzern besitzt. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sieht die Besetzung wegen Porsches Alter kritisch und wollte dagegen stimmen. Traditionell haben die Kleinanleger bei Abstimmungen auf der VW-Hauptversammlung allerdings kaum eine Chance, mit ihren Positionen durchzudringen. Die Beteiligungsgesellschaft Porsche SE, das Land Niedersachsen und der Staatsfonds Katar halten zusammen mehr als 90 Prozent der Stimmrechte an Volkswagen.