Tönnies kündigt Schweinehaltern Tierwohl-Verträge
Preis statt Tierwohl: Weil die Nachfrage sinkt, kündigen Schlachtbetriebe schweinehaltenden Betrieben die Lieferverträge. Ganz vorne mit dabei: der Schlachtbetrieb Tönnies.
Auch der schwächelnde Verkauf von Schweinefleisch im Einzelhandel verstärke das Problem, heißt es in einer Stellungnahme der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN). Die Wirtschaft sei mit der Initiative Tierwohl vorangegangen. Nun müsse man nüchtern feststellen: mehr Tierwohl lässt sich nur finanzieren, wenn die gesamte Wirtschaft mitziehe. Das sei bei weitem nicht der Fall, so ISN-Vorsitzender Heinrich Dierks fest. Eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums kommentierte: "Es ist bedauerlich, dass die großen Bemühungen der Landwirte für bessere Haltungsbedingungen nicht honoriert werden."
Tönnies will am Tierwohl festhalten
Tönnies-Sprecher Fabian Reinkemeier versicherte gegenüber dem NDR Niedersachsen, man wolle weiterhin am Tierwohl festhalten. Weil aber die Nachfrage bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern gesunken sei, habe das Unternehmen nun reagiert und einige Verträge gekündigt. Eine konkrete Zahl wollte er aber nicht nennen.
Landwirtinnen und Landwirte bleiben auf Kosten sitzen
Die Schweinehalterinnen und Schweinehalter treffe das hart, sagt Bernd Terhalle von der Erzeugergemeinschaft Hümmling in Lorup dem NDR. Um an der Initiative Tierwohl teilnehmen zu können, hätten sie in den vergangenen Jahren Geld investiert. Doch der Markt verändere sich: Die Inflation mache sich bemerkbar, die Menschen sparten, griffen zu günstigeren Produkten. "Jetzt ist es nicht mehr wichtig, dass die Tiere aus der Haltungsstufe zwei kommen, jetzt ist es wichtig, dass die Tiere günstig sind", macht Terhalle deutlich.
Immer mehr Ställe stehen leer
Und das wirkt sich auf die Branche aus: Viele Ställe stünden inzwischen leer, berichtet Terhalle. Derzeit seien es gut 15 Prozent, in den kommenden Monaten könnten es möglicherweise sogar mehr als 25 Prozent werden. Auch Futtermittel-Hersteller, Viehhändler und Tierärzte könnten davon betroffen sein. "Wir werden hier in der Region merken, dass die Aufträge fehlen und dass hier tatsächlich Arbeitskräfte freigesetzt werden müssen", sagt Terhalle.
Initiative Tierwohl will Nachfrage stabilisieren
Das hat auch etwas mit dem generellen Konsumverhalten der Menschen zu tun. "Wir sehen, dass der Gesamtmarkt für Schweinefleisch schrumpft – und das geschieht viel zu schnell", sagt Robert Römer, Geschäftsführer der Initiative Tierwohl. Ob die aktuellen Kündigungen damit zusammenhängen, werde man prüfen. Plan der Initiative sei aber auch, die Situation für die Landwirtinnen und Landwirte zu verbessern. Römer zeigt sich vorsichtig zuversichtlich: "Wir arbeiten weiterhin mit unseren Partnern aus der Wirtschaft daran, für die vielen engagierten Landwirte die Nachfrage nach ITW-Ware zu stabilisieren – oder sogar zu steigern."