Streit über Bauernproteste: Wie einig sind sich die Landwirte?
Welches ist der richtige Protestweg? Darüber diskutieren aktuell die Landwirte. Einige Bauernverbände kritisieren radikalere Proteste der Initiative "Freie Bauern" und des Vereins "Land schafft Verbindung" (LSV).
In den vergangenen Tagen haben Landwirte mit ihren Protestformen neue Töne angeschlagen. In Lüchow kippten Protestierende Mist und Stroh vor mehreren Gebäuden ab. In Bremerhaven blockierten Landwirte bei einer Spontandemo die Hafeneinfahrt und auf der A2 bei Peine versperrten Traktoren mit Baumstämmen, Mist und Autoreifen die Fahrbahn. Im Zuge der Proteste werden nun auch Medienhäuser angesteuert. So waren das NDR Landesfunkhaus in Hannover, aber auch der Bayerische Rundfunk in Unterföhring und die "Allgäuer Zeitung" Ziel der Kritik. Der Vorwurf: mangelnde und falsche Berichterstattung.
Landvolk um Einheit bemüht
Der Deutsche Bauernverband übt Kritik an den Protesten. Schon im Januar distanzierte sich der Verband in Schleswig-Holstein von radikaleren Protestformen der Initiative "Freie Bauern". Von einer Spaltung der Initiativen möchte der Präsident des Niedersächsischen Landvolks, Holger Hennies, jedoch nichts wissen. "Die Ziele sind ähnlich. Es gibt nur eine inhaltlich etwas andere Ausrichtung."
Obstbauern: Straßenblockaden treffen falsche Menschen
Die Obstbauern im Alten Land dagegen halten auch die Straßenblockaden der Landwirte für die falsche Protestform. In Eilendorf im Landkreis Stade formten sie am Montagabend mit ihren Traktoren einen leuchtenden Apfel auf einem Feld. Straßenblockaden würden die falschen Menschen treffen, sagte Organisator und Landwirt Simon Ecks dem NDR Niedersachsen. "Deswegen distanzieren wir uns relativ klar von Straßenblockaden, Kreuzungen blockieren, Misthaufen abkippen, et cetera."
Sind die Forderungen zu hoch?
Auch am Landvolk gibt es Kritik. Dass sich die Proteste verschärfen, sei in den Maximalforderungen des Bauernverbands begründet, sagt Ottmar Ilchmann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Niedersachsen/Bremen mit Blick auf das Thema Agrardiesel. "Wenn man sagt, wir erwarten die völlige Rücknahme dieser Kürzungspläne, vorher lassen wir nicht nach, dann weckt man bei den Aktiven auf der Straße hohe Erwartungen, die sich nicht erfüllen lassen."
Landwirte fühlen sich nicht gehört
Der Verein "Land schafft Verbindung" kritisiert, dass der Bauernverband den Schulterschluss mit dem Lebensmitteleinzelhandel gesucht habe. "Wir haben als einen unserer Forderungspunkte die Entflechtung der Monopole, weil sie ihre Marktmacht missbrauchen, um sich die Taschen voll zu stecken und Preise zu diktieren, unter denen wir nicht arbeiten können." Hinzu komme, dass einige Landwirte das Gefühl hätten, nicht gehört zu werden. "Dann sind einige Kollegen dabei, die zu drastischeren Symbolen greifen und auch mal ein Fuder Mist abkippen," sagt Dirk Koslowski von LSV.
Droht der Akzeptanzverlust?
Bisher war die Mehrheit der Bevölkerung aufseiten der Landwirte. Wird das angesichts ständiger Proteste und Blockaden so bleiben? Dirk Koslowski bleibt entspannt. "Wenn wir fünf Prozent Rückhalt verlieren, haben wir immer noch mehr Zuspruch als die Ampel."