Landwirt bei Bauerndemo angefahren: Angeklagter entschuldigt sich
Anfang des Jahres haben bundesweit Bauern protestiert. Bei einer Blockade im Januar in Friesoythe soll ein 46-Jähriger einen Landwirt mit seinem Auto angefahren und schwer verletzt haben. Seit Dienstag steht er vor Gericht.
Beim Prozessauftakt am Landgericht Oldenburg hat der 46-jährige Angeklagte gestanden, eine Treckerblockade mit seinem Auto durchbrochen zu haben. "Ich kann nur betonen, dass ich nie das Ziel hatte, einen Menschen zu verletzen", so der Angeklagte. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm hingegen versuchten Totschlag vor.
Pflegebedürftige Frau zu Hause
Am Tattag, dem 8. Januar, sei der 46-Jährige nach einer Nachtschicht auf dem Weg nach Hause gewesen, wie sein Verteidiger vor Gericht schilderte. Er habe schlafen und sich um seine pflegebedürftige Frau kümmern wollen. Eine erste Blockade von Landwirten habe er passieren können, nachdem er seine Situation geschildert habe. Eine zweite aber nicht. "Die Stimmung war aufgeheizt", so der Verteidiger. Sein Mandant habe versucht, mit seinem Auto zwischen zwei Traktoren durchzufahren und dabei beide Fahrzeuge touchiert. Den Landwirt habe er erst bemerkt, als dieser auf der Windschutzscheibe gelegen habe. "Mir tut es aufrichtig leid", sagte der 46-Jährige. An mehr könne er sich nicht erinnern.
"Pass auf, der fährt uns um!"
Das Opfer, ein 36-jähriger Landwirt, nahm die Entschuldigung an. Er habe die Tat noch genau vor Augen, sagte er vor Gericht. Mit Kollegen habe er sich an einer Feuertonne gewärmt und Tee getrunken, als ein Auto hupend an anderen Fahrzeugen vorbeifuhr. Er wollte sich ein Bild von der Situation machen, so der 36-Jährige. Dabei habe er noch die Warnung eines anderen Bauern gehört: "Pass auf, der fährt uns um!" Danach sei alles ganz schnell gegangen. Er sei mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe geschlagen und habe sich an der Motorhaube festgeklammert. Anschließend sei er auf den Boden gefallen, das Auto habe ihn mehrere Meter mitgeschleift und sei über sein linkes Bein gerollt.
Landwirt war einen Monat arbeitsunfähig
Der Landwirt stieß sich eigenen Angaben zufolge das Steißbein, erlitt offene Verletzungen an beiden Händen und am linken Unterschenkel. Er sei einen Monat arbeitsunfähig gewesen. Er habe immer noch Beschwerden, sagte der 36-Jährige.
Staatsanwaltschaft spricht von versuchtem Totschlag
Laut Staatsanwaltschaft hat der Angeklagte den demonstrierenden Landwirt mit seinem Auto nicht nur angefahren. Er soll anschließend noch einmal beschleunigt und den Bauern erneut angefahren haben, sodass dieser noch mindestens sechs Meter über den Asphalt geschleift wurde. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, spätestens zu diesem Zeitpunkt den Tod des Opfers bewusst in Kauf genommen zu haben. Es grenze an ein Wunder, dass der Mann nicht weiter verletzt wurde.
Urteil im Dezember
Der Angeklagte war nach nach der Tat geflohen, konnte aber kurz darauf festgenommen werden. Im Prozess werden weitere Zeugen und Gutachter gehört. Ein Urteil wird Mitte Dezember erwartet. Anfang des Jahres hatten Landwirte gegen geplante Subventionskürzungen der Bundesregierung protestiert und dabei bundesweit Straßen blockiert.