SPD Niedersachsen: Pistorius der bessere Kanzlerkandidat?
SPD und CDU in Berlin haben sich auf einen Termin für Neuwahlen geeinigt. Eigentlich will die SPD mit Kanzler Olaf Scholz ins Rennen gehen. Doch seit dem Ampel-Aus werden die Rufe nach dem Niedersachsen Boris Pistorius als Kanzlerkandidat lauter.
Die anfängliche Erleichterung über das Ende der Ampel-Regierung in Berlin schwindet in der SPD Niedersachsen allmählich. Denn eine Frage rückt immer weiter in den Fokus: Ist Olaf Scholz der Richtige, um die Bundestagswahl zu gewinnen? Während die Beliebtheitswerte des Kanzlers in den Keller purzeln, rückt einer immer weiter ins Rampenlicht: der Verteidigungsminister. Offen will sich niemand aus der Niedersachsen-SPD äußern, hinter vorgehaltener Hand sprechen dagegen viele.
"Scholz ist einfach furchtbar stur"
"Boris Pistorius ist sympathisch, klar, verlässlich. Er kann locker und ernsthaft sein, er wäre ein guter Kanzlerkandidat", sagt ein Sozialdemokrat aus Niedersachsen über den ehemaligen niedersächsischen Innenminister. Für Olaf Scholz sieht das SPD-Mitglied keine Chance mehr. "Wenn er wieder ins Rennen geht, wird das nicht gut gehen", lautet die Einschätzung, die man dieser Tage in einem der wichtigsten sozialdemokratischen Landesverbände häufig hört. Scholz müsse allerdings selbst zu der Erkenntnis kommen, dass seine Zeit vorbei sei, heißt es. Ob das geschehen wird - unklar: "Scholz ist einfach furchtbar stur", meint das Parteimitglied.
Interne statt öffentliche Diskussion?
Doch nicht alle sind in ihrer Haltung so klar. Es gibt auch Stimmen, die in sozialdemokratischer Manier treu der Parteilinie folgen. Sich also nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, ehe nicht gemeinschaftlich eine Entscheidung getroffen wurde. Und dennoch wird auch in diesen Kreisen laut: "Viele Menschen sind unzufrieden mit Scholz. Und das trifft auch auf die Partei zu." Darüber müsse allerdings in der Partei diskutiert werden, wird geraunt.
"Vertrauensfrage wird das Ende der Scholz-Ära einleiten"
Ein anderes SPD-Mitglied gibt sich wesentlich offener: "Die Vertrauensfrage wird das Ende der Scholz-Ära einleiten." Die Prognose: Sobald der Kanzler im Dezember mit dieser Frage vor den Bundestag trete, werde der Druck immer größer. Dem könne der Sozialdemokrat dann nicht mehr standhalten. Und das könnte den Weg ebnen für Boris Pistorius. "Den wichtigen Mann aus Niedersachsen." Dabei geht es kaum um seine inhaltlichen Positionen, sondern vielmehr darum, dass man ihn als bessere Führungsperson wahrnimmt. Die Jusos in Niedersachsen haben dagegen Schwierigkeiten mit Pistorius' verteidigungspolitischer Agenda, sind aber auch überzeugt: "Scholz ist für uns nicht gesetzter Kanzlerkandidat."
Pistorius: "Ich leide nicht unter Ausschließeritis"
Als der Verteidigungsminister Anfang der Woche zum Bundeswehr-Gelöbnis nach Hannover reist, ist das ein Heimspiel. Zehn Jahre hat er von hier als Innenminister gearbeitet. Die Landeshauptstadt ist inzwischen sein Bundestagswahlkreis. Bei Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Hannover ist er beliebt. Am Rande des Gelöbnisses äußert er sich auch zu einer möglichen Kanzlerkandidatur. "Wer mich kennt, weiß: Ich leide nicht unter Ausschließeritis. Aber das sind hypothetische Fragen." Eine klare Absage klingt anders. Für ein Mitglied aus dem Landesvorstand steht fest: "Pistorius ist der Richtige. Er kann Orientierung bieten." Scholz erkenne das hoffentlich bald, so das Parteimitglied. Spätestens mit der Vertrauensfrage, so die Hoffnung vieler in Niedersachsen.