Kommentar zu Wahlergebnissen: Ampel hat Desaster verursacht
Bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen hat die AfD jeweils mehr als 30 Prozent der Stimmen geholt. Ludger Vielemeier macht die Ampel für das aus seiner Sicht schlimme Ergebnis verantwortlich.
Ein Kommentar von Ludger Vielemeier, Chefredakteur Audio und News
Es ist der Tag danach. Der Tag, nachdem eine rechtsextreme Partei stärkste Kraft in einem Bundesland geworden ist und selbstverständlich beansprucht, zu regieren. Der Tag an dem deutlich wird, dass es wieder, wenn überhaupt, Thüringer Verhältnisse geben wird: eine Minderheitsregierung, wechselnde Mehrheiten und ab und an Chaos. Denkbar auch: ein politisches Patt in Erfurt, weil das, was nicht zusammengehört, auch nicht zusammenkommt. Es ist auch der Tag, an dem es die klare Sicht gibt: Die Ampel hat dieses Desaster verursacht. Kürzer noch: Sie ist für dieses schlimme Ergebnis in erster Linie verantwortlich.
Klares Zeichen für die Bundesregierung
Möglich, dass die Ampel nun zerbricht. Die FDP spricht vom Scheitern. Wirklich wichtig ist das nicht mehr. Die Regierung ist am Ende. Auch am Tag nach dem rechtsextremen Fanal heißt es, man müsse sich weniger streiten, besser präsentieren und die Politik nur besser erklären. Das geht an dem, was am Sonntag geschehen ist, weit vorbei. Am Sonntag ist eine Partei von Hunderttausenden gewählt worden, obwohl jeder und jede weiß, dass die AfD in Thüringen und Sachsen als gesichert rechtsextrem eingestuft ist. Es hat die Wählerinnen und Wähler nicht abgeschreckt. So groß ist der Frust, die Abneigung, oft auch Hass gegen die Regierung in Berlin. Gegen ihre Politik. Gegen den Verlust der Kontrolle über die Migration. Gegen das Gefühl, die Sicherheit jedes und jeder Einzelnen spiele für die Regierenden nur eine kleine Rolle. Gegen eine als einseitig wahrgenommene Ukraine-Politik. Gegen die Klimawende, die auch einzelne Heizungskeller in ihren Fokus nimmt. Und natürlich gegen die Corona-Politik, deren Fehler noch immer nicht aufgearbeitet werden.
Ausblick auf die Bundestagswahl?
Die Union mag frohlocken; sie ist auf dem Weg, die Bundestagswahl 2025 zu gewinnen. Freuen kann sie sich aber kaum. Denn ohne Partner kann sie nicht regieren. Und ihre künftigen Partner werden aus den Ampelreihen kommen, kommen müssen. Schon Thüringen und Sachsen zeigen, dass Siege auch ins politische Abseits führen können. Kann sein, dass es die Union in Sachsen schafft, mit der Partei von Sahra Wagenknecht und der SPD eine stabile Mehrheit hinzubekommen. In Thüringen reicht selbst das nicht. Wenn die Union regieren will, kommt sie kaum daran vorbei, ein Versprechen zur Unvereinbarkeit aufzugeben. Eine Ouvertüre für das, was nach der nächsten Bundestagswahl auf unser Land zukommt.
Um die kümmern, die sich abgehängt fühlen
AfD und BSW haben die Wahlen am Sonntag gewonnen. Am Tag danach fällt am meisten auf, dass das die Parteien sind, deren Sicht auf Deutschland und nur auf Deutschland gerichtet ist. Die nichts sehen können und/oder wollen, von der großen weiten globalen Welt, die so sehr unser alltägliches Leben bestimmt. Und dass diese Parteien ihre größten Erfolge auf dem Land und in kleinen Städten erzielt haben. Dort, wo das Gefühl, vernachlässigt und übersehen zu werden, am stärksten ist. Alle demokratischen Parteien sind aufgerufen, sich um die Belange derer zu kümmern, die sich abgehängt fühlen. So sehr, dass sie populistische und eine als rechtsextrem eingestufte Partei wählen.
Wahlergebnisse als Hilferuf
Positiv gewendet: Diese Wahlergebnisse sind auch Hilferufe, sich endlich um die Verlierer der Globalisierung zu kümmern. Und das sind Menschen bis weit in die gesellschaftliche Mitte hinein. Wenn diese Botschaft an den Tagen nach dem Fanal ankommt, wäre schon viel gewonnen.