Gehaltsstreit: Weil verteidigt sich, CDU spricht von Märchen
Seit Monaten steht Stephan Weil (SPD) in der Kritik. Es geht um das Gehaltsplus für eine enge Mitarbeiterin. Wurde die Büroleiterin zu schnell befördert? Heute hat der Ministerpräsident im Untersuchungsausschuss ausgesagt.
Stephan Weil ist schon zehn Minuten früher da. Die Kameras sind auf ihn gerichtet, als er alle Ausschussmitglieder per Handschlag begrüßt - auch die Abgeordneten der CDU, die ihn später stundenlang löchern werden. Weil lächelt und hält Smalltalk mit seinen Mitarbeitenden. Es ist offensichtlich: Der Ministerpräsident hat diese Szenen eingeplant. Die Botschaft: Hier kommt einer, der nichts zu verbergen hat. Weil gibt sich alle Mühe, seine Aussage wie einen Routinetermin wirken zu lassen. Der SPD-Politiker versucht, den Gehaltsstreit wegzulächeln.
Büroleiterin erhält Gehaltsplus von knapp 1.900 Euro
Der Untersuchungsausschuss soll klären, ob das dicke Gehaltsplus für Stephan Weils Büroleiterin rechtmäßig war. Die CDU bezweifelt das. Sie ist sicher, dass die Hochstufung der engen Mitarbeiterin nicht sauber war und Weil dafür die Verantwortung trägt. Die Büroleiterin - eine SPD-Parteigenossin - bekommt 8.200 Euro brutto im Monat. Das Gehaltsplus von knapp 1.900 Euro war möglich geworden, weil die Landesregierung kurzfristig die eigenen Beförderungs-Regeln änderte. Pikant: Tatsächlich gab es in Weils Staatskanzlei und im Finanzministerium Bedenken. Die Landesregierung hatte im Vorfeld mehrfach betont: Die Änderung der Beförderungspraxis solle den öffentlichen Dienst insgesamt attraktiver machen und war nicht nur für den Einzelfall gedacht. Die CDU glaubt das nicht.
Weil: Neue Regeln auch für andere Beschäftigte
Bei seinem Auftritt im Untersuchungsausschuss hört Stephan Weil über Stunden Dutzende Fragen. Es geht um die Mitarbeiterin, um die Beförderung an sich, um andere Beteiligte. Der Ministerpräsident wirkt gut sortiert und sicher. Weil bleibt während seiner Aussage bei der Version, die die Landesregierung seit Monaten verbreitet: Die neuen Beförderungsregeln seien nicht extra für enge Vertraute geändert worden, vielmehr sollen auch andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst profitieren. Ist das glaubwürdig? "Mir ging es um die allgemeine Praxis, nicht um die konkrete Personalie", sagt Stephan Weil im Ausschuss. Um künftig gute Bewerberinnen und Bewerber für Top-Positionen zu bekommen, werde der öffentliche Dienst "flexibler und durchgängiger" sein müssen.
Weil bliebt trotz Kritik bei seinem Standpunkt
Weil erläutert, dass die Hochstufung nach den alten Regeln nicht möglich gewesen wäre, weil der entsprechende Lebenslauf der jungen Frau nicht den formalen Anforderungen entsprochen habe. Die Büroleiterin hätte acht bis zehn Jahre warten müssen, um auf eine so hoch dotierte Stelle zu gelangen. Ohne die Änderung der Regeln, so Weil, wäre eine "leistungsgerechte Bezahlung" nicht möglich gewesen. Die langen Wartezeiten hätten ihn "überrascht", Niedersachsen sei strenger als andere Länder - deswegen habe er die schnellere Beförderung angeschoben. Weil betont, er habe sich auch mit der Kritik aus den eigenen Reihen befasst. Er sei aber bei seinem Standpunkt geblieben. Dass die Büroleiterin das Plus von 1.900 Euro auch noch rückwirkend bekam - auch das Weil macht bei seiner Aussage klar - hält er für richtig.
Büroleiterin "muss sich in den Kopf des Chefs hineindenken"
Der Ministerpräsident schildert im Ausschuss die besondere Rolle der Mitarbeiterin - um zu untermauern, dass er hinter der hohen Bezahlung der Büroleiterin steht. "Das klingt nach Vorzimmer, ist es aber nicht", sagt Weil. Es handele sich um eine besondere Vertrauensposition. Die Büroleiterin müsse "sich in den Kopf des Chefs hineindenken", politisches Gespür haben, belastbar sein und immer den richtigen Ton treffen. Weil schildert, dass es normal sei, die Büroleiterin am späten Abend mit Aufgaben zu betreuen, die am nächsten Morgen erledigt sein müssen. Auf die aktuelle Mitarbeiterin sei er vor "drei, vier Jahren" bei mehreren politischen Terminen im Heidekreis aufmerksam geworden, so Weil. Die Mitarbeiterin sei ihm nicht von anderen empfohlen worden.
CDU: "Warum müssen es 8.200 Euro sein?"
Die CDU fragt sich seit langem, warum die Hochstufung der Büroleiterin so schnell gehen musste. Die parlamentarische Geschäftsführerin, Carina Hermann, glaubt die Version des Attraktivitätsprogramms für den Landesdienst nicht. In der Mittagspause des Ausschusses spricht sie von einem "absoluten Märchen." Für Hermann und ihre CDU-Kollegen ist klar: es ging sehr wohl um den Einzelfall. "Warum müssen es 8.200 Euro sein für jemanden, der gerade erst seinen Abschluss gemacht hat?" Weil selbst sieht höchstens Fehler im Ablauf: es wäre klüger gewesen, so der Ministerpräsident, wenn erst andere Landesbedienstete von der neuen Regel profitiert hätten - und nicht als erste die eigene Mitarbeiterin.
CDU gibt sich nicht zufrieden
Weil beantwortet jede Frage - zufrieden ist die CDU damit nicht. Wirklich Neues befördert die Befragung des Ministerpräsidenten nicht zu Tage. Es ist das bekannte Bild: Weil lässt die Vorwürfe an sich abperlen. Unterstützendes Nicken bei SPD und Grünen, Kopfschütteln bei der CDU. Die Christdemokraten um Carina Hermann bleiben bei ihrer Linie. Weil habe eine neue Regel für sein enges Umfeld geschaffen - "und eben nicht für den Straßenbau, für die Lehrer, für Polizisten in unserem Land." War die Beförderung rechtens oder nicht? Diese Frage ist weiter offen. Und sie beschäftigt nicht nur den Untersuchungsausschuss. Auch die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt wegen des Verdachts der Untreue.