Der Vorwurf der CDU: Die kurzfristige Beförderung der Büroleiterin von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im vergangenen Jahr sei rechtswidrig. Weil hatte für seine 33-jährige Mitarbeiterin eine rückwirkende Gehaltserhöhung durchgesetzt - knapp 1.900 Euro brutto mehr pro Monat. Dafür hat die Landesregierung kurzfristig die Regeln geändert. Bisher war es nämlich in der Verwaltungspraxis üblich, dass Mitarbeitende mehrere Jahre auf eine höhere Vergütung hätten warten müssen. Eine "Beförderung mit der Brechstange" nennt es der CDU-Fraktionsvorsitzende Sebastian Lechner. Die Staatskanzlei wies bisher alle Vorwürfe zurück, sprach von Einigkeit mit dem Finanzministerium, das für Besoldungsfragen zuständig ist. Allerdings liegen inzwischen auszugsweise Abschriften aus bislang streng vertraulichen E-Mails vor, die Zweifel an dieser Darstellung wecken.
Für die CDU wirft die Beförderung von Weils Büroleiterin viele Fragen auf - Fragen, die aus ihrer Sicht auch nach Akteneinsicht und öffentlicher Befragung des Ministerpräsidenten im vergangenen Landtagsplenum nicht ausreichend beantwortet wurden. Sie sieht ihre Aufgabe als Opposition darin, die Regierung zu kontrollieren. Und so nutzt sie nun den PUA, um "die Sachverhalte umfassend und transparent aufzuarbeiten". Die Union will vor allem wissen, welche Rolle der Ministerpräsident selbst bei der Affäre gespielt hat - und was sein persönliches Motiv dabei war, diese Beförderung durchzusetzen. Die Hauptkritik der Oppositionsfraktion: das Timing der Beförderung. Die Staatskanzlei habe diese bereits auf die Tagesordnung des Kabinetts gesetzt, bevor der zuständige Finanzminister der Neuregelung überhaupt zugestimmt habe - und auch, bevor der entsprechende Erlass an die anderen Ministerien verschickt worden sei, so der Vorwurf. Auch sei die Frage der rückwirkenden Bezahlung von vier Monatsgehältern nicht geklärt, obwohl die Neuregelung des Finanzministers nur für künftige Fälle gelte.
Die SPD bleibt dabei: Für sie gebe es nichts aufzuklären, der gesamte Sachverhalt liege längst offen vor, man habe nichts zu verbergen. Stattdessen beschuldigt die SPD die CDU, die Regierungspolitik bewusst zu skandalisieren. Die Sozialdemokraten erklären die schnelle Gehaltserhöhung der Büroleiterin nach Ablauf ihrer Probezeit mit der vorgesehenen Besoldungsgruppe für diesen speziellen Arbeitsplatz - ein Gehalt, das auch die Vorgängerinnen und Vorgänger auf demselben Posten bezogen hätten. Allerdings hat der Ministerpräsident inzwischen auch Fehler eingeräumt: "Wir haben die Diskussion unterschätzt", sagte er jüngst in einem Zeitungsinterview. "Wir hätten zunächst die Änderung der früheren Verwaltungspraxis in aller Ruhe vornehmen sollen."
Ein Untersuchungsausschuss soll Licht in Vorgänge bringen, deren Aufklärung im öffentlichen Interesse liegen. Das können zum Beispiel Missstände in Regierung und Verwaltung sein oder mögliches Fehlverhalten von Politikerinnen und Politikern. Das Verfahren im PUA ist an den Ablauf eines Strafprozesses angelehnt. Auf Bundes- wie auf Länderebene gilt: Im Untersuchungsausschuss sitzen Mitglieder aller im Parlament vertretenen Parteien entsprechend ihrer Fraktionsgröße. Sie können von der Regierung alle Akten anfordern, die es im Zusammenhang mit der fraglichen Angelegenheit gibt, und sie können Zeugen und Sachverständige vernehmen. Gerichte und Verwaltungsbehörden haben Rechts- und Amtshilfe zu leisten. Das Ergebnis fasst der Untersuchungsausschuss in einem Bericht an das Plenum zusammen. Einer der spektakulärsten Untersuchungsausschüsse der Vergangenheit drehte sich um den CDU-Parteispendenskandal, zu dem 1985 auch der damalige Kanzler Helmut Kohl befragt wurde. Dessen Nachfolger Gerhard Schröder musste sich ebenfalls vor einem PUA verantworten: Bei ihm ging es um den Vorwurf des Wahlbetrugs im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2002.
Nach Artikel 27 der Niedersächsischen Verfassung hat der Landtag das Recht, einen PUA einzurichten. Ein Fünftel der Abgeordneten muss dem hier zustimmen - diese Zahl erreicht die CDU-Landtagsfraktion mit ihren eigenen Abgeordneten. Allerdings wäre der endgültige Beschluss dafür erst frühestens Mitte April möglich, denn eine zweimalige Befassung im Landtagsplenum ist Voraussetzung. Wenn es nach dem Antrag der CDU geht, soll der PUA aus 14 Abgeordneten bestehen - fünf der CDU, insgesamt acht Mitglieder der beiden Regierungsfraktionen SPD und Grüne sowie ein AfD-Abgeordneter.
In der bisherigen Geschichte des Niedersächsischen Landtags wurden 24 solcher Ausschüsse abgeschlossen. Darunter zum Beispiel die Vorgänge rund um das sogenannte "Celler Loch", als 1991 das Sicherheitskonzept der Justizvollzugsanstalt Celle durchleuchtet wurde, oder der PUA rund um die Atommüllentsorgung im "Versuchsendlager" Asse II im Jahr 2009. Der letzte wurde 2017 eingesetzt - die sogenannte Vergabe-Affäre. Dabei ging es um angeblich schlampig oder freihändig vergebene öffentliche Aufträge durch die Landesregierung. Damals konnte man den Betroffenen zwar strafrechtlich nichts nachweisen, doch zwei Staatssekretäre mussten ihren Hut nehmen - unter anderem die damalige Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium und heutige Innenministerin Daniela Behrens (SPD).
Das Ziel eines PUA ist die komplette Aufklärung. Möglicherweise stellt sich also heraus, dass der Ministerpräsident tatsächlich einen Fehler gemacht hat. Es kann aber genauso gut darauf hinauslaufen, dass die Untersuchungen keine weiteren Ergebnisse ans Licht bringen.