Die Analyse: Was bedeuten die Ergebnisse der Landtagswahl?
Die SPD hat die Menschen in Niedersachsen überzeugt: Die niedersächsischen Sozialdemokraten sind klarer Wahlsieger. Die CDU fährt das schlechteste Ergebnis seit mehr als 60 Jahren ein.
Das ist vor allem auch ein persönlicher Erfolg von Stephan Weil. Während die SPD auf Bundesebene an Zuspruch verliert, schafft es der Jurist offenbar, den Menschen ein Gefühl von Beständigkeit zu vermitteln.
CDU fährt schlechtestes Ergebnis seit mehr als 60 Jahren ein
Das weiß auch die CDU, die anerkennt, dass Weil derjenige ist, der das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler gewinnen konnte. Den Christdemokraten ist es dagegen nicht gelungen, mit ihren Inhalten zu punkten: Die Partei ist klarer Verlierer der Wahl – sie hat das schlechteste Ergebnis seit 1955 eingefahren. Das liegt offenbar auch am Kurs von Spitzenkandidat Bernd Althusmann – die Kritik an der Ampel-Regierung als alleinige Strategie hat nicht geholfen. Noch am Abend ziehen die Christdemokraten in Niedersachsen deshalb Konsequenzen: Althusmann tritt als Landesvorsitzender zurück. Und auch der bisherige Fraktionsvorsitzende Dirk Toepffer stellt seinen Posten zur Verfügung. Fraglich ist, ob auch Generalsekretär Sebastian Lechner persönlich Konsequenzen zieht. Zwar ist er eines der jungen Gesichter der Partei, gleichzeitig hat er den Wahlkampf mitzuverantworten - und damit auch die Wahlniederlage.
CDU will klare Abgrenzung von der AfD in der Opposition
So oder so muss die Partei einen Neuanfang wagen. Dabei wird es auch um die Verjüngung der Partei gehen müssen. Daneben spielt aber auch die künftige Rolle der CDU in der Opposition eine Rolle. Immerhin wird sie dort gemeinsam mit der AfD sitzen. Uwe Schünemann, von 2003 bis 2013 Innenminister von Niedersachsen, schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD klar aus. „Die Abgrenzung wird knallhart sein. Wir werden unsere eigenen Themen setzen“, sagt er am Wahlabend. Sein Ziel: Die rot-grüne Regierung stellen.
Wiederauflage von Rot-Grün
Denn in Niedersachsen zeichnet sich die Wiederauflage der rot-grünen Koalition ab. Bereits von 2013 bis 2017 haben SPD und Grüne zusammen regiert. Nach Vorstellung beider Parteien soll es damit nun weitergehen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ist überzeugt: „Das ist auch ein gutes Signal in Richtung Berlin, weil es im Bundesrat dann ein bisschen progressiver zugeht.“ SPD und Grüne wollen die Energiewende vorantreiben, den Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen. Aber auch der Industriestandort Niedersachsen steht im Vordergrund. Daneben wollen sie mehr sozialen Wohnraum schaffen und den Fokus auf die soziale Gerechtigkeit legen. Die Grünen könnten dabei durchaus eine treibende Rolle in einer Koalition einnehmen. Immerhin haben sie ihr historisch bestes Ergebnis eingefahren – sie sind so stark wie nie zuvor. Damit könnten sie mit starken Forderungen in die Koalitionsverhandlungen gehen. Christian Meyer (Grüne) ist zumindest überzeugt, dass man der handelnde Part in einer Koalition sein wolle.
Grüne kündigen Rettungsschirm an
Meyer kündigt zudem an, noch während der Koalitionsverhandlungen einen Rettungsschirm für Niedersachsen spannen zu wollen. Sowohl die Grünen als auch die SPD hatten sich für ein solches Landeshilfspaket ausgesprochen, um die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine abzumildern. Doch auch wenn die Freude bei den Grünen an diesem Abend groß ist, erneut ein rot-grünes Bündnis schließen zu können, ist auch ein wenig Enttäuschung in den Gesichtern der Kandidierenden zu erkennen – immerhin lagen die Grünen im Sommer in Umfragen schon mal deutlich über 20 Prozent.
AfD fährt Wahlerfolg ein
Für die AfD ist das Wahlergebnis ein Erfolg. Sie hat es geschafft, ihr Ergebnis von 2017 fast zu verdoppeln. Obwohl sich im vergangenen Jahr sowohl die Fraktions- als auch die Parteispitze zerschlagen haben, hat es die Partei geschafft, bei den Wählerinnen und Wählern zu punkten. Es ist davon auszugehen, dass sie sich diesmal versucht geschlossener zu geben. Immerhin weiß sie, was mit dem Verlust des Fraktionsstatus verbunden ist: Weniger Personal, weniger Geld, weniger Ressourcen.
FDP hat den Einzug verpasst
Ein noch härteres Schicksal als den Verlust des Fraktionsstatus trifft die FDP. Für die Liberalen ist der Abend eine herbe Enttäuschung: Zum ersten Mal seit 1998 schaffen sie es nicht in den Landtag. Das hat Folgen: Die FDP in Niedersachsen spielt damit politisch keine Rolle mehr. In den nächsten fünf Jahren wird es für die Liberalen darum gehen, neue Weichen zu stellen. Doch während sich fünf Jahre als Fraktion kurzweilig anfühlen können, können sie ohne Sitz im Landtag vor allem eines werden: Nervenzehrend.