Daniela Klette: So ging das LKA Niedersachsen bei der Festnahme vor
Für das LKA Niedersachsen war es ein großer Erfolg: Vor einem Jahr wurde die mutmaßliche Ex-RAF-Terroristin Klette in Berlin festgenommen - konnte ihren Komplizen Garweg aber wohl warnen. Eine Rekonstruktion.
Es klingt alles nach einem Routine-Einsatz: Wieder einmal sind die Zielfahnder des Landeskriminalamtes (LKA) am 26. Februar 2024 unterwegs, um einen Hinweis abzuklären. Es ist der letzte Termin am Abend um 18 Uhr. Diesmal sind sie in Berlin-Kreuzberg. Ein Hinweisgeber meint, hier könnte die gesuchte Daniela Klette unter falschem Namen wohnen. Was die Fahnder da noch nicht wissen: Am Ende dieses Einsatzes werden sie viel Applaus bekommen. Sogar von der Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD): "Ich kann vor allem dem LKA Niedersachsen nur gratulieren zu dem Erfolg. Das zeigt eine sehr beharrliche, konsequente Ermittlungstätigkeit, Zielfahndung und damit hat man gesehen, dass der Rechtsstaat sehr funktionsfähig ist und Leute im Untergrund nach vielen Jahren aufgreifen kann."
Daniela Klette: Auch wegen versuchten Mordes angeklagt
Die Festnahme Daniela Klettes, der unter anderem bewaffnete Raubüberfälle und versuchter Mord vorgeworfen werden, ist damals in aller Munde. Auch deshalb, weil die Beschuldigte in jüngeren Jahren zur RAF gehört haben soll, zur dritten, der letzten Generation, und weil sie seit Jahrzehnten abgetaucht war.
Als die Beamten klingeln, öffnet Klette nur einen Spalt
Wie die Festnahme aus polizeilicher Sicht ablief, hat das Innenministerium im Fachausschuss des niedersächsischen Landtags detailliert geschildert. Die Rede ist von routinierten Zielfahndern des LKA, deren Überprüfungen aber jahrelang ins Leere gelaufen waren. Mehr als 3.000 solcher Tipps sollen sie nachgegangen sein. Vor dem Einsatz in Berlin hatte bereits ein Fotoabgleich bei der Hausverwaltung stattgefunden - doch er ist negativ. Nachbarn werden befragt, sie erkennen die Mieterin aus dem fünften Stock wieder. Die Ermittler rufen eine Berliner Polizeistreife. Zu viert klingeln sie. Ein Hund bellt laut und aggressiv. Eine Frau öffnet die Tür einen kleinen Spalt, will aber den Hund wegsperren, sei gleich wieder da - und da muss es passiert sein.
Chef des Landeskriminalamtes verteidigt Vorgehen
Daniela Klette soll Burkhard Garweg gewarnt haben. Auch er ein mutmaßlicher Ex-RAF-Mann. Zu dritt sollen sie die Raubüberfälle in Niedersachsen und anderswo begangen haben. Eine Panne? Der Chef des Landeskriminalamtes in Hannover, Friedo de Vries, bewertet das in der Rückschau anders: "Natürlich kann man da unterschiedlicher Meinung sein. Aber mir ist in der Rückschau auch deutlich, dass wenn Frau Klette sich nicht innerhalb der nächsten 20, 30 Minuten bei Herrn Garweg gemeldet hätte, hätte er ohnehin angenommen, dass es zu einer Festnahme gekommen wäre." Warum sich de Vries in dieser Frage so sicher ist, sagt er nicht. Aber offenkundig gehen die Ermittler davon aus, dass Klette und Garweg einen sehr engen Kontakt gehalten haben müssen.
Festnahme von Klette: Das wird alles gefunden
Klette kommt damals freiwillig mit zur Polizei. Dort findet der Abgleich der Fingerabdrücke statt. Das Ergebnis: Positiv - sie ist es. Jetzt wird die Wohnung in der Sebastianstraße 73 von den Ermittlern "auseinandergenommen". Die Polizei findet nach eigenen Angaben:
- eine Panzerfaustgranate
- Spreng- und Brandvorrichtungen
- eine Kalaschnikow
- eine Maschinenpistole
- 450 Schuss Munition
- 240.000 Euro Bargeld
- mehr als ein Kilo Gold
Wie gefährlich war der Einsatz?
All das sind Fundstücke aus der kleinen Wohnung in Berlin. Nun stellt sich die Frage, welcher Gefahr die Beamten vor der Wohnungstür ausgesetzt waren. LKA-Chef Friedo de Vries sagt dazu in einem Interview mit dem NDR einige Monate nach der Festnahme: "Polizeieinsätze haben in der Regel ein gewisses Gefahrenpotential. Hier in Berlin war das sicher eine ganz besondere Situation. Die Kollegen haben das sehr professionell gelöst und auch am Ende gut und richtig agiert. Natürlich gibt es immer verschiedene Möglichkeiten, wie man einer solchen Festnahmesituation begegnet." Aber es sei immer schwierig, eine Situation aus der Rückschau mit Wissen zu beurteilen, das man erst im Nachhinein erlangt habe.
Prozess gegen Daniela Klette beginnt im März 2025
Es folgen zahlreiche Durchsuchungen - doch Burkhard Garweg und Ernst Volker Staub, die mutmaßlichen Komplizen, werden nicht gefasst. Am 25. März soll das Gerichtsverfahren gegen Daniela Klettevor dem Landgericht Verden beginnen.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Textes ist uns ein Tippfehler bei der Schreibweise des LKA-Präsidenten unterlaufen. Er heißt Friedo de Vries. Wir haben die entsprechende Stelle korrigiert.
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