Atommüll-Endlagersuche: Weitere Verzögerungen um Jahrzehnte?
Wohin mit dem Atommüll? Auch in Niedersachsen gibt es viele Zwischenlager - ein Endlager fehlt weiterhin. Die Suche wird offenbar Jahrzehnte länger dauern als erhofft.
Das zeigt ein neues Gutachten, das vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) beauftragt wurde. Die mehr als 300 Seiten lange Expertise des Freiburger Öko-Instituts kommt zu dem Schluss, dass ein Standort für das Endlager im besten Fall erst im Jahr 2074 - also in 50 Jahren - genannt werden kann.
Bürgerinitiative im Wendland sieht sich bestätigt
Das Gutachten, über das zunächst der Deutschlandfunk berichtet hatte, schlägt auch in Niedersachsen Wellen. So etwa im Wendland: Wolfgang Ehmke, Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, sagte dem NDR, man sehe sich bestätigt. Was man schon lange vermutet habe, nämlich dass die Endlagersuche noch mindestens ein halbes Jahrhundert dauern werde, habe man nun schwarz auf weiß, so Ehmke.
Standort sollte ursprünglich bis 2031 feststehen
Ursprünglich war geplant, dass der Bundestag bis 2031 über den Standort des Endlagers entscheidet. Seit längerem ist jedoch klar, dass dieser Zeitplan nicht zu halten ist. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hatte bereits vor zwei Jahren eingeräumt, dass das Verfahren deutlich länger dauern wird. Im günstigsten Fall geht die BGE davon aus, bis 2046 einen Standort benennen zu können, im ungünstigsten Fall erst 2068. Das neue Gutachten des Öko-Instituts geht davon aus, dass die Endlager-Suche noch länger dauern wird. Die Experten begründen dies damit, dass die BGE im bisherigen Zeitplan einige Verfahrensschritte ausgeklammert habe, die nicht in ihren Aufgabenbereich fallen.
Umweltministerium: Suche könnte schneller gehen
Das Bundesumweltministerium hingegen bezweifelt diese Prognose. Ein Sprecher verwies am Mittwoch auf Fortschritte im laufenden Verfahren, die in der Studie des Öko-Instituts noch nicht berücksichtigt werden konnten. So werde man etwa die in der Studie angenommenen langen Prüfzeiten "stark verkürzen können", erklärte der Sprecher. Nach seinen Angaben soll die BGE bis Ende 2027 mehrere Standortregionen vorschlagen, die in die engere Auswahl kommen. Bei dann folgenden "ober- und untertägigen Erkundungen können große Zeiten eingespart werden", betonte der Sprecher.
Genehmigungen für Zwischenlager laufen aus
Bundesweit lagert hochradioaktiver Atommüll in mehr als 1.000 Behältern in Zwischenlagern. Rund ein Viertel der Behälter befinden sich früheren Angaben zufolge in Niedersachsen. Mehr als 100 Atommüllbehälter stehen im zentralen Zwischenlager in Gorleben (Landkreis Lüchow-Dannenberg), andere werden auf den jeweiligen Betriebsgeländen der abgeschalteten Atomkraftwerke Unterweser (Landkreis Wesermarsch), Grohnde (Landkreis Hameln-Pyrmont) und Emsland in Lingen gelagert. Das Problem: Diese Zwischenlager sind für einen längeren Betrieb nicht ausgelegt. Viele sind aktuell nur bis in die 2040er Jahre genehmigt, Gorleben sogar nur bis 2034.
Nur ein Teilgebiet als Endlager ausgeschlossen
Der Prozess der Endlager-Suche gilt als enorm aufwändig. Bislang hat die BGE lediglich 90 Teilgebiete benannt, deren Böden weiter untersucht werden sollen. Diese umfassen allerdings immerhin noch etwa 54 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands. Betroffen sind alle Bundesländer mit Ausnahme des Saarlandes. Der Salzstock Gorleben, der über Jahre favorisiert war, wurde im Herbst 2020 aus dem Auswahlverfahren gestrichen, weil er als ungeeignet gilt.