Sorgen trotz gestiegener Wirtschaftsleistung: So geht es dem Mittelstand
Der Mittelstand in Mecklenburg-Vorpommern verzeichnet trotz eines Wirtschaftswachstums von 3,3 Prozent Herausforderungen: Fachkräftemangel, hohe Kosten und Nachfolgeprobleme belasten. Lösungsansätze wie Netzwerke, Spezialisierung und ein Nachfolgeportal geben Hoffnung.
Der Mittelstand gilt als Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Wenn es kleinen und mittleren Unternehmen schlecht geht, bekommt das nicht selten eine ganze Volkswirtschaft zu spüren. Während die Wirtschaftsleistung im Bundesdurchschnitt um 0,3 Prozentpunkte gesunken ist, verzeichnet Mecklenburg-Vorpommern ein Plus von 3,3 Prozentpunkten. Damit ist es das Bundesland mit dem stärksten Wirtschaftszuwachs. Allerdings lässt dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Stimmung unter den Mittelständlern im Nordosten tendenziell skeptisch bis sorgenvoll ist. Laut einer Umfrage der Europäischen Kommission zählen zu den größten Herausforderungen für Kleinunternehmen der Fachkräftemangel und gestiegene Produktions- und Arbeitskosten.
Westmecklenburg: Konzentration auf Gewerbeparks
Der Stralsunder Wirtschaftsexperte Norbert Zdrowomyslaw sieht die Chance für den Wirtschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern vor allem in bestimmten Branchen: "Unternehmen mit sogenannten 'kleinen Einheiten' haben gute Chancen im Nordosten, gerade im IT-Bereich gelingt mehr Ansiedlung auch im Bereich der Neugründer, sodass sich immer stärkere Netzwerke bilden", so Zdrowomyslaw. Für die Logistikunternehmen sind andere Faktoren wie etwa die Nähe zur Autobahn wichtig. Im Westen Mecklenburg-Vorpommerns verläuft die wichtige Route zwischen Schwerin und Hamburg, in der Mitte des Landes werden die Städte Rostock und Berlin durch die Autobahn 19 verbunden und in Vorpommern ist die Achse Berlin-Stettin entscheidend. Dort konzentriere sich die Ansiedlung stark auf die Gewerbeparks, so der Experte.
Eminentes Nachfolgerproblem
Zehntausende Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern stehen vor einem weiteren Problem: der Unternehmensnachfolge. Knapp 48.000 Chefs im Land planen, in den Ruhestand zu gehen. Die Wirtschaftskammern in Mecklenburg-Vorpommern erwarten nach Schätzungen bei circa einem Viertel eine betriebsinterne oder familieninterne Firmenübergabe. In über 12.000 Betrieben werden jedoch noch Nachfolger gesucht. Nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer findet fast jeder zweite Senior-Unternehmer keinen passenden Nachfolger für sein Unternehmen. Erschwerend kommt in Mecklenburg-Vorpommern der geringe Anteil an Traditionsunternehmen hinzu.
Herausforderungen zum Trotz: Betriebe haben Lösungsansätze
Beim Stralsunder Handwerksbetrieb Masson setzt man auf eine breite Produktpalette. Das Unternehmen hat sich auf das Anfertigen von Fiberglasmöbeln, Wintergärten und Dekorationselementen spezialisiert und verkauft seine Produkte in Deutschland sowie auch im Ausland - bis nach Dubai. Diese Produkt-Kombination ist ungewöhnlich für ein Unternehmen dieser Größe. Masson beschäftigt 45 Mitarbeiter: "Die verschiedenen Produktfelder helfen uns, Umsatzeinbußen eines Herstellungszweiges auszugleichen", sagt Masson-Geschäftsführer Marco Knabe, der trotz Kritik an der Wirtschaftspolitik der Ampel positiv in die Zukunft blickt. Der 55-Jährige führt seit über einem Jahr das Stralsunder Unternehmen. 2023 übernahm Knabe als Mitarbeiter das Unternehmen von seiner damaligen Chefin. Die Nachfolge-Frage sei im Unternehmen nicht zum Problem geworden, sagt Knabe.
Maßnahmen der Landespolitik
Das Land hat zusammen mit der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft das "Nachfolgeportal MV" geschaffen. Es soll Unternehmern bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger helfen und informiert unter anderem über die unterschiedlichen Möglichkeiten einer Unternehmensübernahme. Ein Angebot, dass sich in den letzten Jahren sehr erfolgreich entwickelt habe, sagt Landeswirtschaftsminister Wolfgang Blank (parteilos). Auch er hätte sich mehr vom Wachstumschancengesetz erhofft, begrüßt das Gesetz der Bundesregierung jedoch grundsätzlich. Aus Schwerin gibt es unmittelbar keine Impulse für darüber hinausgehende Mittelstandsentlastungen. "Es gibt Arbeitsgruppen, die sich auf Landesebene damit befassen, wobei uns klar sein muss, dass uns da EU-Recht beeinträchtigt", sagt Blank.