Schutz jüdischen Lebens in der Landesverfassung garantieren?
Soll der Schutz jüdischen Lebens in der Landesverfassung verankert werden? Dieser Vorschlag kommt von der evangelischen Nordkirche und ihrer Landesbischöfin Christina Kühnbaum-Schmidt. In der rot-roten Koalition in Schwerin gibt es dafür Beifall.
Die Linke unterstützt den Vorschlag der Landesbischöfin. Kühnbaum-Schmidt hatte erklärt, es sei wichtig, Antisemitismus und Judenhass klar entgegenzutreten. Sie verwies auf entsprechende Überlegungen der Landespolitik in Schleswig-Holstein, die Verfassung zu ergänzen. Der Landesvorsitzende der Linken, Peter Ritter, kann sich das auch für Mecklenburg-Vorpommern vorstellen. Er sagte, es sei angesichts zunehmender antisemitischer und rassistischer Stimmungen höchste Zeit, eine Diskussion darüber in Gang zu bringen, den Schutz jüdischen Lebens in der Landesverfassung zu verankern.
Linke und SPD unterstützen Initiative
Die Koalition habe sich ohnehin darauf verständigt, so Ritter, die Landesverfassung mit dem Ziel zu ergänzen, rassistische, antisemitische und neonationalsozialistische Bestrebungen zurückzudrängen. Die SPD-Abgeordnete Nadine Julitz sagte nach einem Besuch der jüdischen Gemeinde in Schwerin auf Anfrage, sie unterstütze die Initiative. Eine Verfassungsänderung könne aber nicht im Vorbeigehen verabschiedet werden. In einer gesonderten Pressemitteilung erklärte sie, "dass heute in Deutschland, 77 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und den durch das nationalsozialistische Regime verübten Verbrechen, erneut jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger Angst um ihre Sicherheit haben müssen, ist zutiefst beschämend und inakzeptabel".
Allein kann Rot-rot Verfassung nicht ändern
Es gebe akuten Handlungsbedarf gegen Antisemitismus, so Julitz. Für die Landesregierung sei das ein Schwerpunkt. Julitz verwies auf den angekündigten Aktionsplan gegen Antisemitismus. Für eine Verfassungsänderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag nötig, diese liegt bei 53 Abgeordneten. Zusammen kommt Rot-Rot allerdings nur auf 43 Abgeordnete. Das Regierungsbündnis braucht die Unterstützung mindestens einer weiteren Fraktion.
AfD lehnt Vorschlag ab
Die AfD-Fraktion reagierte ablehnend auf den Vorschlag der Nordkirche. Den Schutz jüdischen Lebens besonders hervorzuheben, halte er für bedenklich, erklärte der Abgeordnete Horst Förster. Soweit es um den Lebensschutz gehe, könne und dürfe es keine Rangordnung geben. Die CDU-Fraktion dagegen signalisierte Zustimmung. Der Vorschlag sollte im Rahmen der nächsten Verfassungsänderung berücksichtigt werden, meinte der Parlamentarische Geschäftsführer Sebastian Ehlers. Seine Fraktion setzte einen weiteren Schwerpunkt: Die Abgeordnete Katy Hoffmeister sprach sich dafür aus, von Neubürgern ein Bekenntnis zum israelischen Staat abzuverlangen. Das sollte Bedingung für die deutsche Staatsbürgerschaft werden. Sachsen-Anhalt habe die Regelung für die Einbürgerung schon geändert, Mecklenburg-Vorpommern sollte dem Beispiel folgen.
Innenminister verspricht "klare Kante"
Die Christdemokratin verwies auf eine für diesen Freitag in Schwerin geplante Pro-Palästina-Demonstration. Von der sei zu befürchten, dass der Israelhass sichtbar auf die Straßen getragen werde. Auch deshalb sollte das Land kurzfristig dem Beispiel Sachsen-Anhalts folgen. Innenminister Christian Pegel (SPD) ging darauf nicht ein. Am Rande der Innenministerkonferenz in Berlin erklärte er, die Polizei werde "vor Antisemitismus in Deutschland keinen Millimeter zurückweichen". Die Behörden würden "klare strafrechtliche und polizeiliche Kante" gegen antisemitische Aktivitäten zeigen. Das gelte auch für die in Schwerin angekündigte pro-palästinensische Demonstration. Sollte hier das Demonstrationsrecht durch antisemitisches Handeln oder das Infragestellen des Existenzrechts Israels missbraucht werden, so Pegel, "wird die Polizei dies vor Ort klar zu verhindern wissen". Pegel meinte jedoch, Gespräche mit dem Anmelder hätten gezeigt, dass er den Willen habe, die vorgegebenen Auflagen und Regeln umzusetzen und einzuhalten. Zu der Demonstration, die nach Informationen des NDR ein Armenier angemeldet hat, sind 100 bis 300 Teilnehmer angekündigt.