Rot-Rot kürzt offenbar doch bei Hilfen für Sozialprojekte
Die von Finanzminister Heiko Geue (SPD) angekündigten Kürzungen im Landeshaushalt haben offenbar doch stärkere Folgen als zunächst dargestellt. Die Sozialverbände im Land beklagen erste Einschnitte bei den Hilfen für Menschen mit Behinderung.
Der Finanzminister steht im Wort: "Wir sparen zuallererst beim Staat und nicht bei den Bürgern." Diesen Satz gab der oberste Kassenwart des Landes in einer Pressekonferenz am vergangenen Dienstag zu Protokoll. Das Kabinett hatte sich kurz zuvor auf den lange angekündigten Nachtragshaushalt verständigt. Geue muss wegen massiver Steuerausfälle und geringerer Hilfen aus dem Länderfinanzgleich noch in diesem Jahr rund 560 Millionen Euro einsparen. Einen Teil davon müssen die Ministerien erbringen.
Sozial-Dachverband: "Hier den Rotstift anzusetzen, wäre fatal"
Schon in den Monaten zuvor hatte der Minister wiederholt erklärt, der Bürger sei nicht betroffen: "Mir ist wichtig: Beim Staat sparen, nicht bei den Bürgern", sagte Geue beispielsweise Ende Oktober als die Dimension des Haushaltsloch das erste Mal deutlich wurde. Jetzt aber zeichnet sich ab: Das Land kann nun doch nicht einfach rund eine halbe Milliarde Euro aus dem 11,5 Milliarden schweren Haushalte auswringen, ohne dass es jemand merkt. Denn auch das Sozialministerium muss kürzen - genau 14 Millionen Euro allein in diesem Jahr.
Diese Einsparungen bleiben offenbar nicht folgenlos. Die Sozialverbände jedenfalls beklagen Einschnitte bei den Hilfen für Menschen mit Behinderung. Die Liga der Wohlfahrtsverbände, in der sechs Sozialverbände wie AWO, DRK oder Caritas zusammengeschlossen sind, spricht von zwanzigprozentigen Kürzungen. Gleichzeitig wüssten viele soziale Projekte nicht, wie und ob sie künftig gefördert würden. Der Sozial-Dachverband warnt: "Hier den Rotstift anzusetzen, wäre fatal". Die Landesregierung müsse Wort halten. Die Liga erinnerte Geue in einer Pressemitteilung an seine Aussagen, es werde beim Staat und nicht beim Bürger gespart.
Auswirkungen der Kürzungen auf den Bürger nicht vermeidbar
Das Sozialministerium bestätigte auf NDR Anfrage geplante Einschnitte. Die beabsichtigten Kürzungen bei den Zuschüssen an Verbände und Vereine seien "schmerzhaft", man könne die Kritik daran nachvollziehen. Allerdings sei die Haushaltslage auch wegen steigender Ausgaben schwierig. Allein bei der Sozialhilfe für Menschen mit Behinderungen seien es 118 Millionen Euro mehr, die Gesamtsumme sei auf rund 657 Millionen Euro gestiegen, weil der Bund die Leistungen aus dem Bundesteilhabegesetz für Menschen mit Behinderungen erweitert habe. Zu diesen Zahlungen sei man verpflichtet. Heißt im Umkehrschluss: Bei freiwilligen Leistungen muss dann gespart werden.
Die Aussichten werden nicht besser. Für die kommenden beiden Jahre hat Geue bereits weitere Kürzungen angekündigt. Dabei geht es um noch größere Summen als für dieses Jahr. Geue sprach von Strukturentscheidungen und von Dingen, die auf den Prüfstand müssten. Außerdem versuchte der Minister seine Aussage vom "Sparen beim Staat" zu relativieren. Er habe formuliert, man wolle "zuallererst" beim Staat sparen und nicht beim Bürger. Mit der Betonung auf das Wörtchen "zuallererst" sei aber auch klar, so Geue, dass Kürzungen, die sich beim Bürger auswirken, nicht ausgeschlossen seien.