Die Statue Justitia ist im Amtsgericht Hannover zu sehen. © picture alliance/dpa Foto: Peter Steffen
Die Statue Justitia ist im Amtsgericht Hannover zu sehen. © picture alliance/dpa Foto: Peter Steffen
Die Statue Justitia ist im Amtsgericht Hannover zu sehen. © picture alliance/dpa Foto: Peter Steffen
AUDIO: Rostock: Mord-Prozess gegen junge Mutter bis Ende August verlängert (4 Min)

Rostock: Mord-Prozess gegen junge Mutter bis Ende August verlängert

Stand: 26.06.2023 17:22 Uhr

Der Prozess gegen eine junge Frau aus Güstrow, die vermutlich ihr Kleinkind verhungern ließ, dauert voraussichtlich bis Ende August. Das Landgericht Rostock hat zusätzliche Verhandlungstage angesetzt.

Im Mord-Prozess gegen eine 24 Jahre alte Frau aus Güstrow hat das Landgericht Rostock weitere Verhandlungstage anberaumt. Demnach würde das Urteil Ende August fallen. Die Staatsanwaltschaft wirft der jungen Mutter Mord durch Unterlassen an ihrem einjährigen Sohn aus niedrigen Beweggründen vor. Sie soll ihn dauerhaft schlecht versorgt haben, sodass er fast verhungerte und verdurstete. Als der kleine Junge im September 2021 an einer schweren Magendarmerkrankung litt, brachte die Angeklagte ihr Kind nicht zum Arzt. Stattdessen ließ die junge Frau den Jungen laut Anklage allein in ihrer Wohnung, um zu feiern und die Zeit mit ihrem Freund zu verbringen. Als sie am nächsten Tag in ihre Wohnung zurückkam, war das Kind tot. Auch ihre Fürsorgepflicht gegenüber ihrem zweiten, vierjährigen Sohn soll die Angeklagte vernachlässigt haben.

Angeklagte widerspricht Vorwürfen

Die Angeklagte bestritt zu Beginn des Prozesses vor zwei Wochen, in der Nacht vor dem Tod ihres Kindes feiern gewesen zu sein. Demnach war sie bei einem Freund in der Nachbarschaft, um sich Kopfschmerztabletten zu holen, und ist in dessen Wohnung erst am nächsten Mittag aufgewacht – was sie auf die Wirkung der Tabletten zurückführte. Rechtsmediziner legten sich nun darauf fest, dass der Junge zwischen Mitternacht und neun Uhr morgens gestorben ist. Dafür sei eine Vielzahl von Faktoren verantwortlich, unter anderem sein geringes Gewicht, ein geschwächtes Immunsystem, die Kolibakterien und ein enormer Flüssigkeitsverlust. Angesichts des möglichen Todeszeitpunkts um Mitternacht werde zu prüfen sein, ob die späte Rückkehr der Angeklagten eine wesentliche Rolle spielt, so ihr Verteidiger am Rande des Prozesses. Sie hätte möglicherweise auch nichts mitbekommen, wenn sie zuhause geschlafen hätte.

Zweites Kind selten in der Kita

Im Laufe des Prozesses hat die dritte Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Peter Goebels bereits zahlreiche Zeuginnen und Zeugen gehört. Dabei ging es immer wieder darum zu rekonstruieren, wie es den beiden Kindern ging und wer von der vermuteten Mangelernährung wusste. Eine Kita-Erzieherin berichtete, dass der große Sohn der Angeklagten in einem Jahr nur 24 Tage in der Kita war - was möglicherweise auch auf die Corona-Pandemie zurückzuführen war. Das Kind soll auch sprachlich unterentwickelt gewesen sein. Zwei Familienhelferinnen, die die Angeklagte unterstützen sollten, fiel auf, dass beide Kinder sehr dünn waren. Von Unterernährung wollten sie nicht sprechen. 

Jugendamt wusste angeblich nichts von Mangelernährung

Ein Mitarbeiter des Jugendamtes berichtete, eine der Familienhelferinnen habe ihm berichtet, es sei alles in Ordnung bei der kleinen Familie. Hätte er von einer mangelhaften Ernährung gewusst, wäre er eingeschritten. Die Familienhelferin will dem Jugendamt aber lediglich mitgeteilt haben, dass alle notwendigen Angelegenheiten mit den Behörden gut geregelt seien. Dass es der Angeklagten vor dem Tod ihres jüngeren Sohnes psychisch schlecht ging, konnte unter anderem ihre Mutter nicht bestätigen. Sie berichtete allerdings, der kleine Junge habe gegessen "wie eine Raubkatze", wenn er bei ihm war. Der Prozess wird am kommenden Freitag fortgesetzt.

Die Polizei hatte unmittelbar nach dem Tod des Kindes mit Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung begonnen. Die Staatsanwaltschaft klagte die Mutter dann wegen des Verdachts des Totschlags an. Die Strafkammer gab zu Beginn des Prozesses bekannt, dass wegen eines mutmaßlichen Mordes verhandelt werde.

Weitere Informationen
Stralsund: Der Angeklagte hält im Sitzungssaal im Landgericht einen Schreibblock vor sein Gesicht. © Stefan Sauer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Stefan Sauer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Ex-Frau mit Kabel gewürgt: Haftstrafe für Mann aus Bad Sülze

Die Frau überstand zwei Angriffe. Nun wurde der Mann wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte auf versuchten Mord plädiert. mehr

Die Angeklagte (li) spricht vor Prozessbeginn mit ihrer Anwältin Daniela Post (re). © picture alliance/dpa | Sina Schuldt Foto: Sina Schuldt

Kind verbrüht: Mutter zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt

Die Vierjährige war an ihren Verletzungen gestorben. Die Mutter soll sie aus Habgier nicht ärztlich behandelt haben lassen. mehr

Der angeklagte Bestatter sitzt auf der Anklagebank im Landgericht Rostock, neben ihm sein Verteidiger. © dpa Foto: Bernd Wüstneck

Rostock: "Trauerschwindler" zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Bestatter bei mehreren Frauen insgesamt über 230.000 Euro erschlichen und nicht erstattet hatte. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 23.06.2023 | 18:40 Uhr

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

. © Screenshot

Wirtschaftsminister Meyer: Keine Fehler bei Corona-Rückforderungen

Das zuständige Landesförderinstitut hatte knapp 20.000 Forderungen verschickt. Einige Unternehmen gehen gerichtlich dagegen vor. mehr

Die neue NDR MV App

Ein Smartphone zeigt die Startseite der neuen NDR MV App © NDR Foto: IMAGO. / Bihlmayerfotografie

Mecklenburg-Vorpommern immer dabei - die neue NDR MV App

Artikel, Podcasts, Livestreams: Die NDR MV App ist ganz neu: übersichtlich, kompakt, benutzerfreundlich, aktuell. mehr