Rostock: Mord-Prozess gegen junge Mutter bis Ende August verlängert
Der Prozess gegen eine junge Frau aus Güstrow, die vermutlich ihr Kleinkind verhungern ließ, dauert voraussichtlich bis Ende August. Das Landgericht Rostock hat zusätzliche Verhandlungstage angesetzt.
Im Mord-Prozess gegen eine 24 Jahre alte Frau aus Güstrow hat das Landgericht Rostock weitere Verhandlungstage anberaumt. Demnach würde das Urteil Ende August fallen. Die Staatsanwaltschaft wirft der jungen Mutter Mord durch Unterlassen an ihrem einjährigen Sohn aus niedrigen Beweggründen vor. Sie soll ihn dauerhaft schlecht versorgt haben, sodass er fast verhungerte und verdurstete. Als der kleine Junge im September 2021 an einer schweren Magendarmerkrankung litt, brachte die Angeklagte ihr Kind nicht zum Arzt. Stattdessen ließ die junge Frau den Jungen laut Anklage allein in ihrer Wohnung, um zu feiern und die Zeit mit ihrem Freund zu verbringen. Als sie am nächsten Tag in ihre Wohnung zurückkam, war das Kind tot. Auch ihre Fürsorgepflicht gegenüber ihrem zweiten, vierjährigen Sohn soll die Angeklagte vernachlässigt haben.
Angeklagte widerspricht Vorwürfen
Die Angeklagte bestritt zu Beginn des Prozesses vor zwei Wochen, in der Nacht vor dem Tod ihres Kindes feiern gewesen zu sein. Demnach war sie bei einem Freund in der Nachbarschaft, um sich Kopfschmerztabletten zu holen, und ist in dessen Wohnung erst am nächsten Mittag aufgewacht – was sie auf die Wirkung der Tabletten zurückführte. Rechtsmediziner legten sich nun darauf fest, dass der Junge zwischen Mitternacht und neun Uhr morgens gestorben ist. Dafür sei eine Vielzahl von Faktoren verantwortlich, unter anderem sein geringes Gewicht, ein geschwächtes Immunsystem, die Kolibakterien und ein enormer Flüssigkeitsverlust. Angesichts des möglichen Todeszeitpunkts um Mitternacht werde zu prüfen sein, ob die späte Rückkehr der Angeklagten eine wesentliche Rolle spielt, so ihr Verteidiger am Rande des Prozesses. Sie hätte möglicherweise auch nichts mitbekommen, wenn sie zuhause geschlafen hätte.
Zweites Kind selten in der Kita
Im Laufe des Prozesses hat die dritte Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Peter Goebels bereits zahlreiche Zeuginnen und Zeugen gehört. Dabei ging es immer wieder darum zu rekonstruieren, wie es den beiden Kindern ging und wer von der vermuteten Mangelernährung wusste. Eine Kita-Erzieherin berichtete, dass der große Sohn der Angeklagten in einem Jahr nur 24 Tage in der Kita war - was möglicherweise auch auf die Corona-Pandemie zurückzuführen war. Das Kind soll auch sprachlich unterentwickelt gewesen sein. Zwei Familienhelferinnen, die die Angeklagte unterstützen sollten, fiel auf, dass beide Kinder sehr dünn waren. Von Unterernährung wollten sie nicht sprechen.
Jugendamt wusste angeblich nichts von Mangelernährung
Ein Mitarbeiter des Jugendamtes berichtete, eine der Familienhelferinnen habe ihm berichtet, es sei alles in Ordnung bei der kleinen Familie. Hätte er von einer mangelhaften Ernährung gewusst, wäre er eingeschritten. Die Familienhelferin will dem Jugendamt aber lediglich mitgeteilt haben, dass alle notwendigen Angelegenheiten mit den Behörden gut geregelt seien. Dass es der Angeklagten vor dem Tod ihres jüngeren Sohnes psychisch schlecht ging, konnte unter anderem ihre Mutter nicht bestätigen. Sie berichtete allerdings, der kleine Junge habe gegessen "wie eine Raubkatze", wenn er bei ihm war. Der Prozess wird am kommenden Freitag fortgesetzt.
Die Polizei hatte unmittelbar nach dem Tod des Kindes mit Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung begonnen. Die Staatsanwaltschaft klagte die Mutter dann wegen des Verdachts des Totschlags an. Die Strafkammer gab zu Beginn des Prozesses bekannt, dass wegen eines mutmaßlichen Mordes verhandelt werde.