Regenbogenfahne, rauer Ton, Rücktritt: Neubrandenburgs OB Witt im Gespräch

Stand: 30.12.2024 11:45 Uhr

Das Verbot einer Regenbogenfahne in Neubrandenburg und der anschließende Rücktritt des Oberbürgermeisters sorgten deutschlandweit für Aufsehen. In einer besonderen Folge von "MV im Fokus" spricht Witt darüber, wie es dazu kam.

von Thomas Köhler

In Neubrandenburg ist eine Regenbogenflagge zum Politikum geworden und hat die Vier-Tore-Stadt deutschlandweit in die Schlagzeilen gebracht. Auslöser dafür war der angekündigte Rücktritt des Oberbürgermeisters Silvio Witt (parteilos) am 10. Oktober 2024. "Über Toleranz und Akzeptanz stimmt man nicht ab. Das ist etwas, was uns zusteht und was unsere Gesellschaft auszeichnet", sagte der 46-Jährige auf einer Demonstration, auf der laut Polizei rund 1.000 Menschen gegen das Verbot einer Regenbogenflagge am Bahnhof protestierten.

Solidarität kommt zu spät für Witt

Ihnen schlossen sich mehr als 48.000 Menschen an, die mittels einer Online-Petition die Stadtvertretung aufforderten, dieses Verbot wieder aufzuheben, nachdem die Stadtvertretung es im Oktober 2024 mehrheitlich beschlossen hatte.  Nach dieser Entscheidung zog der offen homosexuell lebende Witt die Reißleine, um seine Freunde und Familie zu schützen, wie er es selbst formulierte. Zu oft fühlte er sich Hass und Hetze vor allem auch in den sozialen Medien ausgesetzt, erklärte er anschließend.  

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Sturz des Oberbürgermeisters soll Ziel gewesen sein

Den Antrag auf das Verbot der Regenbogenflagge hatte Ratsherr Tim Großmüller gestellt. Der Unternehmer war mit einem Sitz für die 2023 gegründete Wählergemeinschaft "Stabile Bürger Neubrandenburg" in die Stadtvertretung eingezogen. "Unser Ziel war, den Bürgermeister wegzubekommen. Der Bürgermeister, er ist ein Hemmnis", erklärte Großmüller nach Witts Rücktritt. Nun will der 45-jährige selbst Oberbürgermeister werden.

Hass, Hetze und Populismus als Feinde der Demokratie

Es sei verabscheuungswürdig, wie Hass und Hetze dazu geführt hätten, dass der Oberbürgermeister sein Amt niederlegen wird, sagte Michael Stieber, SPD-Fraktionsvorsitzender, als Witt seinen Rücktritt am 19.12.2024 offiziell in der Stadtvertretung erklärt. Hingegen kritisierte Ratsherr Hans-Jürgen Schwanke (Bürger für Neubrandenburg), dass dieser Rücktritt schon früher hätte geschehen sollen. Schließlich sei Witt nicht mit mehr als 87 Prozent der Stimmern 2022 wieder gewählt worden, wie die Medien behaupten würden, sondern mit weit weniger als der Hälfte.  Denn es hätten ja nur gut 35 Prozent der Wähler abgestimmt.

Damit würde Schwanke ein Grundprinzip der Demokratie in Frage stellen, konterte Witt und warnte davor, mit populistischen Aussagen und Behauptungen die Errungenschaften der Demokratie zu gefährden.  

Regenbogenflagge bleibt wohl bis Mitte 2025 verboten

Der Oberbürgermeister solle sich nicht so dünnhäutig zeigen. Einen demokratischen Beschluss müsse er akzeptieren, meinte Robert Schnell (AfD) nach dem Verbot der Regenbogenflagge. Einen Monat später fasste die Stadtvertretung einen neuen Beschluss, in dem ausdrücklich Toleranz und Vielfalt in der Stadt Zustimmung erhielten. Der Oberbürgermeister erhielt den Auftrag, bis zum Ende seiner Amtszeit ein Konzept vorzulegen, wie dieses Anliegen im Stadtbild sichtbar gemacht werden könne. Damit seien wesentliche Forderungen der Online-Petition erfüllt, so Stadtpräsident Thomas Gesswein (CDU). Wie Silvio Witt auf den neuen Beschluss der Stadtvertretung reagiert hat, hören sie in der aktuellen Folge unseres Podcasts "MV im Fokus".

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 30.12.2024 | 17:00 Uhr

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