Prellbock Landesgrenze: Wo Bahnangebote verpuffen

Stand: 14.08.2024 07:59 Uhr

Der RE 10 sollte das Bahnangebot auf der Strecke von Stralsund in den Süden verbessern. Doch der Zug endet in Pasewalk - vor der Landesgrenze zu Brandenburg. Für Berufspendler nach Berlin ist dieser Zug deshalb eine Nullnummer. Das Angebot wird nur schleppend angenommen. Die Züge bleiben leer.

von Martina Rathke

Die Bahn im Einstundentakt, mehr Rufbusse: Um die Angebote für Pendler zu verbessern, startete das Wirtschaftsministerium im vergangenen Jahr eine "Mobilitätsoffensive". Das Ziel: "flächendeckende schnelle vertaktete Bahn- und Busangebote", die auch die kleinsten Dörfer des Landes erschließen. Das verkündete Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschafts- und Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) im April 2023. Doch zwischen Pasewalk - Mecklenburg-Vorpommern - und Prenzlau - Brandenburg - endet die Mobilitätsoffensive an der Landesgrenze. 

Bahnlücke von 25 Kilometern

Eine der Bahnverbindungen, die mit der Ministerinitiative verbessert werden sollte, ist die Linie RE 10 von Stralsund nach Süden Richtung Berlin. Mit dem Fahrplanwechsel zum Dezember 2023 wurde sie verlängert. Ergänzend zum Zweistundentakt des RE 3 fährt die Bahn auf der Achse von Stralsund in Richtung Berlin seitdem im Einstundentakt - allerdings nur bis Pasewalk.

Beispiel: Der RE 10 um 06:09 Uhr ab Anklam. In Pasewalk heißt es um 06:42 Uhr: "Dieser Zug endet hier." Zwanzig Minuten später startet auf der Brandenburger Seite in Prenzlau ein Zug nach Berlin - für Pendler aus MV ist dieser allerdings nicht erreichbar. Es klafft eine Lücke von 25 Kilometern auf einer mehr als 200 Kilometer langen Strecke, die von anderen Zügen durchgängig befahren wird. Das Resultat: Die Züge des R10 bleiben zwischen Stralsund und Pasewalk weitgehend leer.

Ein Regionalexpress der Deutschen Bahn fährt hinter einem Andreaskreuz in den Bahnhof von Blankenberg (Mecklenburg-Vorpommern). © dpa Foto: Jens Büttner
AUDIO: Bahnchaos zwischen Berlin und Ostseeküste (1 Min)

3.000 Berufspendler nach Berlin

"Ich könnte mir ein schnelles Taxi nehmen, vielleicht würde ich es dann schaffen, aber das ist eher unwahrscheinlich und unrentabel ist es auch", sagt der Berufspendler Sven Krein. Er pendelt zwischen Usedom und Berlin. Der Zug um 06:09 Uhr ab Anklam wäre ideal für ihn, weil er um halb neun pünktlich zum Arbeitsstart in Berlin wäre, erläutert er. Weil dieser Zug aber in Pasewalk ende, sei er aber für Pendler nicht nutzbar. Deshalb müsse er eine Stunde früher starten, um 05:08 Uhr ab Anklam. Das heißt: Aufstehen um 3.45 Uhr.

Krein ist nicht der Einzige, der eine bessere Bahnverbindung gerade in den Morgenstunden zwischen Brandenburg und MV auf dieser Strecke wünscht. Laut Pendleratlas pendeln rund 3.000 Menschen zur Arbeit aus Vorpommern-Greifswald nach Berlin und in die Uckermark zur Arbeit.

ProBahn: Abstimmung zwischen Ländern muss besser werden

Der Fahrgastverband "Pro Bahn" beklagt: Nicht nur auf der Strecke Berlin-Stralsund, sondern auch auf der Strecke Wittenberge-Schwerin knirscht es an der Landesgrenze. Die Abstimmung der Bahnangebote zwischen den Bundesländern müsse besser werden, so Landesvorsitzender Marcel Drews. Brandenburg habe weitgehend einen Einstundentakt im Regionalverkehr, MV auf einigen Strecken einen Zweistundentakt.

Ministerien haben Bahnstrecke geprüft

Krein hat sich mit seinem Anliegen an die zuständigen Ministerien in Brandenburg und MV gewandt und Antwort erhalten: Das Ministerium in Brandenburg schreibt: "Da der Fernverkehr die gleichen Gleise nutzt, schließt dies unter den aktuellen Rahmenbedingungen eine stündliche Bedienung aus." Krein kann diese Antwort nicht nachvollziehen. "Es fährt ja ein Zug von Anklam nach Pasewalk und von Prenzlau nach Berlin. Von daher kann ja die Trasse nicht belegt sein", sagt er.

Er vermutet, dass sich die Länder nicht untereinander abgestimmt haben. Ein Vorwurf, den beide Bundesländern zurückweisen. "Für die Verdichtung des Angebots zwischen Pasewalk und Prenzlau... führte die Prüfung… zum Ergebnis, dass derzeit keine geeigneten Fahrplantrassen zur Verfügung stehen, die sinnvolle Fahrzeugumläufe einerseits und eine Einbindung in den Taktknoten Angermünde (dort insbesondere mit Anschlüssen von/nach Berlin) andererseits gestatten", heißt es aus dem Wirtschaftsministerium in MV.

Für 2026 eine Überprüfung der Bahnstrecke geplant

Besserung stellt das Land MV frühestens ab 2026 in Aussicht: "Für den Jahresfahrplan 2026 wird die Trassen- und Durchbindungsfrage neu bewertet werden", heißt es von dort. Dann soll das Bahnangebot auf der Achse Berlin-Pasewalk-Stralsund neu geprüft werden. Solange heißt es für Krein und andere Pendler, auf bessere Angebote für Berufspendler zu warten.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 14.08.2024 | 19:30 Uhr

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