Nord-Stream-Sprengungen haben erheblich zur Erderwärmung beigetragen
Internationale Untersuchungen geben erste Aufschlüsse über die Folgen der Nord-Stream-Explosionen in der Ostsee im Jahr 2022. Die damals austretenden Gase konnten in 14 Prozent der Ostsee nachgewiesen werden.
Am Mittwoch hat die renommierte internationale Wissenschaftszeitung "Nature" gleich drei Publikationen veröffentlicht. Sie alle beschäftigen sich mit den Umweltauswirkungen durch die Sprengungen der Nord-Stream-Pipelines im September 2022. An den Untersuchungen war auch das Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde (IOW) beteiligt.
Kaum langfristiger Einfluss auf die Ostsee
Das ausgetretene Gas konnten die Forscher in rund 14 Prozent der Ostsee nachweisen. Vor allem um die Lecks der zerstörten Leitungen seien die Methankonzentrationen besonders hoch gewesen, sagt Gregor Rehder vom IOW, der federführend an der Forschung beteiligt war: "Wir haben noch nie eine höhere Methankonzentration gemessen." Doch spätestens zwei Monate nach der Explosion gab es kaum noch Nord-Stream-Methan im Ostseewasser. Laut Gregor Rehder verblieben nur etwa zwei bis drei Prozent des Methans in der Wassersäule. Deshalb seien die Auswirkungen auf die Meeresbewohner der Ostsee äußerst gering.
Methan treibt die Erderwärmung voran
An Publikationen in der Fachzeitschrift "Nature" waren insgesamt 67 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus der ganzen Welt beteiligt. "Durch viele verschiedenen Forschungsergebnisse haben wir ein Gesamtbild der Umweltauswirkungen erhalten", so Gregor Rehder weiter. Der Meereschemiker sagt, dass seine Berechnungen zu denen anderer passen. Das in der Ostsee gelöste Methan ist in die Atmosphäre gelangt. Da es neben Kohlenstoffdioxid als das schädlichste Treibhausgas gilt, trägt das aus den Nord-Stream-Pipelines stammende Methan erheblich zur Erderwärmung bei. "Das Methan, das bei der Explosion freigesetzt wurde, macht knapp ein Viertel der jährlichen Methanemission für ganz Deutschland aus", sagt Gregor Rehder. Er hat ausgerechnet, dass dadurch ein theoretischer Umweltschaden von knapp 1,8 Milliarden Euro entstanden sei. "Das ist eine völlig unnötige, riesige Einzelemission", so der Meeresforscher.
Besseres Verständnis der Umweltauswirkungen durch Langzeitstudien
Seit 14 Jahren ist das Warnemünder Institut Teil eines internationalen Forschungsnetzwerkes, dass Messtechnik auf einer Personenfähre zwischen Helsinki und Lübeck betreibt. Das Schiff fährt auch genau dort entlang, wo die Pipelines explodierten. "Wir können also genau sagen, wie die Methankonzentrationen vor, während und nach den Sprengungen waren," sagt Gregor Rehder. Hinzu kommen Daten des Deutschen Zentrums für Raum und Luftfahrt. Ein Hubschrauber hatte gleich nach den Sprengungen Daten aus der Atmosphäre über dem Gebiet gesammelt. Durch die Kombination verschiedener Datensätze können die Wissenschaftler nun sehr genaue Aussagen treffen.
Forscher hoffen auf Reduktion des Methanausstoßes
Die Ergebnisse zeigen auch, dass Methan generell einen negativen Einfluss auf die Erderwärmung hat. Gregor Rehder hofft, dass die Publikationen in der weltweit geschätzten Fachzeitschrift dazu beitragen, Methan-Ausstöße ernster zu nehmen: "Wir konzentrieren uns oft sehr stark auf Kohlenstoffdioxid, wenn wir über Erderwärmung sprechen. Es ist aber auch wichtig, die menschengemachte Methan-Emission zu reduzieren, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen." Internationale Zusammenarbeit sei zudem wichtig, um verlässliche Forschung betreiben zu können. Die aktuelle Lage zeigt, dass auch Gasleitungen auf dem Grund der Ostsee Ziel von Angriffen seien können. Gregor Rehder wünscht sich eine Art Task Force, also einen Zusammenschluss wissenschaftlicher Experten. Diese könnten bei einem ähnlichen Fall wie dem der Nord-Stream-Sprengungen vor knapp zweieinhalb Jahren schnell die Umweltauswirkungen erforschen.