#NDRfragt: Bürger in MV haben Angst vor Eskalation des Krieges
Mecklenburger und Vorpommern sehen die Unterstützung der Ukraine im Krieg deutlich kritischer als die Menschen in Hamburg, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein. Das zeigt das nicht repräsentative Abstimmungsverhalten bei #NDRfragt, der Meinungsplattform für den Norden. Das Stimmungsbild dieser Umfrage zeigt, welche ganz persönlichen Ängste und Sorgen dahinterstecken.
"Ich bin der Meinung, dass die sich alleine einigen sollen. Keine Waffenlieferungen mehr dahin." Der Mann mit der Brille und dem grauen Haar schaut entschlossen unseren Reporter an. Gemeint ist die militärische Unterstützung für die Ukraine. "Wo soll das noch enden?", fügt er noch hinzu. Bei einer zufälligen Straßenumfrage in Neubrandenburg bekommt unser Kamerateam viele solcher Antworten zu hören. Eine Frau findet, dass ein Ende des Krieges nicht abzusehen sei und langsam unsere Kapazitäten zu Ende gingen. Auch viele, die bisher Geflüchtete unterstützt oder Geld gespendet haben, kämen jetzt an ihre Grenzen, meint eine weitere Frau.
Zuviel Geld für die Ukraine?
Bei der Umfrage von #NDRfragt geben 45 Prozent der Teilnehmer aus Mecklenburg-Vorpommern an, dass die finanzielle Hilfe für die Ukraine zu weit gehe. Im Rest des Nordens finden das nur 23 Prozent. In einer Situation, in der die Menschen gerade im strukturschwachen Nordosten der Republik bei jedem Supermarktbesuch die Inflation zu spüren bekommen, sicher kein Wunder, könnte man denken. Doch es sind weniger die finanziellen Gründe, die Ost und West in der Kriegsfrage trennen. Denn Ängste vor Inflation und Rezession machen hüben wie drüben mehr als 50 Prozent der Umfrage-Teilnehmern zu schaffen.
Eastgerman Angst?
In den 1980er-Jahren, als im Westen des noch geteilten Deutschlands die Friedens- und Umweltbewegung auf die Straße gingen, wurde im Ausland der Begriff "German Angst" geprägt. Er sollte beschreiben, dass die Deutschen mit übermäßiger Panik auf die Bedrohung durch Atomraketen und Umweltzerstörung reagierten. Hat sich das zu einer "Eastgerman Angst" entwickelt? In der NDR Umfrage geben 53 Prozent der Mecklenburger und Vorpommern an, sich vor dem Dritten Weltkrieg zu fürchten und fast genauso viele haben die Sorge, dass der Krieg in der Ukraine sich bis nach Deutschland ausweiten könne. In Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg liegt dieser Wert bei etwas mehr als einem Drittel. Mehr als die Hälfte der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern befürchten auch, dass zu viele Geflüchtete aus der Ukraine kommen könnten, im Westen sagt das nur ein Viertel der Umfrage-Teilnehmer.
Wer ist schuld am Krieg?
Immer wieder wird den Ostdeutschen ja auch eine stärkere Sympathie für Russland nachgesagt, auch aufgrund mehr persönlicher Kontakte mit Menschen beider Länder. Überraschend deutlich fällt tatsächlich der Unterschied zwischen Ost und West bei der Frage aus, wer denn eigentlich die Schuld für den Krieg in der Ukraine trägt: Russland - das sagt die Mehrheit zwar auch in Mecklenburg-Vorpommern, nämlich 52 Prozent. Aber immerhin ein Viertel gibt den USA die Schuld für den Krieg. In den anderen norddeutschen Bundesländern sind es gerade mal 7 Prozent, acht von zehn Teilnehmern dort geben bei #NDRfragt Wladimir Putins Russland die Schuld für das Morden.
Ratlos in MV
Angst vor der Atomwaffe und überhaupt die Furcht, dass Deutschland in den Krieg mit hineingezogen werden könnte, scheinen also im Osten deutlich ausgeprägter zu sein als im Westen, genau wie das Gefühl, dass die Hilfe für die geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer an ihre Grenze gekommen ist. Ein Rentner fasst seine Sicht der Dinge bei unserer Straßenumfrage in Neubrandenburg so zusammen: "Man schämt sich für die Politik. Die haben erst viel geredet, kaum gehandelt und jetzt reagiert sie übereifrig." Ratlosigkeit, das ist allerdings die vorherrschende Stimmung bei den Menschen im Nordosten.