#NDRfragt: Mehrheit in MV gegen Waffenlieferungen an Ukraine
57 Prozent der Menschen im Nordosten geht die Unterstützung der Ukraine mit Waffen zu weit. Auch bei anderen Themen rund um den Krieg unterscheiden sich die Ansichten der Mecklenburger und Pommern deutlich von denen der Menschen in den anderen norddeutschen Bundesländern. Das zeigt eine Umfrage bei #NDRfragt, der Meinungsplattform für den Norden.
Es geht ein Riss durch den Norden und der verläuft entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Gut 14.000 User haben an der Umfrage von #NDRfragt teilgenommen - davon fast 2.000 in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist zwar nicht repräsentativ, aber ein deutlicher Trend, der auch durch aktuelle Erhebungen von Meinungsforschungsinstituten gestützt wird: Der Osten tickt anders, was den russischen Angriffskrieg in der Ukraine angeht. Nicht nur, dass Waffenlieferungen für die Ukraine im Nordosten mehrheitlich abgelehnt werden, auch die Sanktionen gegen Russland gehen vielen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern zu weit, nämlich 42 Prozent. In Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg sind es dagegen nur 13 Prozent.
Frieden schaffen ohne Waffen?
Von den Ergebnissen bestätigt fühlen sich zwei Parteien in Mecklenburg-Vorpommern: AfD und Die Linke. In einer Reaktion auf die Umfrage schreibt der Chef der AfD-Landtagsfraktion, Nikolaus Kramer: "Die Landesregierung ist gut damit beraten, keinen weiteren Keil in die Gesellschaft zu treiben und regionale Unterschiede gegeneinander auszuspielen, sondern alle Meinungen zu berücksichtigen und zu versuchen, alle Menschen mitzunehmen." Und die Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, Jeannine Rösler, meint: "Meine Partei und Fraktion haben sich stets dagegen (gegen Waffenlieferungen, Anm. d. Red.) ausgesprochen. Waffen schaffen keinen Frieden!" In der #NDRfragt Umfrage sollten die User auch Stellung zu der Lieferung deutscher Leopard-Panzer in die Ukraine nehmen. In Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg lehnen gut ein Drittel der Befragten die Panzerlieferung ab - in Mecklenburg-Vorpommern aber sind es fast sechzig Prozent. Auch hier ein eklatanter Unterschied also.
Erklärungsversuche
Für die Grünen in MV erklärt sich das auch mit unterschiedlichen Erfahrungswelten in Ost und West. Die friedliche Revolution 1989 sei zwar gegen die SED-Diktatur geführt worden, nicht aber gegen den Kreml und Michail Gorbatschow. Im Westen sei das Ende des Kalten Krieges hingegen auch als Sieg über die Sowjetunion und Alleinherrschaft gesehen worden. Das wirke bis heute fort. Trotzdem: Die Landesvorsitzende der Grünen, Katharina Horn, sieht keine Alternative zum jetzigen Kurs: "Wer dafür plädiert, die Ukraine militärisch nicht weiter zu unterstützen, der plädiert für einen russischen Diktatfrieden und ein Diktatfrieden ist immer brüchig."
Ein Viertel der Befragten aus MV gibt USA die Schuld am Krieg
Tatsächlich gibt es aber laut Umfrage sogar deutliche Unterschiede in der Einschätzung, wer überhaupt die Schuld an dem Krieg trägt: Russland sagt die Mehrheit zwar auch in Mecklenburg-Vorpommern, nämlich gut die Hälfte. Aber immerhin ein Viertel gibt den USA die Schuld für den Krieg. In den anderen norddeutschen Bundesländern sind es gerade mal sieben Prozent, acht von zehn Teilnehmern dort geben bei #NDRfragt Wladimir Putins Russland die Schuld für das Morden.
Wie glaubwürdig ist die Politik?
Für die FDP-Landtagsfraktion sind die Ergebnisse teilweise auch von gezielter Desinformation geprägt. Fraktionschef René Domke glaubt, dass die Politik gezielt dagegen vorgehen und ihr Handeln besser und transparenter erläutern müsse. Diplomatie sei wichtig, aber: "Dabei gilt auch, dass keine Verhandlungen über den Kopf einer souveränen Ukraine hinweg erfolgen können", so Domke. Große Ängste haben die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern auch davor, dass sich der Krieg nach Deutschland ausbreiten könnte. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) versichert, sie nehme die Sorgen der Bürger sehr ernst und fügt angesichts der Umfrage hinzu: "Wir dürfen allerdings nicht übersehen, dass es eine große Gemeinsamkeit in Ost und West gibt. Überall in Deutschland gibt es den starken Wunsch, dass es möglichst schnell eine diplomatische Lösung des Konflikts gibt."
Sie sei froh, dass Bundeskanzler Scholz besonnen handele und darauf achte, Deutschland nicht zur Kriegspartei zu machen. Für die CDU in Mecklenburg-Vorpommern spricht die Landesregierung in Sachen Ukraine-Krieg aber mit gespaltener Zunge. "Das Meinungsbild in Mecklenburg-Vorpommern wird sich erst dann allmählich verändern, wenn auch SPD und Die Linke glaubwürdig den Kurs der Bundesregierung stützen", so der Partei- und Fraktionschef der Christdemokraten, Franz-Robert Liskow.