Mukran: Finnen bauen Bio-Kohlenstoff-Anlage für 40 Millionen Euro
Wo früher die Röhren der Gaspipeline Nord Stream 2 mit Beton ummantelt wurden, entsteht eine Anlage zur Herstellung von Bio-Kohlenstoff aus Abfallholz. Im ersten Halbjahr 2026 soll der Betrieb starten.
Der finnische Edelstahlproduzent Outokumpu plant, in Mukran eine Pilotanlage zur Herstellung von Bio-Kohlenstoff zu errichten. Sie soll teilweise auf dem Gelände des ehemaligen Betonummantelungswerks der Nord-Stream-2-Röhren entstehen und 40 Millionen Euro kosten. Es ist die erste Anlage dieser Art weltweit. Kohlenstoff wird als chemisches Reduktionsmittel für die Herstellung von Stahl benötigt.
Aus Abfallholz entsteht Bio-Kohlenstoff
Der Bio-Kohlenstoff soll aus Abfallholz mittels Pyrolyse hergestellt werden - einem Verfahren, bei dem hohe Temperaturen eingesetzt werden. Das Abfallholz stammt zu großen Teilen aus Deutschland und wird weitgehend per Bahn nach Mukran kommen. Der gute Gleisanschluss und der Tiefseehafen waren zwei wichtige Gründe, warum sich Outokumpu für Mukran entschieden hat, wie deren Cheftechnologe Stefan Erdmann dem NDR mitteilte. Weiterer Standortvorteil: Abwärme, die bei der Herstellung von Bio-Kohlenstoff entsteht, könnte ins Sassnitzer Fernwärmenetz eingespeist werden. Außerdem soll ein Teil der Abgase direkt in elektrische Energie umgewandelt werden. Auch das senkt den CO2-Fußabdruck. An der Entwicklung entsprechender Technologien ist unter anderem die Hochschule Stralsund beteiligt.
Weiterverarbeitung zu Bio-Koks in Lappland
Der auf Rügen produzierte Bio-Kohlenstoff soll nach Lappland verschifft und dort zu Bio-Koks weiterverarbeitet werden. Eine entsprechende Anlage ist im finnischen Tornio im Bau. Für die Produktion von hochfesten Stahllegierungen wird außerdem Chrom benötigt. Outokumpu verfügt als einziger Hersteller von rostfreiem Stahl über eigene Chromerz-Minen. Die liegen unweit des Outokumpu-Stahlwerkes in Tornio. Dadurch sind die Finnen unabhängig von Zöllen, Marktschwankungen und Exportverboten. Die Produktion von Bio-Koks wird Outokumpu außerdem auch unabhängig vom Import konventioneller Kohle machen.
Betriebsstart in Mukran für 2026 geplant
Die Inbetriebnahme der Mukraner Anlage ist für das erste Halbjahr 2026 vorgesehen, zunächst mit einer Jahresproduktion von 15.000 Tonnen Bio-Kohlenstoff und 25 Arbeitsplätzen. Eine Erweiterung der Fabrik ist bei entsprechender Nachfrage möglich. Outokumpu hofft, dass sich weitere Firmen in Mukran ansiedeln, die die Abgase nutzen, welche bei der Produktion von Bio-Kohlenstoff entstehen, so Technologiechef Erdmann. Outokumpu ist spezialisiert auf hochfeste und oberflächenveredelte Stähle. Das Unternehmen betreibt in Deutschland Stahlwerke in Krefeld, Dillenburg und Sachsenheim. Bis 2030 will Outokumpu seine Produktion dekarbonisieren. Das heißt, industrielle Prozesse, bei denen klimaschädliches CO2 freigesetzt werden, sollen fast vollständig ersetzt werden.
Umwelthilfe bezweifelt die Nachhaltigkeit
Sassnitz' Bürgermeister Leon Kräusche (parteilos) begrüßte das Vorhaben des finnischen Unternehmens. "Wir freuen uns natürlich über die zusätzlichen Arbeitsplätze. Jeder direkte Arbeitsplatz erzeugt ja auch indirekte Arbeitsplätze", so Kräusche, der sich davon einen "wertvollen Gewinn für die Entwicklung einer Region" verspricht. Konstantin Zerger von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hingegen bezweifelte eine positive Umweltbilanz, wenn Bio-Kohlenstoff über weitere Strecken zur Weiterverarbeitung transportiert werden müsse. Auch stelle sich die Frage, "ob die Nutzung von Holz und die Schaffung von Nachfrage nach noch mehr Holz überhaupt nachhaltig ist".