Marine-Werft in Wismar will Milliardenprojekt an Land ziehen
Die Bundeswehr will bis zu sechs Kriegsschiffe bauen lassen. Vieles spricht dafür, dass Thyssenkrupp Marine Systems den Zuschlag für das Milliardenprojekt erhält. Es würde Hunderte neuer Arbeitsplätze nach Wismar bringen.
Die Bundeswehr will neue Mehrzweckkampfschiffe bauen lassen. Längst ist klar: Spätestens 2035 sollen die Fregatten vom Typ F127 bereit zur Landes- und Bündnisverteidigung sein. Wann sie ausgeschrieben und konkret beauftragt werden, ist allerdings noch unklar. Und damit ist auch noch nicht bekannt, wer sie letztlich bauen wird. Es deutet aber vieles darauf hin, dass Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) den Zuschlag erhält und damit Hunderte neue Arbeitsplätze in Wismar entstehen könnten.
Einziger Konkurrent: Damen Shipyards
Zuletzt hatte TKMS am Dienstag auf dem Marineworkshop in Linstow (Landkreis Rostock) intensiv für seinen marktreifen Fregattenentwurf MEKO A-400 Air & Missile Defense (AMD) geworben. Unter den 60 Ausstellern aus der Rüstungsindustrie präsentierte sich dort neben TKMS ein weiteres Unternehmen, das die F127 gern für die Marine bauen würde: Damen Shipyards aus den Niederlanden - das Schifffahrtsunternehmen, das gerade die F126 für die Deutsche Marine produziert.
Vizeadmiral Kaack: Wollen uns schnell entscheiden
Wer in Linstow war, konnte nur den Eindruck gewinnen, dass es politisch gewollt ist, den Auftrag dieses Mal in Deutschland zu lassen. Allein die Eröffnungsdramaturgie aus drei Impulsvorträgen war bezeichnend dafür. Vizeadmiral Jan Christian Kaack, der Inspekteur der Marine, erklärte: "Wir wollen uns ganz schnell für die sechs Boote entscheiden." Es folgte Vizeadmiral Carsten Stawitzki, der Chef der Beschaffung im Verteidigungsministerium. Er erklärte, warum es so wichtig sei, dass Rüstungsaufträge im Rahmen einer nationalen Schiffbaustrategie künftig im Land bleiben sollten. Er stellte heraus, dass man auf marktreife Projekte setzen müsse. Zudem gehe angesichts der sicherheitspolitischen Lage "Schnelligkeit vor Perfektion".
TKMS-Chef: Haben das Know-how in der Firma
Diese Aussagen waren Steilvorlagen, die Oliver Burkhard, CEO von TKMS, für seinen Vortrag nutzte und das Fachpublikum, darunter Dutzende Mitarbeiter des Beschaffungsamtes, daran erinnerte, dass man bei den Entwürfen für die F127 bereits weit in Vorleistung gegangen sei - ohne staatliche Mittel. Darüber hinaus betonte er, dass man in Wismar dazu bereit sei, 2025 in Produktion zu gehen und die dort schon geschaffenen 250 Jobs im Falle einer Beauftragung auf mehr als 1.000 hochzufahren. "Wir haben die Technologie und das Know-how in der Firma. Wir haben ein Konzept, das zum Anforderungsprofil passt und das Tolle ist: Wir haben den Standort Wismar", erläuterte Burkhard.
Abwehr ballistischer Raketen möglich
Auch Verteidigungsexperten gehen davon aus, dass TKMS die Fregatten bauen wird. Die Vorgaben der Marine decken sich deutlich mit den Lösungen, die TKMS aus Sicht der Fachleute liefern kann. So sollen die Schiffe beispielsweise auch der Luftverteidigung dienen und dort auch der Abwehr ballistischer Raketen, also innerhalb der Atmosphäre. TKMS nennt seine Lösung einen "Iron Dome" für Nord- und Ostsee und wird dabei wohl mit dem Rüstungsriesen Lockheed Martin zusammenarbeiten.
Schätzung: F127 kosten zweistelligen Milliardenbetrag
Um welches Auftragsvolumen es genau geht, ist noch offen. In Fachkreisen liegen die Schätzungen für eine F127 zwischen sieben bis zehn Milliarden Euro. In der Summe könnte es also um einen Auftrag im mittleren bis sogar hohen zweistelligen Milliardenbetrag gehen.
Bund prüft Anteile von TKMS zu erwerben
Dass TKMS bei Wehrtechnik ein wichtiger Partner für die Bundesregierung und andere Auftraggeber ist, steht außer Frage. Erst vor zwei Wochen war in Kiel Baustart für sechs U-Boote der 212CD-Klasse für ein gemeinsames Programm der Königlich Norwegischen Marine und der Deutschen Marine. Gleichzeitig gab Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bekannt, dass der Bund prüfe, bei TKMS einzusteigen. Die Überlegungen seien allerdings noch nicht abgeschlossen und eine Entscheidung werde mindestens bis Ende des Jahres dauern. Nach Medienberichten geht es darum, einen Anteil von 20 Prozent oder mehr an der Werft zu erwerben.
Hinweis der Redaktion: In einer vorherigen Version enthielt dieser Artikel andere Angaben zu Kosten und Umfang der geplanten Konstruktion von Fregatten des Typs F127. Nachdem wir diesbezüglich Hinweise aus informierten Kreisen erhalten haben, haben wir diese Angaben überarbeitet.