Land verdonnert Kommunen zu Cannabis-Kontrollen
Die Umsetzung des umstrittenen Cannabis-Gesetzes sorgt für neuen Streit zwischen Land und Kommunen. Die rot-rote Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern will, dass die Ordnungsämter in Städten und Ämtern die Ausnahmen im Cannabis-Gesetz kontrollieren und Verstöße verfolgen. Die Kommunen schlagen Alarm.
Cannabis-Zoff in der Sommerpause: Anlass ist der Entwurf einer Verordnung aus dem Landwirtschaftsministerium in Schwerin. Minister Till Backhaus (SPD) ist in der Regierung federführend zuständig für die Umsetzung des Cannabis-Gesetzes. Backhaus hat dem Städte- und Gemeindetag mitgeteilt, dass die kommunalen Ordnungsämter kontrollieren sollen, ob die Vorgaben eingehalten werden.
Es geht um das Kiff-Verbot in und rund um Schulen, Jugendeinrichtungen, Sporthallen oder in der Fußgängerzone bis 20 Uhr. Die Ordnungsämter sollen auch aktiv werden, wenn jemand mehr als die erlaubten 25 Gramm an einem Ort besitzt, an dem er nicht wohnt. Gleiches gilt, wenn jemand Cannabis in Kasernen besitzt.
Kommunalverband sieht Polizei in der Pflicht
Der Vorsitzende des Städte- und Gemeindetags, Wismars Bürgermeister Thomas Beyer (SPD), kritisierte, die Kommunen müssten jetzt die Folgen eines "handwerklich schlecht gemachten Gesetzes ausbaden". Denn eigentlich, so Beyer, sollten durch die Teil-Legalisierung Polizei und Justiz entlastet werden, weil der Konsum großteils nicht mehr unter Strafe steht. Bei den Kontrollen der Ausnahmen würden aber vor allem ausgerechnet die kleinsten Behördeneinheiten - die Kommunen - eingespannt. Dabei sollten die Sache doch besser diejenigen erledigen, die sich auskennen: vor allem die Polizei.
"Wir sind keine Experten für Pflanzenkunde"
Die Polizei habe auch bessere Möglichkeiten, meinte Sylke Drobek, Ordnungsamtsleiterin in Neustrelitz. Die Gemeinden jedenfalls könnten bei Verstößen nicht einfach erkennungsdienstliche Maßnahmen anordnen, also beispielsweise Fingerabdrücke nehmen. Drobek sagte, die Kommunen hätten außerdem keine Experten für Pflanzenkunde. Laut Landesverordnung müssen die Kommunen auch bei den sogenannten Anbauvereinen kontrollieren, ob Cannabissamen, Blüten und Vermehrungsmaterial den Vorgaben entsprechen. Offenbar sehen sie sich damit überfordert.
Lange Verfahren vor Gericht befürchtet
Der Kommunalverband blickt außerdem mit Sorge auf weitere Folgen: Aus Ordnungswidrigkeitsverfahren könnten sich auch lange juristische Streitigkeiten ergeben. Das bedeute zusätzlichen Aufwand, so der Kommunalrechtsreferent Klaus-Michael Glaser. Städtetags-Chef Beyer kritisierte das Land zudem, weil es offenbar meine, durch die Kontrollen entstünden keine zusätzlichen Kosten. Beyer widerspricht. Mehr Kontrollen würden mehr Personal und mehr Ausgaben bedeuten. Wenn das Land das nicht erkenne, könne es auch gleich sagen, dass es Verstöße nicht verfolgt haben will. Das, meinte Beyer, wäre ehrlich. Er hält die Pläne aus Schwerin für eine "sommerliche Schnapsidee".
Ministerium: Kommunen kennen sich aus
Bis Ende August können die Kommunen ihre Stellungnahme zu den Plänen der Regierung formulieren. Das zuständige Agrarministerium versucht der Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen. Im Verordnungsentwurf heißt es zur Begründung, die Kommunen würden sich vor Ort am besten auskennen und sie seien auch in anderen Bußgeld-Sachen aktiv. Die Kommunen seien deshalb "eher als andere Behörden in der Lage, das Gesetz an dieser Stelle umzusetzen". Auf Anfrage des NDR teilte eine Sprecherin des Ministeriums außerdem mit, dass die geplante Verordnung des Landes zwischen den Ministerien noch beraten werde. Dabei würden auch die Interessen der Kommunen eine Rolle spielen. Mecklenburg-Vorpommern ist nicht das einzige Bundesland, in dem die Kommunen sich um das Cannabis-Gesetz kümmern sollen. Ähnliche Regeln gelten beispielsweise auch in Rheinland-Pfalz. Aber auch da wehren sich die Kommunen.