Krieg im Nahen Osten: Wie behandeln Schulen in MV den Konflikt?
Die Schulen in der Region Rostock gehen unterschiedlich mit dem Krieg im Nahen Osten um. Einige Jugendliche beklagen: "Wir lernen im Unterricht nicht genug über Israel und Palästina."
In der Europaschule Rövershagen steht der Nahost-Konflikt in der 10. Klasse auf dem Lehrplan. "Schon vor den Sommerferien haben wir über die Geschichte im Nahen Osten gelernt", erzählen die Oberstufenschülerinnen Mariella und Alana. Ihr Sozialkundelehrer habe die Klasse in Israelis und Palästinenser aufgeteilt. Dann mussten die beiden Gruppen versuchen, Frieden miteinander zu schließen. "Wir haben eben versucht, den Konflikt nicht durch Gewalt, sondern mit Worten zu lösen", erzählt Mariella. "Ich bin einfach für Solidarität. Ich finde es wichtig, dass man beide Seiten unterstützt. Ich finde auch, man sollte zwischen Palästinensern und Hamas unterscheiden." Durch das Planspiel habe sie verstanden, was beide Seiten wollen und warum sie sich bekriegen. Ihrer Meinung nach hätten "beide grundsätzlich das Recht darauf, an diesem Ort zu leben".
Jugendliche hören Sprachnachrichten aus Israel
Einmal in der Woche treffen sich Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Klassenstufen in einer freiwilligen AG an der Europaschule. Lehrerin Petra Klawitter bietet in der AG an, sich über den Krieg im Nahen Osten auszutauschen. Sie hat den Jugendlichen auch Sprachnachrichten von Bekannten aus Israel mitgebracht. Dabei sprechen diese über das Leid der Menschen in Israel und Palästina. "It brought up a lot of trauma, how this can happen in a sovereign country like ours. It is also a difficult time in the Gaza Strip. The Palestinian people suffer too." Übersetzung: "Der Angriff war traumatisch. Wir haben uns gefragt, wie das in unserem Land passieren konnte. Es ist auch im Gazastreifen schwer. Die Menschen dort leiden auch", heißt es in einer Nachricht. Ida erzählt, wie sie durch die Sprachnachrichten gemerkt habe, "dass das halt Realität ist und nicht nur in den Nachrichten". Petra Klawitter betont: "Für die Schüler ist es wichtig, dass sie von Zeitzeugen erfahren, wie sie sich fühlen - und was diese den jungen Leuten auf den Weg geben, um die Welt friedlicher zu machen."
Jüngere Klassen wollen mehr lernen
Die dreizehnjährige Ida geht in die achte Klasse der Europaschule Rövershagen. "Wir haben beim Ukraine-Krieg ganz viel in Geschichte dazu gemacht. Es ist komisch, dass das beim Nahost-Konflikt nicht so ist", findet sie. Die Jugendlichen an der Schule meinen zu wissen, warum Deutschland sich verpflichtet, den Staat Israel zu schützen. Gerade die jüngeren Klassenstufen wünschen sich jedoch, mehr darüber zu lernen, warum es in der Region immer wieder zu Kriegen kommt. Im Unterricht seien die Angriffe in Israel und Gaza vor der zehnten Klasse kein Thema. Idas Klassenkameraden stimmen zu: "Wir wünschen uns, dass uns mehr erklärt wird."
"Wir haben zum ersten Mal über den Nahen Osten gesprochen"
Eine Neuntklässlerin der Nordlicht-Schule in Rostock hat in der vergangenen Woche im Sozialkundeunterricht ein Erklär-Video zum Nahost-Konflikt gesehen. Im Anschluss habe der Lehrer der Klasse Quizfragen zur Geschichte Israels und Palästinas gestellt. Er habe noch versucht, offene Fragen der Jugendlichen zu beantworten. Insgesamt habe es zwei "Sonderschulstunden" gegeben. Gern hätte die Neuntklässlerin mehr darüber gelernt, was Lösungen wären, um den Krieg zu stoppen.
"Vor Beginn des neuen Krieges, hatten wir nie über den Konflikt gesprochen", erklärt ein sechzehnjähriger Schüler vom Wirtschaftsgymnasium in Rostock. Der Elftklässler habe nun in einer "dazwischengeschobenen Geschichtsstunde" über die Geschichte Israels und Palästinas gelernt. "Für Fragen war keine Zeit. Wenn man bedenkt, dass dieses Stückchen Erde eine relativ komplizierte Geschichte hat, war das viel zu wenig." Er fühle sich "eigentlich gut informiert" und habe das Gefühl "grob verstanden zu haben, warum es dort gerade ein Krieg gibt". Dass er das wisse, läge aber nur daran, dass er sich selbst durch die Medien informiere.
Stadtschülerratsmitglied findet Unterricht eurozentrisch
"Wir diskutieren in der Schülerschaft viel über den Konflikt." Erik geht in die 11. Klasse des Innerstädtischen Gymnasiums in Rostock und engagiert sich im Stadtschülerrat. Im Sozialkunde- und Geschichtsunterricht hätten seine Lehrer sich die Zeit genommen, mit der Klasse über die aktuellen Geschehnisse zu diskutieren und Fragen zu beantworten. Eine weitere Gruppe von Oberstufenschülerinnen und Schülern hätten von ihrem Lehrer einen Podcast empfohlen bekommen, um sich über den Konflikt und dessen Geschichte zu informieren. Insgesamt sei der Geschichtsunterricht aber zu "Europa-zentriert". Er wünscht sich, in der Schule über viele historische Ereignisse zu lernen, "um ein besseres Verständnis für politische Konflikte auf der ganzen Welt zu haben".
Nahost-Konflikt auf dem Lehrplan
Auch wenn die Schulen das Thema unterschiedlich behandeln: Der Nahost-Konflikt ist eigentlich fester Bestandteil des Lehrplans in Mecklenburg-Vorpommern. Sowohl Regionale Schulen als auch Gymnasien sollen in der 10. Klasse Israel und Palästina im Unterricht behandeln, teilt das Bildungsministerium Mecklenburg-Vorpommern mit. Während der aktuellen Ereignisse sei es auch in jüngeren Klassenstufen sinnvoll, kurze Unterrichtseinheiten zur Situation in Israel und Gaza anzubieten. Das Bildungsministerium hat vor kurzem Online-Material zum Nahost-Konflikt für Lehrerinnen und Lehrer in Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung gestellt.