Keiner soll einsam Sterben müssen
Die Caritas in Stralsund organisiert ehrenamtliche Hospizarbeit. "Unser Ziel ist, dass niemand einsam sterben muss", so Martina Steinfurth, die Koordinatorin des Teams.
Doreen macht sich im Nieselregen auf den Weg zu ihrer Klientin im Stralsunder Stadtteil Knieper-West. Sie weiß, wo sie klingeln muss, ohne Nachfrage geht der Summer. Einmal in der Woche macht sie diesen besonderen Besuch. Oben ist die Tür schon angelehnt. "Sindy, wie geht es dir heute?" Begrüßung mit Umarmung. "Gut geht es mir. Besser jedenfalls als letztes Mal." Bei ihrem Treffen vor einer Woche viel Sindy das Sprechen schwer. Der Verdacht: Schlaganfall. Zum Glück nur falscher Alarm - dieses Mal. Beide wissen, ihre Freundschaft ist auf Zeit.
Ich möchte noch einmal in den Urlaub fahren
Sindy hat eine starke Essstörung und Krebs. Viel Zeit hat sie nicht mehr. Doch sie hat einen Traum: "Einmal möchte ich nach Dänemark in den Urlaub fahren. Vielleicht für eine Übernachtung." - "Au ja, und ich schiebe dich dann an den Strand!" Solche Pläne sind in der Umsetzung kompliziert. Auch das Pflegepersonal muss für eine solche Reise eingeplant werden. Doch das Wichtigste: Sindy selbst muss das durchhalten. Sie wollen jetzt erstmal mit kleinen Tagesausflügen in die nähere Umgebung Erfahrungen sammeln. Ins Training kommen.
Es muss für beide Seiten passen
Dabei werden die beiden unterstützt von Martina Steinfurth. Sie koordiniert nicht nur die Arbeit des 60-köpfigen, ehrenamtlichen ambulanten Hospizteams und sorgt für Aus- und Weiterbildung, sondern achtet auch darauf, dass es Betreuten und Betreuenden miteinander gut geht. "Es muss für beide Seiten passen", bestätigen auch Sindy und Doreen. "Man kann nicht mit jedem über alles reden." Bei den Beiden hat es von Anfang an gepasst. Steinfurth hält mit beiden Seiten Kontakt und wirkt im Hintergrund. Die Ausflugspläne von Sindy und Doreen findet sie gut. Sie wird sich jetzt darum kümmern, die organisatorischen Dinge rings um die geplante Reise zu regeln.
Die Konfrontation mit dem Tod
Martina Steinfurth fühlt sich privilegiert, diese Arbeit machen zu können. "Ich hab als 14-Jährige in einer Pflegeeinrichtung miterlebt, dass Menschen zum Sterben ins Badezimmer geschoben wurden. Ich kann jetzt aktiv etwas dafür tun, dass Menschen nicht mehr alleine sterben müssen." Und die Ideen gehen ihr und ihrem Team nicht aus. Seit einigen Jahren organisieren sie die sogenannten Letzte-Hilfe-Kurse. "Es geht schlicht darum, dass die Menschen wieder lernen, sich einander zuzuwenden und so Sterbenden und Trauernden eine echte Hilfe sein zu können." Das Konzept eines Letzte-Hilfe-Kurses wurde von Georg Bollig erstmals 2008 im Rahmen seiner Master-Thesis zum Master of Advanced Studies (MAS) in Palliative Care beschrieben. Seit 2015 gibt es solche Kurse in Deutschland. "Die sind gut besucht. Einige Menschen möchten sich auf das unvermeidbare vorbereiten. Aus diesem Kreis gibt es dann auch immer Leute, die mehr wissen wollen und sich bei uns dann in der ambulanten Hospizarbeit engagieren."