Holocaust-Gedenktag: Künstlerin schenkt Neubrandenburg Stele
Anlässlich des Holocaust-Gedenktages hat die Künstlerin Christa Jeitner der Stadt Neubrandenburg ihre Stele "Überlebensmut" geschenkt - gewidmet ist sie den bis 1945 inhaftierten Frauen des ehemaligen Ravensbrücker KZ-Außenlagers "Waldbau" bei Neubrandenburg.
Der fast zwei Meter große Stahlgitterturm wirkt kalt und dunkel. Er scheint im Boden zu versinken. Die Stele hat Christa Jeitner im vergangenen Jahr geschaffen. "Es ist ganz wichtig, ein materialisiertes Gedenken zu haben", findet die 88-jährige Künstlerin. Sie hat besondere Gegenstände in das Werk eingearbeitet: "Zum Beispiel Essgeschirr. Das war überlebenswichtig. Die Frauen haben es am Gürtel getragen, damit es möglichst nicht abhandenkommt. Oder ein Rosenkranz - die Frömmigkeit war eine Möglichkeit zu überleben, wer die hatte. Ein Kamm gegen die Läuse im Lager. Stacheldraht, aber er ist gebrochen. Und am Boden der Stele liegt ein Stück Beton. Es ist so glatt und so perfekt gearbeitet, wie nur in der Nazizeit gearbeitet wurde."
Familienmitglied prägt Jeitners Schaffen
Christa Jeitner wurde 1935 in Berlin geboren, lebt heute in Brandenburg. Sie setzt sich seit den 60er-Jahren künstlerisch mit Themen wie Krieg oder dem Holocaust auseinander. Ihr Onkel war Jude, lebte in einer sogenannten "privilegierten Ehe" und starb kurz nach Kriegsende an den Folgen einer Krankheit: "Der Eindruck meines Onkels hat mich zutiefst geprägt. Ich würde es sogar als Vermächtnis bezeichnen. Deswegen gehen mir diese Themen so nahe."
Jeitner beschäftigt sich seit 2020 mit dem Thema "Waldbau"
Die Verbindung zum ehemaligen Ravensbrücker KZ-Außenlager "Waldbau" kam 2020. Eine befreundete Kollegin hatte sie auf die Idee gebracht, die Gedenkstätte zu besuchen. Sie befindet sich im Nemerower Holz - einem Waldstück bei Neubrandenburg zwischen der Bundesstraße 96 und dem Tollensesee. Tausende Frauen mussten damals im Lager Bauteile für die Flügelbombe "V1" produzieren. Für Christa Jeitner ist es ein Ort, der nichts von seinem Schrecken verloren hat: "Diese seltsamen, in den Wald eingepassten Gebilde der Baracken. Man muss sich vorstellen, dass die Frauen darin noch abgeschottet waren, dass sie das alles mit ihren Händen ausgegraben haben und darin arbeiten mussten - unter prekären Verhältnissen, ohne Tageslicht." Die 88-jährige Künstlerin habe einen Hang zur Identifikation und versuche sich in die Lage der Frauen damals hineinzuversetzen: "Und ich merke, dass ich da gar nicht rankomme. So schlimm ist es."
Kunstsammlung Neubrandenburg stellte Jeitners Werke aus
Elke Pretzel hat die Kunstwerke der 88-Jährigen nach Neubrandenburg geholt. Sie arbeitet in der Kunstsammlung der Stadt und ist durch zwei Ausstellungen auf das Schaffen von Christa Jeitner aufmerksam geworden: "Ich war so ergriffen, wie sie schwierige Themen umsetzt. Da war klar, dass wir sie hier in Neubrandenburg zeigen müssen. Auch weil es sehr wichtig ist in dieser heutigen Zeit an schwierige Themen ganz sensibel zu erinnern. Der Fokus bei Christa Jeitner liegt auf Humanismus, auf Menschlichkeit und das ist ganz wichtig. Kunst ist nicht nur schön kurz, muss auch tief ins Herz gehen und etwas bewegen", betont Elke Pretzel.
Stele soll zu besonderen Anlässen gezeigt werden
Für knapp drei Monate waren die Arbeiten der 88-Jährigen in Neubrandenburg unter dem Titel "Täglich sich erinnern" zu sehen. Auch die Stele "Überlebensmut", die die Künstlerin extra für die Ausstellung angefertigt hat. In der Kunstsammlung hat Christa Jeitner die Stele an Neubrandenburgs Oberbürgermeister Silvio Witt übergeben. Die Arbeit soll dann in den Bestand der Kunstsammlung aufgenommen und zu besonderen Anlässen - wie dem Holocaust-Gedenktag - öffentlich zugänglich gemacht werden.