Herzinfarkt und Kostendruck: Risiken der Krankenhaus-Privatisierung

Stand: 02.05.2024 10:15 Uhr

Mehr als die Hälfte der Krankenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern gehört inzwischen privaten Unternehmen. Das hat vor allem Folgen für die Angestellten - auch für Patienten? Das Thema im Podcast "MV im Fokus - Darüber spricht Mecklenburg-Vorpommern".

von Mike-Oliver Woyth

Es war die damals größte Krankenhaus-Privatisierung in Deutschland: 2004 hat die Stadt Schwerin ihr Krankenhaus an den Helios Konzern verkauft. 65 Millionen Euro hat sie damit eingenommen. Bitter nötiges Geld, denn die Stadt belastete ein Schuldenberg von 150 Millionen Euro. Eine Übernahme, die exemplarisch für die Geschichte vieler Krankenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern steht. Viele klammen Kommunen verkauften ihre Kliniken.

Mehr als 20 Millionen Euro Gewinn pro Jahr

Die Folgen für die Stadtfinanzen in Schwerin waren positiv und für Helios lohnte sich der Kauf auch. Das Unternehmen konnte die Kliniken in die tiefschwarzen Zahlen bringen. Mehr als 20 Millionen Euro Gewinn bringen die Helios Kliniken der Stadt Schwerin inzwischen jedes Jahr ein. Eine Erfolgsgeschichte für das Unternehmen. "Wir sind geradlinig, hemdsärmelig, treffen Entscheidungen schneller", sagt Franzel Simon, Aufsichtsratsvorsitzender der Helios Kliniken Schleswig und Schwerin.

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Gewerkschaft kritisiert Privatisierung

Doch es gab auch Kritik. Zum Beispiel von Daniel Taprogge, Bezirksgeschäftsführer von ver.di Schwerin. Für ihn haben sich "alle Befürchtungen erfüllt", die er vor der Übernahme hatte. Einige Bereiche seien ausgegliedert worden, darunter zum Beispiel die Küche und die Reinigung. Für die Angestellten der Subunternehmen hätte dann der Tarifvertrag nicht mehr gegolten. Übernimmt ein privater Träger eine Klinik, wird laut Verdi alles auf Effizienz getrimmt. Vor allem in der Verwaltung bedeute das oft Personalabbau.

Gewinnmaximierung im Krankenhaus

Und was sind die Folgen für die Patienten? Bei einem Vergleich verschiedener Trägerschaften zeigt sich: Erstmal spielt es keine Rolle, ob ein Krankenhaus in privater oder öffentlicher Hand ist. Die Versorgung ist grundsätzlich gleich. Doch bei einem Unternehmen, das nach Gewinnmaximierung strebt, können die Kosten schon mal eine größere Rolle spielen. Jens Placke, Präsident der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern nennt dafür ein Beispiel: Ein Patient soll einen Herzschrittmacher eingesetzt bekommen. Dafür zahle die Krankenkasse einen bestimmten Satz, unabhängig davon, welcher Herzschrittmacher eingesetzt wird. Wenn der Arzt ein teures Modell für sinnvoll hält, müsse er das gegenüber dem Verwaltungsdirektor durchsetzen.

Patienten sollen Zweitmeinung einholen

Das Streben nach Gewinn kann laut Placke auch noch einen anderen Effekt haben. Operationen würden Krankenhäusern das meiste Geld bringen. Deshalb gebe es die Gefahr der nicht unbedingt notwendigen OPs. Auch wenn für die Ärzte sicherlich das Patientenwohl an erster Stelle stehe, spiele in einem Wirtschaftsunternehmen die finanzielle Seite möglicherweise eine größere Rolle als bei einem kommunalen Träger.

Rekommunalisierung in Ludwigslust-Parchim

Doch es gibt auch den umgekehrten Weg: Krankenhäuser, die privat waren und von der öffentlichen Hand übernommen werden, die sogenannte Rekommunalisierung. Das hat gerade der Landkreis Ludwigslust-Parchim gemacht. Wie es dazu kam, wird im Podcast "MV im Fokus - Darüber spricht Mecklenburg-Vorpommern" näher betrachtet.

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Nordmagazin | 02.05.2024 | 19:30 Uhr

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