Drese zu Selbstbestimmungsgesetz: Geht um Respekt und Anerkennung
Am Freitag trat das neue Selbstbestimmungsgesetz in Kraft. Damit fallen viele Hürden für die Änderung des eigenen Geschlechtseintrags und Vornamen weg. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bereits mehr als 300 Anträge auf Änderung.
Zum Inkrafttreten des neuen Selbstbestimmungsgesetzes am Freitag mahnte Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Stefan Drese (SPD) zu einer Versachlichung der Diskussion. "Wir alle wünschen uns Respekt und Anerkennung. Genau darum geht es beim Selbstbestimmungsgesetz. Niemanden wird etwas weggenommen, aber das Gesetz bedeutet für trans- und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Personen mehr Freiheit und Gleichberechtigung", so Drese gegenüber der Deutschen Presseagentur. Die Neuregelung setze ein starkes Zeichen für Toleranz, Vielfalt und Akzeptanz in der Gesellschaft.
Verfahren wird deutlich vereinfacht
Das Selbstbestimmungsgesetz regelt, dass man seinen Geschlechtseintrag und Vornamen per Erklärung im Personenstandsregister ändern lassen kann. Anders als bislang sind dabei keine Gutachten, ärztlichen Bescheinigungen oder richterlichen Beschlüsse mehr nötig. Die Erleichterungen betreffen vor allem Menschen, die sich als transgeschlechtlich, intergeschlechtlich oder nicht-binär definieren. Das heißt, dass sie sich nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren, seit Geburt keine eindeutigen Geschlechtsmerkmale haben oder sich gar keinem biologischen Geschlecht zuordnen.
Bei Unstimmigkeiten: Familiengericht legt Maßstab des Kindeswohls an
Minderjährige können ab 14 die Änderungserklärung selbst abgeben, aber nur mit Zustimmung der Eltern oder Sorgeberechtigten. Wenn die nicht zustimmen sollten, können Minderjährige ab 14 mit ihrem Anliegen zum Familiengericht. Dieses legt den Maßstab des Kindeswohls an, hinterfragt also, was für die Person besser wäre, worunter sie mehr oder weniger leiden würde. Folgt das Familiengericht dem Wunsch eines oder einer Minderjährigen ab 14, kann es die Eltern oder Sorgeberechtigten überstimmen.
Standesämter im Land registrieren hunderte Anmeldungen
Bereits seit dem 1. August konnten Interessierte eine gewünschte Änderung ihres Eintrags im Pass anmelden. Laut Deutscher Presseagentur lagen in den Standesämtern der sechs größten Städte Mecklenburg-Vorpommerns mehr als 300 Anträge auf eine Änderung des Geschlechtseintrags vor. Neben dem Wechsel von männlich auf weiblich beziehungsweise umgekehrt oder hin zu divers ist auch die Streichung möglich. Für die eigentliche Erklärung ist eine persönliche Vorsprache erforderlich. Das geht frühestens drei Monate nach der Anmeldung, also jetzt erstmalig am 1. November.
Die meisten Anträge gibt es in Rostock
In Rostock, der größten Stadt des Landes, haben bislang mehr als 130 Menschen eine entsprechende Anmeldung abgegeben. Auch Anträge von Minderjährigen lägen vor. In der Landeshauptstadt Schwerin wurden bis Mitte Oktober 40 Anmeldungen registriert. Die meisten davon, nämlich 18, zielen auf eine Änderung von männlich zu weiblich. In Neubrandenburg lagen zuletzt 26 Anmeldungen vor, in Greifswald waren es rund 50, in Stralsund 20 und in Wismar 21.
Neues Gesetz löst Regelung von 1980 ab
Zuvor regelte das sogenannte Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1980 die Möglichkeit für die Änderung von Geschlechtseinträgen. Es stand lange in der Kritik, weil das Geschlecht erst nach psychologischen Gutachten und gerichtlichen Entscheidungen offiziell geändert werden durfte - ein für viele einschüchterndes, langwieriges und kostspieliges Verfahren, das seit dem 1. November der Vergangenheit angehört.