Demokratiebahnhof Anklam: Schlüsselübergabe gescheitert
In Anklam sollte der Demokratiebahnhof dicht gemacht werden. Zur Schlüsselübergabe an die städtische Wohnungsgesellschaft ist es am Donnerstag allerdings nicht gekommen.
Wegen erheblicher Mängel am Gebäude sollte am Donnerstag der Jugendtreffpunkt "Demokratiebahnhof" im alten Anklamer Bahnhof geschlossen werden. Der Trägerverein hat allerdings Widerspruch gegen die Kündigung eingelegt, aus der für den Nachmittag vorgesehenen Schlüsselübergabe an die städtische Wohnungsgesellschaft wurde nichts. Deren Vertreter zogen unverrichteter Dinge wieder ab und wollen nach eigenen Angaben dem Landkreis die Entscheidung überlassen. In der kommenden Woche wollen die Beteiligten erneut miteinander sprechen und nach einer Lösung suchen, heißt es. So lange will der Verein weitermachen, auch am Donnerstag spielten Jugendliche im Demiokratiebahnhof Kicker und hörten Musik.
4,5 Millionen Euro Sanierungsbedarf
Grund für die angeordnete Schließung sind erhebliche Mängel an und im Gebäude, unter anderem an der Elektroanlage und beim Brandschutz. Die Kosten für eine Sanierung werden auf 4,5 Millionen Euro geschätzt. Unterdessen hat sich das Land in die Debatte eingeschaltet, konkrete Pläne gibt es aber bislang nicht. Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) sagte, "es wäre gerade in der jetzigen Zeit ein absolut falsches Signal, wenn eine Einrichtung wie der Demokratiebahnhof seine Arbeit beenden müsste".
Keine konkrete Lösung
Drese erklärte, es handele sich zwar um ein kommunales Projekt, die Landesregierung beteilige sich aber an der Suche nach Übergangslösungen. Die Staatskanzlei will nach eigenen Angaben Fördergelder in Aussicht stellen. Der Staatssekretär für Vorpommern und das östliche Mecklenburg, Heiko Miraß (SPD), bestätigte Gespräche mit der Stadt Anklam. Die Stadt ermittelt in Abstimmung mit dem Landkreis, "ob und mit welchem baulichen Aufwand eine Instandsetzung und weitere Nutzung möglich wäre". Einigermaßen vage formulierte Miraß: "Für den Fall, dass eine solche Lösung denkbar ist, wird eine Unterstützung aus dem Fonds für Vorpommern und das östliche Mecklenburg geprüft."
Viele prominente Besucher
Den Demokratiebahnhof gibt es in Anklam seit knapp zehn Jahren. Dort entscheiden die Jugendlichen selbst über das Angebot, das mehrmals ausgezeichnet wurde. Und das Konzept zog selbst Prominenz in den alten Bahnhof - 2016 besuchten Marteria und Campino von den Toten Hosen den Verein, gaben ein Konzert. Ein Jahr später schaute der damalige Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) vorbei. Weitere Politiker lobten die Einrichtung bei medienwirksamen Besuchen - darunter Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).
"Das Gegengewicht würde fehlen"
Christian Ulbricht vom Regionalzentrum für demokratische Kultur Vorpommern-Greifswald hofft, dass es mit dem Demokratiebahnhof weitergeht. "Wir haben natürlich die Befürchtung, dass antidemokratische Kräfte dann noch dominanter auftreten, nicht unbedingt weil sie stark werden, sondern weil das Gegengewicht einfach fehlt", sagte er im Vorfeld der Schließung bei NDR MV live.