Bürgerrat von Malchin - Vorbild für eine bessere Demokratie?
19 zufällig ausgewählte Bürger Malchins setzten sich zusammen, um dem Stadtparlament Vorschläge für eine bessere Energieversorgung zu unterbreiten. Die Mitglieder dieses Bürgerrats bewerten die Zusammenarbeit - wie auch der Bürgermeister - positiv.
Der Rostocker Soziologe Steffen Mau hat gerade ein Buch über die Unterschiede zwischen den Deutschen in Ost und West geschrieben. Es geht darin um Einkommens- und Vermögensunterschiede, um das Vertrauen in staatliche Institutionen, aber auch um die Unzufriedenheit vieler Ostdeutscher, die sich auch in den jüngsten Wahlergebnissen spiegelt. Mau hat sich laut eigener Aussage stark mit der Frage beschäftigt, wie sich die Demokratie im Osten beleben lässt. Er spricht von positiven Erfahrungen, wie zum Beispiel dem Runden Tisch im Herbst 1989 und schlägt auch vor, stärker auf sogenannte "Bürgerräte" zu setzen.
Bürgermeister war zunächst skeptisch
Es geht ihm um eine stärkere Beteiligung der Bevölkerung abseits von Parteien und Parlamenten. Der Bürgerrat der Kleinstadt Malchin (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) war ganz in diesem Sinne das erste Beratungsgremium seiner Art in Mecklenburg-Vorpommern. Ende vergangenen Jahres entstanden, versuchten Bürgerinnen und Bürger dem Stadtparlament Vorschläge zu unterbreiten, wie sich der Alltag in Sachen Energie für die Einwohner Malchins verbessern ließe. Ende April legte der Bürgerrat dem Stadtoberhaupt Empfehlungen dafür vor. Bis heute wird das Projekt von allein Beteiligten positiv bewertet. Bürgermeister Axel Müller (CDU): "Anfangs war ich ziemlich skeptisch, ob das wirklich was bringt. Am Ende war ich doch positiv überrascht über das Interesse der Mitglieder des Bürgerrates und auch über das Ergebnis."
Professionelle Begleitung äußerst hilfreich
Marcus Koellmann ist einer der 19 ausgewählten Mitglieder des Bürgerrates von Malchin und auch er begann seine Arbeit in dem Gremium zunächst zurückhaltend. "Am Anfang hatten wir natürlich gar keine Ahnung, wie zielführend das sein wird, weil wir keine Ahnung vom Konstrukt Bürgerrat hatten. Wir hatten das große Glück, das das Ganze extrem professionell begleitet wurde. Mit Fachvorträgen, mit professionellen Moderatoren. Das hat extrem dabei geholfen, das Ganze zu einem guten Ergebnis zu bringen."
Bürgermeister nennt Austausch "konstruktiv"
Am Ende empfiehlt der Bürgerrat die Analyse aller Potentiale für eine kommunale Wärmeversorgung. Das soll technologieoffen geschehen und alle Ortsteile umfassen. Die Vor- und Nachteile für die Natur und Auswirkungen auf den Tourismus will der Bürgerrat dabei unbedingt beachtet wissen. Biomasse, Photovoltaik und Geothermie sollen künftig genutzt werden. Bei Windenergie macht sich Skepsis breit. Bürgermeister Müller bewertet das Ergebnis der Gespräche mit dem Bürgerrat heute als konstruktiv und am Ende nützlich für Malchin. Aber er sagt auch: "Was im Moment ein bisschen ungünstig ist, ist dass wir aufgrund der Kommunalwahlen eine längere Sitzungspause haben. Wir werden uns erst wieder im Herbst mit der Thematik beschäftigen."
Rückenwind für den Vorschlag des Soziologen
Ungeachtet dessen, hatte die Arbeit im Bürgerrat für den 33-jährigen Marcus Koellmann aber einen wichtigen Nebeneffekt: "Dadurch ist, glaube ich, nicht nur bei mir das Interesse an der demokratischen Arbeit wieder ein bisschen aufgeflammt. Das bleibt, glaube ich, bei allen hängen davon." Der Rostocker Soziologe und Buchautor Steffen Mau erhält für seinem Vorschlag aus Malchin also durchaus Rückenwind. Und Koellmann? Er wird, wie alle anderen Mitglieder des Bürgerrates von Malchin, nun abwarten müssen, wie die Energieversorgung in seiner Heimat künftig organisiert wird.