Agrardiesel-Subvention fällt: Bauern aus MV auf Demo in Berlin

Stand: 18.12.2023 20:34 Uhr

Die Bundesregierung will Subventionen für die Landwirtschaft streichen. Aus Mecklenburg-Vorpommern protestierten mehr als 400 Landwirte in Berlin gegen die Sparbeschlüsse.

Die Bundesregierung will zur Konsolidierung ihres Haushalts Subventionen für die Landwirtschaft streichen. Unter anderem sollen die Steuerentlastungen beim Agrardiesel wegfallen. Das stößt bundesweit auf massive Kritik aus der Landwirtschaft: der Deutsche Bauernverband (DBV) hält die Maßnahme für kurzsichtig - die Folgen wären, dass Lebensmittelpreise steigen, dass Bauern aufgeben und Deutschland noch mehr Lebensmittel importieren müsste. Rund 400 Landwirte aus Mecklenburg-Vorpommern nahmen an einem zentralen Protest in Berlin teil. Ein Großteil war mit vier Bussen angereist. Der Landesbauernverband zählte in Berlin rund 100 Traktoren aus dem Nordosten.

Pfiffe für Minister Özdemir

Bundeslandwirtschaftminister Cem Özdemir (Grüne) wurde von den demonstrierenden Landwirten mit Pfiffen und Buh-Rufen empfangen. Özdemir sagte, er könne die Wut der Bauern verstehen. Er halte nichts von den Streichungen der Agrar-Diesel-Subventionen. Er wolle sich für eine Rücknahme der Pläne einsetzen, so Özdemir.

Proteste verständlich

Der Neubrandenburger Experte für Unternehmensführung, Professor Rainer Langosch, bezeichnete bei NDR MV Live die Proteste der Landwirte als verständlich. "Mit einer relativ kurzen Maßnahme, die erkennbar nicht einer längerfristigen Strategie folgt, sondern die letztendlich aus Haushaltszwängen herrührt, wird eine Gruppe besonders betroffen." Die Möglichkeiten darauf unternehmerisch zu reagieren, seien äußerst eingeschränkt, so Langosch.

Backhaus: "Einseitige Belastung der Landwirtschaft"

Bislang können Landwirte den Kraftstoff für ihre Traktoren oder Mähdrescher am Ende des Jahres bei der Steuer geltend machen. Das soll jetzt wegfallen. Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) hält die geplante Streichung der Beihilfen für Agrardiesel für einen Fehler. Zudem soll die Vergünstigung auf die Kraftfahrzeugsteuer für die Forst- und Landwirtschaft gestrichen werden. Die Kfz-Steuer sei aber für den Erhalt von Straßen eingeführt worden - Traktoren und Mähdrescher bewegten sich jedoch vorwiegend auf Feldern. Backhaus spricht hier von Mehrkosten in Höhe von 56 Euro pro Hektar. Im Interview auf NDR Info kritisierte er die Pläne als "einseitige Belastung der Landwirtschaft".

DBV fordert Rücknahme der geplanten Kürzungen

Der Präsident des DBV, Joachim Rukwied, forderte die Ampel-Koalition auf, die geplanten Streichungen zurückzuziehen. Ansonsten habe die Landwirtschaft keine Zukunft. "Wenn diese Pläne nicht zurückgenommen werden, wird es heftigen Widerstand geben", drohte Rukwied. In einer Mitteilung des Verbandes heißt es: "Alle Landwirtinnen und Landwirte, alle Berufsvertretungen sowie die gesamte Agrarwirtschaft" seien aufgerufen, sich zu beteiligen.

Die Streichungen sind Teil der Haushaltskonsolidierung der Bundesregierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Abschaffung der Vergünstigung auf die Kraftfahrzeugsteuer für die Forst- und Landwirtschaft soll nach Angaben aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums 480 Millionen Euro jährlich einbringen. Zum Einsparpotenzial der Abschaffung der Steuerbegünstigungen beim Agrardiesel gibt es noch keine näheren Angaben. Rukwied wandte sich in einem Video-Aufruf an die Bäuerinnen und Bauern. Er sprach von "einer Milliarde" Euro Einbußen für die Landwirte und nannte dies inakzeptabel.

Weitere Informationen
Auf einer Demonstration des Deutschen Bauernverbandes vor dem Brandenburger Tor hält jemand ein Schild mit der Aufschrift "Finger weg vom Agrardiesel" hoch. © picture alliance/dpa Foto: Fabian Somme

Treckerdemo: Wütende Bauern protestieren gegen Kürzungen

"Eine Kampfansage": Viele Landwirte aus dem Norden haben am Montag in Berlin gegen die geplanten Sparmaßnahmen der Ampel-Koalition protestiert. mehr

Leonie Thoms, Leiterin der Agrarvereinigung Toddin, an ihrem Arbeitsplatz. Sie lächelt in die Kamera, vor ihr auf dem Schreibtisch liegt ein aufgeschlagener Ordner mit einer Karte darin, daneben steht ein PC-Bildschirm. © NDR Foto: Franziska Drewes

Tradition bremst: Frauen in der Agrarwelt noch immer benachteiligt

Einer Studie zufolge kämpfen Frauen in der Landwirtschaft mit vielen Hindernissen. Leonie Thoms trotzt diesen Schwierigkeiten. Sie leitet seit acht Jahren die Agrarvereinigung Toddin. mehr

Geerntete Zuckerrüben liegen auf einem Haufen. © dpa-Bildfunk Foto: Philipp Schulze

Halbzeit in der Zuckerrübenernte: Wetter sorgt für Probleme

Es fehlt an Nachschub für den Transport - wegen der großen Regenmengen seien viele Felder aktuell kaum befahrbar. mehr

Besucher auf dem Gelände der Landwirtschaftsmesse MeLa in Mühlengeez. © Screenshot

MeLa: Zukunft der Landwirtschaft Thema beim Landesbauerntag

Politiker aus Brüssel, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern diskutierten auf dem Podium miteinander. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 18.12.2023 | 08:00 Uhr

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Experten des Deutschen Meeresmuseums untersuchen eine Kegelrobbe. © dpa Foto: Stefan Sauer

Backhaus reagiert nach Robbensterben: Neue Reusen-Regel für Ostsee

Die Ursache für den Tod von 44 Tieren ist noch nicht abschließend geklärt. Umweltminister Backhaus zieht dennoch eine Konsequenz für den Fischfang. mehr

Die Applikation App WhatsApp ist auf dem Display eines Smartphones zu sehen. © picture alliance/dpa Foto: Silas Stein

Im Handy abonnieren: Die NDR MV Nachrichten bei Whatsapp

Im NDR MV Whatsapp-Kanal gibts die wichtigsten Themen für Mecklenburg-Vorpommern kompakt und schnell zusammengefasst. extern

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?