Ab Februar nur noch ein Fischer-Azubi in MV
Seit 1949 wurden mehr als 2.600 Fischer an der Berufsschule in Sassnitz ausgebildet. Ab Februar wird dort nur noch ein junger Mann den Beruf des Fischwirtes in der Fachrichtung Küsten- und Kleine Hochseefischerei erlernen. Mit der Krise der Fischerei traut sich kaum noch jemand zu, in diesem Beruf Fuß zu fassen.
Netz-Kunde im Regionalen Beruflichen Bildungszentrum (RBB) in Sassnitz (Landkreis Vorpommern-Rügen): Ausbilder Matthias Orth fordert Fischerei-Azubi Nils Krüger auf, ein Stellnetz zu flicken. Der 19-Jährige legt Ende Januar seine Prüfungen als Fischwirt ab - und soll noch einmal zeigen, was er kann. Danach will er im heimischen Familienbetrieb auf Usedom anfangen und die Tradition in siebter Generation fortsetzen. Wo er sich künftig sieht? "Natürlich auf dem Wasser, auf meinem Fischereiboot. Dass man dann natürlich Fisch fangen kann, nachhaltig fischt", sagt der 19-Jährige, während er die Netznadel durch die Masche fädelt.
Im Jahr 2020 noch acht Auszubildende
Wenn Nils Krüger die Ausbildung beendet hat, lernt nur noch ein Azubi am RBB in Sassnitz, der einzigen Ausbildungsstätte für Küsten- und Hochseefischer in Mecklenburg-Vorpommern. Mit der Krise der Fischerei ging die Zahl der Auszubildenden zurück. Fangquoten sind seit Jahren auf niedrigem Niveau, weil die Fischbestände schrumpfen. Für die Schleppnetzfischerei in der westlichen Ostsee gilt ein Heringfangverbot. Auch beim Dorsch - neben dem Hering die zweite Hauptfischart - sieht es nicht besser aus. Die gezielte Fischerei auf diesen Bestand ist verboten. Mit der Fischerei in der westlichen Ostsee lässt sich kaum noch Geld verdienen. Zu DDR-Zeiten gab es in Sassnitz zwei, drei Parallelklassen. Vor fünf Jahren lernten nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums in Schwerin noch acht Menschen den Beruf.
Ausbilder Eckardt Büttner: "Es sieht nicht gut aus"
Ausbilder Eckardt Büttner bangt angesichts der Krise in der Fischerei um den Ausbildungsgang, wenn ab Februar nur noch ein Azubi den Beruf des Fischers lernt. "Es sieht nicht gut aus, weil wir so wenig Schüler haben. Und ich glaube nicht, dass das Ministerium für einen Schüler das noch weiter macht", sagt Büttner. Er hat selbst hier gelernt, lange als Fischer auf dem eigenen Kutter gearbeitet. 2013 gab er den Fischerberuf wegen der niedrigen Fangquoten auf.
Land hält an Ausbildungsgang fest
Das Land finanziert die Lehrerstellen - und stellt klar: Der Ausbildungsgang in einer untermäßigen Landesfachklasse soll erhalten bleiben. Dies sei Konsens im Landesausschuss für Berufsbildung, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium. Es sei ein generelles Anliegen der Landesregierung, die Berufsausbildung im Land zu halten - auch wenn sich die Zahlen wenig optimistisch entwickeln.
Für die Beschulung dieser Auszubildenden werden nach Angaben des Bildungsministeriums zwölf Lehrerwochenstunden vorgehalten. Das entspricht 44 Prozent einer Lehrerstelle. Ausbilder Orth unterrichtet auch in anderen Klassen im Gastronomiebereich.
Landrat Stefan Kerth: "Wir brauchen die Ausbildung"
Der Landkreis Vorpommern-Rügen ist Schulträger, finanziert die Ausstattung und übernimmt die Sachkosten. Es wäre fatal, den Ausbildungsgang aufzugeben, so Landrat Stefan Kerth (parteilos). Mit einer Schließung der Klasse gehe Wissen und Erfahrung verloren. "Wie will man das denn weitergeben, wenn man jetzt einen starken Cut macht. Also ganz klar: Das können wir uns nicht leisten. Wir brauchen die Ausbildung", so Kerth.
Fischbestände müssen sich erholen
Nils Krüger sieht trotz der schwierigen Umstände eine Zukunft in dem Beruf. Der Familienbetrieb lebt nicht nur vom Fang, sondern auch von der Veredlung und der Verarbeitung der Fische. Er hofft, dass sich die Fischbestände erholen - als Voraussetzung, dass dann auch die Fangquoten wieder steigen. Und damit auch andere wieder den Mut haben, in Sassnitz den Beruf zu erlernen.