Airbus - Europas Traum vom Fliegen
Es ist eine europäische Erfolgsgeschichte sondergleichen: Aus einer losen Allianz deutscher und französischer Luftfahrtfirmen hat sich das Unternehmen Airbus zum zweitgrößten Flugzeughersteller der Welt entwickelt, mit Tausenden Arbeitsplätzen auch in Norddeutschland. Allein der US-Konkurrent Boeing ist noch größer. Mittlerweile haben die Europäer den Rivalen sogar schon manches Mal bei den Auslieferungs-Zahlen überflügelt. Die Verkündung der neuesten Bestellzahlen hat mittlerweile Wettbewerbscharakter: Wessen Auftragsbücher sind praller gefüllt?
Am Anfang steht die US-Übermacht
Dass sich Airbus eines Tages regelmäßige Kopf-an-Kopf-Rennen mit Boeing liefern würde, hätte 1970 wohl kaum jemand zu hoffen gewagt. In Airbus' offiziellem Gründungsjahr scheint der Luftgigant aus den USA noch übermächtig. Boeing besitzt einen Marktanteil von mehr als 60 Prozent, zudem beanspruchen die Flugzeugbauer Lockheed und McDonnell Douglas einen großen Teil des Marktes für sich. Vor diesem Hintergrund startet im Oktober 1972 der erste Airbus zum Jungfernflug: Die Maschine mit dem Namen A300 hat zwei Triebwerke und Platz für 226 Passagiere.
Was zäh beginnt, läuft schließlich gut
Ein Durchstarter ist das Premieren-Flugzeug nicht gerade. Bis 1977 verkauft Airbus 33 Maschinen. Wegen einer Ölkrise und gleichzeitiger Flaute auf dem Reisemarkt kaufen die Fluggesellschaften nur bescheiden ein - und wenn, dann lieber Boeing-Maschinen wie den Jumbo 747. Doch Ende der 1970er-Jahre bekommt der Euro-Vogel Auftrieb. Der A300 entpuppt sich als wirtschaftlich und zuverlässig, zudem ist er dank kräftiger EU-Subventionen günstiger als mancher Konkurrent. 1978 verbucht das deutsch-französische Konsortium - inzwischen mit spanischer und britischer Unterstützung - immerhin schon 180 Bestellungen.
Airbus beginnt Maßstäbe zu setzen
Von jetzt an mischen die Europäer kräftig mit im Flugzeuggeschäft. In den 1980er- und 90er-Jahren baut Airbus seine Produktpalette aus. Es entstehen der Airbus A310, die A320-Familie und die Modellreihe A330/A340.
Vor allem technologisch setzen die europäischen Flugzeugbauer jetzt Maßstäbe: Der A320 ist das erste Flugzeug mit "Fly by Wire"-System an Bord. Die bisherige mechanische Fluglenkung wird ersetzt durch computergesteuerte Technik und Hydraulik, die per Steuerhorn bedient wird. Was zu diesem Zeitpunkt revolutionär ist, gehört heute zum Standard im Flugzeugbau.
EADS heißt jetzt Airbus Group
Ab dem Jahr 2000 wandelt sich Airbus vom losen Industriekonsortium zum vollwertigen Unternehmen. Mit Ausnahme von British Aerospace schließen sich alle Teilnehmer der Allianz zum europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS zusammen. Airbus wird in die eigenständige Gesellschaft Airbus S.A.S umgewandelt, die anfangs zu 80 Prozent EADS gehört und zu 20 Prozent BAE Systems. 2006 kauft EADS die restlichen Anteile des Konzerns mit Hauptsitz in Toulouse und ist seither alleiniger Airbus-Eigentümer.
A380 - ein Kreuzfahrtschiff der Lüfte
Nur ein Jahr später versuchen die Europäer den ganz großen Wurf: Sie bringen den A380 auf den Markt. Seit Auslieferung der ersten Maschine im Oktober 2007 an Singapore Airlines ist der A380 das größte zivile Verkehrsflugzeug, das je in Serie produziert wurde. Laut Listenpreis kostet der Riesenvogel fast 430 Millionen Dollar, er fliegt 950 Kilometer pro Stunde und kommt mit einer Tankfüllung rund 15.000 Kilometer weit.
Luftbusse aus Norddeutschland
Am A380 schrauben auch Tausende Airbus-Mitarbeiter in Norddeutschland: Die Seitenleitwerke kommen aus Stade, die Landeklappen aus Bremen. Die Rumpfschalen werden von Nordenham direkt nach Hamburg verschifft und dort zu kompletten Rumpfsektionen zusammengesetzt. Damit der Bau des Riesen-Flugzeugs in der Hansestadt erfolgen kann, erweitert Airbus sein Werk - sehr zum Ärger vieler Umweltschützer. Gegner der Werkserweiterung ziehen vor Gericht, weil für den Ausbau ein Teil der Elbe, das Mühlenberger Loch, mit Sand aufgefüllt beziehungsweise aufgespült werden muss. Die Prozesse ziehen sich über Jahre hin und durch verschiedene Instanzen. Am Ende bekommt Airbus Recht.
Für den Bauteiltransport per Schiff baut der Konzern für rund 16 Millionen Euro einen Kai in die Elbe. 155 Meter lange Schiffe können seither am Anleger in Hamburg-Finkenwerder festmachen, Bauteile liefern und fertige A380-Rümpfe zur Endmontage nach Toulouse verfrachten. Zur Endausstattung in Hamburg werden die Maschinen lackiert und die Sitze montiert. Im Juli 2008 wird das eigens für den A380 gebaute Auslieferungszentrum eröffnet.
Prestigeprojekt A380 mit Problemen
Doch das Prestigeprojekt A380 beschert dem Flugzeugbauer auch unruhige Zeiten. 12 bis 14 Milliarden Euro soll die Entwicklung des A380 verschlungen haben - und dann sorgen Produktions- und Auslieferungsschwierigkeiten für massive Probleme. Die Verzögerungen verursachen bei Airbus Kosten in Milliardenhöhe. Und auch nach der Auslieferung bleiben dem Unternehmen negative Schlagzeilen nicht erspart. Immer wieder müssen Maschinen überprüft werden, beispielsweise wegen Rissen an den Tragflächen.
- Teil 1: Am Anfang steht die US-Übermacht
- Teil 2: Norddeutsche Werke ausgegliedert