"Wir können in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig Autos produzieren"
Die Chefin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, hat sich im Interview bei NDR Info zur Krise bei Volkswagen geäußert. Sie forderte für die gesamte Branche bessere Standortbedingungen für die Produktion in Deutschland.
Die wirtschaftlich angespannte Situation von VW sei kein Einzelfall in der Automobilindustrie: "Wir haben eine schwächere Nachfrage. Wir sind immer noch mit den Zahlen vor dem Coronakrisen-Niveau und das zweite Thema ist: Die Autos von deutschen Herstellern sind zwar nach wie vor begehrt, allerdings sind die Produktionskosten im Inland sehr teuer", sagte Müller.
Politik bekämpfe nur Symptome, nicht die Ursachen
Man weise in Deutschland und Europa schon seit längerer Zeit darauf hin, dass die Politik bisher nur Symptome bekämpfe und keine Ursachen. Laut der VDA-Chefin sind die Energie- sowie Bürokratiekosten in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern enorm hoch. "Die Arbeitskosten sind natürlich auch sehr hoch wenn man das international vergleicht." Insgesamt könne man in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig Autos produzieren.
Müller betonte, dass die Branche die klimaneutrale Mobilität ermöglichen wolle. "Aber wir haben auch harte Ziele von der Politik bekommen. Insbesondere aus Brüssel. Das heißt, wir müssen die Produktionen jetzt auch umstellen. Es ist aber in der Tat richtig, dass die Verbraucher noch zögerlich sind. Das ist auch etwas anders als in China, wo viele das erste Auto kaufen mit einer gut ausgebauten Ladeinfrastruktur." In Deutschland und Europa sei die Umstellung eine Herausforderung. Deshalb sei es vor allem wichtig, dass in Deutschland die Ladeinfrastruktur ausgebaut und die Preise für das Laden von Elektroautos angepasst würden.
Müller: "Steueranreize wären ein wichtiger Schritt"
Insgesamt würden politische Entscheidungen, wie die Abschaffung der Prämie für E-Autos, den Markt natürlich auch mit beeinflussen. "Deshalb müssen wir jetzt Vertrauen wieder aufbauen, Verlässlichkeit aufbauen." Die Bundesregierung hatte vergangene Woche neue Steueranreize für E-Autos auf den Weg gebracht. Dies sei ein wichtiger Schritt, betonte Müller. "Aber insgesamt müssen wir uns jetzt ernsthaft mit diesen Standortfaktoren befassen. Wir sollten nicht so tun, als ob das ein hausgemachtes Problem eines Unternehmens ist, sondern die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas steht auf dem Spiel." Andere Länder würden nicht schlafen, sondern an diesen Faktoren arbeiten. Genau das, müsse man jetzt ebenfalls tun, so die VDA-Chefin.