Weltfrauentag: Landesparlamente sind immer noch männerdominiert
Frauen sind in allen Landesparlamenten Deutschlands unterrepräsentiert. In Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen ist der Frauenanteil vergleichsweise hoch.
Der Internationale Frauentag am 8. März war ursprünglich hauptsächlich dazu gedacht, um für das Frauenwahlrecht zu kämpfen. Das gibt es in Deutschland inzwischen seit mehr als 100 Jahren. Dennoch sind Frauen in der Politik nach wie vor unterrepräsentiert - auch in den Landesparlamenten.
Rund 44 Prozent der Abgeordneten in der Hamburgischen Bürgerschaft waren im vergangenen Jahr Frauen. Damit hat die Hansestadt den höchsten Frauenanteil in einem Landesparlament bundesweit. Das zeigen Zahlen des Gleichstellungsatlas des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Was zunächst nach viel klingt, zeigt auf den zweiten Blick umso deutlicher, dass in jedem deutschen Bundesland Männer die politische Bühne dominieren. Je nach Bundesland tun sie dies stärker oder schwächer.
Im Norden bildet Niedersachsen das Schlusslicht mit einem Frauenanteil von 34 Prozent im Parlament. Das Ungleichgewicht hatte im Anschluss an die Landtagswahl 2022 die damals scheidende Parlamentspräsidentin Gabriele Andretta (SPD) kritisiert und darauf hingewiesen, dass Appelle allein nicht reichen würden. Im selben Jahr forderten SPD und Grüne in Niedersachsen daher ein Paritätsgesetz für eine Frauenquote von 50 Prozent im Landtag - das es bis heute nicht gibt.
Warum gibt es weniger Frauen in der Politik als Männer?
"Die Hürden für Frauen sind noch viel zu hoch", sagt Anke Homann vom Landesfrauenrat in Schleswig-Holstein mit Blick insbesondere auch auf die Kommunalpolitik. Denn dort fehlen ebenfalls Frauen. Eine NDR Recherche im vergangenen Jahr ergab: In den Gemeindevertretungen in Schleswig-Holstein ist nur jedes vierte Mitglied eine Frau und in 45 der 1.079 Gemeindeparlamente sitzt keine einzige.
Dabei kann der Blick auf kommunalpolitische Themen wie die Öffnungszeiten der Kita, die Straßenbeleuchtung oder die Radwege in der Gemeinde für Frauen und Männer durchaus unterschiedlich sein. "Frauen machen die Hälfte unserer Gesellschaft aus - wenn sie nicht an politischen Entscheidungen beteiligt werden, fehlt eine entscheidende Perspektive", sagt Homann. "Es geht dabei nicht um besser oder schlechter. Es geht darum, dass eine gesellschaftliche Gruppe benachteiligt wird."
Betreuungsarbeit kollidiert mit Abendterminen
Einen Grund dafür, dass Frauen in der Politik fehlen, sieht Homann in der Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern: "Frauen sind in unserer Gesellschaft diejenigen, die die meiste Betreuungsarbeit von Kindern oder Angehörigen übernehmen und das lässt sich schwer mit Politik vereinbaren", so die Vorsitzende des Landesfrauenrats. So können zum Beispiel Abendtermine, wie es sie in der Politik häufig gibt, zum Problem werden.
Ein weiterer Grund, warum Frauen der Öffentlichkeit fernbleiben oder sich aus ihr zurückziehen, ist geschlechtsspezifische Gewalt. Einer Umfrage der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF) aus dem Jahr 2021 zufolge, sind 40 Prozent der befragten Politikerinnen schon einmal sexuell belästigt worden.
Angriffe auf Frauen und queere Menschen in der Politik
Aktuell berichtet die bundesweite Meldestelle Antifeminismus, dass kaum ein anderes gesellschaftspolitisches Feld derart massiv, aber gleichzeitig unbemerkt angegriffen werde, wie die Gleichstellungs-, Geschlechter- und Familienpolitik: "Wenn sich Frauen und queere Menschen aus Politik, Journalismus und Aktivismus wegen der Angriffe aus der Öffentlichkeit zurückziehen, müssen wir von einer handfesten Bedrohung für Demokratie und gesellschaftlicher Teilhabe sprechen", sagte Judith Rahner von der Amadeu Antonio Stiftung, eine Mitherausgeberin des Lagebildes Antifeminismus, der Nachrichtenagentur epd.
Gleichzeitig versuchen Desinformationskampagnen Frauen aus dem politischen Diskurs zu drängen. Die Initiative #ShePersisted hat zwischen 2018 und 2023 Interviews mit mehr als 100 Politikerinnen weltweit geführt und kommt zu dem Ergebnis, dass geschlechtsspezifische Desinformation und Gewalt im digitalen Raum ein massives Hindernis bei der politischen Teilhabe von Frauen sind. So werden Politikerinnen zum Beispiel gezielt als zu emotional für ein politisches Amt dargestellt oder sie erhalten Vergewaltigungsdrohungen - gegen sich selbst oder gar ihre Kinder.
Trotz der Hürden zeigen die Zahlen des Gleichstellungsatlas einen gestiegenen Frauenanteil in der norddeutschen Politik in den vergangenen Jahren.
Das Thema Gleichstellung sei nicht nur ein Frauenthema, sagt der niedersächsische Gleichstellungsminister Andreas Philippi anlässlich des Weltfrauentags. Die Gleichstellung der Geschlechter könne nur gemeinsam erreicht werden. "Da ist unsere Gesellschaft insgesamt gefordert", so Philippi.