Weizenernte im Norden: "Wir sind zu spät auf die Felder gekommen"
Die Weizenernte ist in vielen Regionen Norddeutschlands inzwischen abgeschlossen. Die vorläufige Bilanz fällt nicht sonderlich gut aus. Das liegt auch am Wetter: erst wochenlange Trockenheit im Mai und Juni, dann Dauerregen im Juli und August.
Für Landwirt Jörn Posewang aus Wangelau liefen die zurückliegenden Wochen und Monate nicht rund. "Die Trockenheit hat der Weizen noch ganz gut verkraftet", erzählt Posewang. "Aber der Regen war dann einfach zu viel. Wir kamen erst viel zu spät auf die Koppeln. Da war der Weizen schon ausgereift - und die Qualität hatte deutlich eingebüßt." Auf 23 Hektar baut Posewang Weizen auf seinen Feldern im Kreis Herzogtum Lauenburg an. Zehn Prozent des Weizens konnte der 49-Jährige in diesem Jahr gar nicht einholen, weil das Getreide auf so feuchtem Boden stand, dass er mit dem Mähdrescher nicht dorthin gelangen konnte.
Weizenernte: Geringere Qualität, niedrigere Preise
Kein Wunder, dass Posewang von einer "schlechten Weizenernte" spricht. "Wir haben in diesem Jahr nur Futterweizen ernten können, für den qualitativ höherwertigen Backweizen hat es nicht gereicht." Das ist bitter für Posewang, dessen Hof seit 1983 in Familienbesitz ist. Denn für Futterweizen erhalten die Landwirte nicht so viel Geld wie für Backweizen. Posewang nimmt deshalb mit seinem Weizen in diesem Jahr rund 11.500 Euro weniger ein.
"Ernten sind immer stärker ein Lotterie-Spiel"
Mit seiner Erntebilanz ist der Landwirt aus Schleswig-Holstein kein Einzelfall. Die deutschen Bauern haben nach Prognose des Bundeslandwirtschaftsministeriums durch Wetterkapriolen eine kleinere Getreide-Ernte eingefahren. Die Ausbeute dürfte mit 38 Millionen Tonnen um gut vier Prozent niedriger ausfallen als im vergangenen Jahr, heißt es im aktuellen Erntebericht. Wo es starke Niederschläge zur Erntezeit gab, habe die Qualität beim Weizen gelitten.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sagte dazu am Montag, die Folgen der Klimakrise würden die Branche vor immer größere Herausforderungen stellen. Die Landwirte könnten zwar mit Wetterschwankungen umgehen. "Das neue Normal sieht aber anders aus: Extremwetter als Folgen der Klimakrise machen unsere Ernten immer stärker zu einem Lotterie-Spiel", so Özdemir.
Abstriche auch bei Gerste und Raps
Die Landwirte im Norden, die ihre Getreide-Ernte noch nicht abgeschlossen haben, hoffen auf trockenes Wetter in der nächsten Woche. Bislang sehen die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr trübe aus: minus 14 Prozent beim Weizen, minus 13 Prozent bei der Gerste und minus 11 Prozent beim Raps. Das haben die Schätzungen des Statistikamts Nord ergeben, das für Schleswig-Holstein und Hamburg zuständig ist.
Düngeverordnung sorgt zusätzlich für Frust
Dem Landwirt Jörn Posewang macht aber nicht allein das wechselhafte Wetter zu schaffen. Auch die neue Düngeverordnung sei ein Ärgernis. "Um qualitativ hochwertigen Weizen ernten zu können, müssten wir eine bestimmte Menge Dünger ausstreuen", sagt Posewang. "Aber so viel Dünger dürfen wir laut Düngeverodnung gar nicht mehr auf die Felder bringen." Da müsse die Politik dringend nachsteuern. "Wenn wir nicht mehr düngen dürfen, produzieren wir nur Futterweizen und keinen Backweizen."
Immerhin wächst der Mais gut
Für seine persönliche Getreide-Ernten-Bilanz setzt der Landwirt noch auf den Mais, den er auf 19 Hektar anbaut. Denn der Mais ist in diesem Sommer prächtig gewachsen. Im Oktober steht die Mais-Ernte an. "Meine Frau hat mich schon gefragt, wo ich in diesem Jahr den ganzen Mais lagern will", erzählt Posewang. "Aber da fällt mir schon etwas ein."