Signa-Pleite: Welche Folgen hat sie für weitere Unternehmen?
Die Insolvenz der Signa-Gruppe wirft viele Fragen auf. Welche Unternehmen gehören überhaupt dazu und welche Folgen hat die Insolvenz für sie? Wie steht es außerdem um die Zukunft von Galeria Karstadt Kaufhof?
Was gehört alles zur Signa Holding GmbH des österreichischen Unternehmers René Benko?
Die Signa-Gruppe ist europaweit aktiv, allein der Brutto-Vermögenswert der Immobiliensparte liegt nach Unternehmensangaben bei 27 Milliarden Euro. Die komplizierte Konzern-Struktur ist allerdings schwer zu durchschauen. Vereinfacht gesagt gibt es zwei Stränge. Der eine kümmert sich um Immobilien (Gebäude, Luxusimmobilien wie das Chrysler Building in New York City oder den Elbtower in Hamburg, Warenhäuser etc.). Diese Immobilien werden entweder selbst gebaut oder fertig gekauft und dann durch Sanierungen aufgewertet und teuer vermietet. Der zweite Strang kümmert sich um das Thema Einzelhandel. Zum Benko-Imperium gehören unter anderem große Immobilienprojekte in Deutschland, Österreich und Italien, rund 1.000 Unternehmen im Einzelhandel, einzelne Bauprojekte, Bauentwickler und Restaurants. Weil die Strukturen jedoch sehr intransparent sind, haben Investoren Signa zuletzt kein Geld mehr gegeben. Viele der Unternehmen sollen sich bereits gegenseitig Geld geliehen haben.
Warum hat die Signa Holding Insolvenz angemeldet?
Die Signa-Gruppe hat hohe Schulden bei Banken - Mitte des Jahres sprachen Insider von Gesamtschulden in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro. Im Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung heißt es dazu: "Trotz erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden." Bauen ist in den vergangenen Jahren teurer geworden, die Zinsen sind gestiegen - laut Branchenkennern hat Signa hat einen großen Fehler begangen und einen großen Teil der Kredite mit einer kurzen Laufzeit statt einer langen Zinsbindung abgeschlossen. Die steigenden Kosten könnten der Holding nun zum Verhängnis geworden sein.
Was passiert nach der Pleite?
Die Signa Holding hat Insolvenz in Eigenverantwortung beantragt, man möchte sich mit der bestehenden Mannschaft sanieren, also mit der aktuellen Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat. Vom Gericht ist dafür ein Insolvenzverwalter beauftragt worden. Auch die Schweizer Tochtergesellschaft Signa Retail Selection hat einen Antrag auf Nachlassstundung gestellt. Hier hat die Benko-Gruppe ihre Beteiligungen im Einzelhandel versammelt. Dazu gehört auch das operative Geschäft der Galeria-Kaufhauskette in Deutschland und der Globus-Warenhäuser in der Schweiz. Mit einer Nachlassstundung kann ein Unternehmen einen Konkurs vermeiden und stattdessen Sanierungsmaßnahmen ergreifen, auch ein teilweiser Schuldenerlass ist möglich. Die Geschäfte der Signa Retail Selection sollen nun geordnet abgewickelt werden. Der Verwaltungsrat der Signa Retail Selection AG dürfte nun planen, die deutsche Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof zu veräußern.
Ist mit weiteren Pleiten zu rechnen?
Zu Signa gehören unter anderem rund 1.000 Unternehmen im Einzelhandel, einzelne Bauprojekte, Bauentwickler und Restaurants. Es gibt bei der Holding bereits einige Insolvenzen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Experten rechnen damit, dass auch weiteren Unternehmen das Geld ausgehen wird.
Auch auf Unternehmen außerhalb der Signa-Holding könnte die Insolvenz sich auswirken. Der Chef des Hamburger Immobilienkonzerns und Shoppingcenter-Betreibers ECE, Alexander Otto, sieht allerdings keine gravierenden Auswirkungen für seine Branche. "Die Stimmung ist schon jetzt denkbar schlecht, sie wird durch die Probleme von Signa sicher nicht besser", sagte Otto der "Wirtschaftswoche". Die Immobilienbranche sei sehr fragmentiert. "Selbst Signa hat keinen besonders hohen Marktanteil. Daher gehe ich davon aus, dass die Folgen überschaubar bleiben", sagte Otto. ECE ist eines der größten Immobilienunternehmen Deutschlands und vor allem für seine europaweit rund 200 Shoppingcenter bekannt. Dort entwickelten sich die Geschäfte im laufenden Jahr gut, sagte Otto der "Wirtschaftswoche". "Bis Ende September lagen wir beim Umsatz in den Centern europaweit rund zwölf Prozent über dem Vorjahr." Auch die ersten Tage im Weihnachtsgeschäft seien gut angelaufen. Galeria Karstadt Kaufhof ist in fünf der deutschlandweit rund 100 ECE-Shoppingcenter vertreten.
Warum haben einige Unternehmen wie SportScheck schon Insolvenz angemeldet und andere noch nicht?
Das ist davon abhängig, ob die Unternehmen die laufenden Kosten decken können. Dazu gehören Personalkosten, Miete, Kredite - oder wie im Fall von SportScheck Umbaukosten. Signa hatte in diesem Fall für die Neuausrichtung des Unternehmens eine Finanzspritze zugesagt, die durch die Insolvenz nicht kommen wird. Ähnlich geht es auch der Sports-Handelsplattform Signa Sports United, die auf 150 Millionen Euro gehofft hatte und nun insolvent ist. Bei einigen Häusern hat Signa lediglich eine Minderheitsbeteiligung, zum Beispiel beim Alsterhaus in Hamburg. Dort haben letztlich andere Unternehmen das Sagen. Beim Einzelhandel spült das Weihnachtsgeschäft gerade Geld in die Kassen. Im Januar und Februar könnte die Lage dann laut Experten schwierig werden.
Was heißt die Insolvenz für große Bauprojekte wie den Elbtower in Hamburg?
Aktuell stehen etwa 20 bis 30 große Projekte still. Es wird jedoch versucht, schnell weiterzuarbeiten. Die aktuelle Witterung schadet den halbfertigen Gebäuden. Der Elbtower in Hamburg ist dabei das teuerste Projekt mit Baukosten in Höhe von etwa eine Milliarden Euro. Es gibt Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Elbtowers, weshalb erste fordern, den Tower zurückzubauen. Es gibt aber auch Gerüchte, dass Milliardär Klaus Michael Kühne für einen guten Preis Interesse an dem Projekt habe. Laut der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde bestehe keine vertragliche Verbindung zwischen der Gesellschaft des Elbtowers und der Signa Holding, die Behörde beobachte die Lage, um "gegebenenfalls weitere Schritte" einzuleiten.
Wie geht es mit Galeria Karstadt Kaufhof weiter?
Nach der Insolvenz der Signa Holding ist die Zukunft des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof ungewiss. Trotzdem sei die Stimmung in den drei Hamburger Filialen gut, so der Betriebsratvorsitzende der Filiale an der Mönckebergstraße, Nils Reinhardt. Seit dem zweiten Rettungsversuch von Deutschlands größtem Warenhauskonzern habe das neue Management einiges bewegt. Viele Kundinnen und Kunden kämen wieder in die Filialen. Nicht nur in der Innenstadt, auch im AEZ in Poppenbüttel und in Eimsbüttel. Er glaubt, dass die Kaufhauskette aktuell verkauft werden könnte, so Reinhardt. Auch Galeria Karstadt Kaufhof hatte von Signa bereits Zahlungen in Millionenhöhe in Aussicht gestellt bekommen.
Wie sehr drängt die Zeit bei Galeria?
Als kritisch gilt die Marke von 90 Millionen Euro - darunter darf die Liquidität der Warenhauskette nach Ansicht des Aufsichtsrats auf keinen Fall sinken. Kurzfristig dürfte noch das Weihnachtsgeschäft für Liquidität sorgen. Gerrit Heinemann, Handelsexperte von der Hochschule Niederrhein, sagte in den tagesthemen, er gehe aber davon aus, dass es spätestens Anfang nächsten Jahres, wahrscheinlich im Februar, "sehr düster aussehen wird für das Unternehmen".
Ist die thailändische Central Group womöglich ein potenzieller Käufer?
Die Central Group ist bereits eng mit der Signa Retail Selection AG verwoben, weil sie zusammen die European Luxury Department Store Group geformt haben. Je zur Hälfte gehören ihnen demnach die Schweizer Globus-Warenhäuser, aber auch die KaDeWe-Gruppe in Deutschland und Selfridges in Großbritannien und Irland. Hinter der Central Group steckt die schwerreiche thailändische Familie Chirathivat. An Geld für einen Kauf von Galeria Karstadt Kaufhof dürfte es also nicht mangeln; bislang hat die Central Group daran jedoch kein Interesse bekundet. Immerhin können sich Experten vorstellen, dass die Thailänder einzelne Galeria-Standorte in Großstädten übernehmen könnten. Zudem hatte die Central Group zuletzt mehrfach ihr Engagement für das Luxuswarenhausgeschäft in Europa bekräftigt und erklärt, dass sie - allein oder mit einem Partner - einspringen könnte. Zumindest für den Signa-Anteil von Globus, KaDeWe und Selfridges dürfte damit ein potenzieller Käufer schon in den Startlöchern stehen.
Was passiert, wenn sich kein Investor für Galeria Karstadt Kaufhof findet?
Für Spekulationen ist es noch sehr früh. Es gibt noch 90 Standorte mit etwa 13.000 Beschäftigten, einige davon schreiben schwarze andere rote Zahlen. Es ist fraglich, ob sich ein Investor für alle Standorte findet oder ob einige Filialen einzeln verkauft werden - das lässt sich zurzeit allerdings nicht seriös beantworten.
Könnte der Bund helfen?
Könnte schon - für den NDR Info Wirtschaftsexperten Nicolas Lieven ist diese Option aber eher unwahrscheinlich, weil der Bund schon einmal mit etwa 700 Millionen Euro geholfen habe. Ein großer Teil des Geldes ist für Mieten in die Kassen der Signa Holding geflossen. Signa hat bei der Übernahme Handel und Gebäude getrennt, um sehr hohe Mieten abzukassieren.