Nach Schiffskollision auf Nordsee: Bislang keine Verschmutzung entdeckt
Nach der Schiffskollision in der Nordsee hat die britische Küstenwache Entwarnung gegeben: Drei Überwachungsflüge hätten keine Verschmutzung auf der Wasseroberfläche gezeigt. Ein Flugzeug und ein Schiff des Havariekommandos in Cuxhaven waren an der Überwachung der Schiffe und der Lagebeurteilung beteiligt.
Die Umweltschäden nach der Schiffskollision vor der englischen Nordseeküste dürften nach ersten Erkenntnissen begrenzt sein. Es seien keine Hinweise auf Verschmutzungen auf der Wasseroberfläche entdeckt worden, die mit den verunglückten Schiffen "Solong" und "Stena Immaculate" in Verbindung gebracht werden könnten, so die britische Küstenwache.
Sie teilte zudem mit, dass auf dem Tanker kein Feuer mehr zu sehen sei, auf der "Solong" hingegen gab es am Mittwochabend noch immer kleinere Brände. Das Schiff sei inzwischen aber an eine sichere Position geschleppt worden. Zwischenzeitlich war befürchtet worden, der Frachter könne untergehen oder auf Grund laufen und Schiffsdiesel ins Meer gelangen.
Untersuchung auf "Stena Immaculate" kann bald beginnen
Die "Stena Immaculate" liege weiterhin vor Anker. Auf ihr könne bald mit einer Untersuchung des Schiffes begonnen werden, so die Küstenwache. Nach Angaben des US-Schifffahrtsunternehmens Crowley waren 220.000 Barrel (knapp 35 Millionen Liter) Kerosin an Bord des vom US-Militär gecharterten Tankers. Der Treibstoff war demnach auf 16 Tanks verteilt, von denen mindestens einer bei dem Zusammenstoß beschädigt wurde. Crowley teilte mit, eine erste Überprüfung habe ergeben, dass das Kerosin wegen der Brände verdampft sei.
Unterstützung kam aus Niedersachsen
An Aufklärungsflügen beteiligt war auch ein Flugzeug vom Typ DO 228, das in Nordholz stationiert ist. Im Auftrag der britischen Küstenwache fertigte es Bilder an und wirkte an der Lagebeurteilung mit. Die Bundeswehr bezeichnet das Flugzeug als "Öljäger", weil es mit leistungsstarken Kameras und Sensoren dabei helfen kann, Schadstoffe im Wasser zu finden.
Das deutsche Mehrzweckschiff "Mellum" beteiligte sich ebenfalls an der Überwachung der "Stena Immaculate", um potenziell austretendes Öl zu entdecken. Die an Bord befindlichen Drohnen sollten zudem Brandherde auf der "Solong" ausfindig machen. Ein Fachberater der Feuerwehr Bremerhaven unterstützte die britischen Kollegen bei der Erstellung des Lagebilds. Beide Einheiten wurden am Mittwochabend von der britischen Küstenwache aus dem Einsatz entlassen, wie ein Sprecher des Havariekommandos in Cuxhaven sagte.
Der Leiter des Havariekommandos Robby Renner betonte die Wichtigkeit multinationaler Abkommen mit Blick auf die Unterstützungsaktion: "Wir haben hier sehr schnell und effektiv wichtige Hilfe leisten können."
Kapitän festgenommen
Der am Dienstag von der britischen Polizei festgenommene Kapitän des Frachters "Solong" befindet sich weiter in Gewahrsam. Bei dem 59-Jährigen handelt es sich um einen Mann mit russischer Staatsbürgerschaft, wie die Hamburger Reederei Ernst Russ am Mittwoch bestätigte. Gegen ihn wird nach Angaben der Behörden wegen des Verdachts der grob fahrlässigen Tötung im Zusammenhang mit der Kollision ermittelt.
Brände auf "Solong" und "Stena Immaculate"
Der Tanker "Stena Immaculate" hatte am Montagmorgen nahe der Hafenstadt Hull vor Anker gelegen, als er von der unter portugiesischer Flagge fahrenden "Solong" aus bislang ungeklärter Ursache gerammt wurde. Auf beiden Schiffen brachen Brände aus, es gab große Explosionen.
Britische Regierung: Vermisster Seemann wohl tot
36 Besatzungsmitglieder beider Schiffe waren nach der Kollision sicher an Land gebracht worden, ein Mensch wurde medizinisch behandelt. Die Suche nach einem vermissten Crewmitglied der "Solong" wurde bereits in der Nacht zu Dienstag eingestellt. Die britische Regierung geht vom Tod des Vermissten aus. Die Angehörigen des Mannes seien informiert worden. Auf der "Solong" arbeiteten laut Reederei Russen und Philippiner.
Britischen Medienberichten zufolge gab es zuletzt Beanstandungen an dem verunglückten Frachter. Demnach stellten Behörden bei einer Inspektion im vergangenen Sommer Mängel fest, die das Schiff allerdings nicht an der Weiterfahrt hinderten. Die Reederei Ernst Russ erklärte, die Mängel seien umgehend behoben worden.
Experte: Derartige Kollision "sehr selten"
Wie es zur Kollision zwischen dem Frachter "Solong" und dem Tanker "Stena Immaculate" kam, ist weiter offen. Nach Einschätzung des Schifffahrtsexperten Abdul Khalique von der Liverpooler John Moores University sei eine derartige Kollision zwischen einem ankernden und einem fahrenden Schiff "sehr selten". Es sei vollkommen unklar, warum die Besatzung der "Solong" nicht in der Lage gewesen sei, die Kollision zu vermeiden, so Khalique. Durch die Wucht der Kollision war der Tanker laut der Website Vesselfinder um mehr als 400 Meter verschoben worden.
