Integration: Kritik an Sparplänen des Bundes
Im Bundeshaushalt 2024 ist für Beratung und Betreuung von Flüchtlingen ein Drittel weniger Geld veranschlagt als aktuell zur Verfügung steht. Politik und Fachleute aus Niedersachsen sehen die Pläne kritisch.
Aktuell kommen fast doppelt so viele Geflüchtete in Deutschland an wie vor einem Jahr. Trotzdem will die Bundesregierung die Mittel für Integrationsprogramme im Haushalt 2024 im Vergleich zu den aktuellen Zahlen um rund ein Drittel auf 57 Millionen Euro kürzen. Der vom Kabinett beschlossene Entwurf des Regierungshaushalts muss noch vom Bundestag beraten und beschlossen werden.
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagte NDR Info dazu: "Das werden wir mit dem Bund kritisch diskutieren müssen. Wenn man mehr Geflüchtete aufnimmt, ist die Reduzierung der Migrationsberatung und der Systeme, die für die Hilfe Geflüchteter da sind, nicht der richtige Weg."
Migrationsforscher: Kürzungen bei Integration "hochproblematisch"
Auch Migrationsforscher Jochen Oltmer von der Universität Osnabrück kritisiert die Pläne der Koalition. Es gehe konkret beispielsweise bei der Migrationsberatung für Erwachsene um Kürzungen von 30 Prozent und bei psychosozialen Zentren um 70 Prozent.
"Angesichts der aktuellen Lage ist das hochproblematisch", sagte der Experte NDR Info. "Wir haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erlebt, dass die Migrationsberatung für das Zurechtkommen im Alltag eine sehr hohe Bedeutung hat", erläutert Oltmer. Es gehe um Fragen zur Arbeitssuche, zu Anmeldung bei Sprachkursen, aber auch um den Umgang mit Traumata, was ein erhebliches Problem vieler Geflüchteter sei. "Der ganze Komplex Integration, die Steuerung des Integrationsprozesses, ist explizit von solchen massiven Kürzungen betroffen."
Behrens zu Migration: "Wir kommen an unsere Grenze"
Dabei sind Länder und Kommunen bereits jetzt am Limit. "Wir kommen an unsere Grenzen", formuliert es Daniela Behrens. Das Land Niedersachsen nehme jede Woche mehr als 500 Geflüchtete auf. "Wir reagieren darauf, indem wir die Landesaufnahmeeinrichtungen ausbauen, mehr Plätze schaffen. Anfang 2022 hatten wir 5.000, jetzt haben wir über 13.000. Wir bauen das aus, um den Kommunen mehr Zeit zu geben, sich auf die Geflüchteten vorzubereiten", sagte die Innenministerin.
Würden die Geflüchteten dann auf die Kommunen verteilt, täten diese ihr bestmögliches, alle Menschen gut unterzubringen. "Aber ich merke an den Debatten, wenn wir Standorte aufmachen, dass die Diskussion in der Bevölkerung schwieriger geworden ist", so die Politikerin. Es würde eine hohe Solidarität mit Geflüchteten aus Kriegsgebieten geben. Menschen auf der Suche nach Arbeit müssten aber das Fachkräfteeinwanderungsgesetz statt des Asylrechts nutzen.
Schleswig-Holstein: Prien hält Zuzug langfristig für nicht zu bewältigen
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, alle demokratischen Parteien wären gut beraten, wenn sie ihre Konzepte zum Thema Zuwanderung überprüfen. "Aber nicht, um den AfD-Wählern zu gefallen, sondern, weil wir Lösungen brauchen." Langfristig hält die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende den anhaltend starken Zuzug von Asylbewerbern nach Deutschland für nicht zu bewältigen. Weder Kommunen noch Schulen oder Kitas würden das auf Dauer schaffen, so Prien.
"Wir haben uns ja sehr klar bekannt zur Aufnahme der Menschen, die vor Krieg und Zerstörung in der Ukraine fliehen." Aber es würden auch sehr viele nach Europa und besonders gerne nach Deutschland kommen, weil sie ein besseres Leben für sich und ihre Familie wollen. "Und da müssen wir zu einer Reduzierung der Zahlen kommen", sagte sie. Die CDU-Politikerin verwies auf die Vorschläge der Europäischen Kommission, die umgesetzt werden müssten. Ihr sei jeder Schutz an der Außengrenze lieber als weitere Maßnahmen an den Binnengrenzen.