Diskussion um Lachgas-Verbot: Wie gefährlich ist die Partydroge?
Kartuschen mit Lachgas, die neben Süßigkeiten zum Verkauf angeboten werden - für Elternvertreter und Ärzteverbände eine gefährliche Tendenz, denn junge Menschen nutzen die Substanz als Rauschmittel. Gesundheitsminister Lauterbach will nun per Gesetz den Verkauf an Jugendliche verbieten.
Jugendliche in Feierlaune, die an Luftballons oder Kartuschen mit Lachgas saugen, sind nicht nur auf dem Hamburger Kiez ein fast schon alltägliches Bild. "In ganz Europa zeigt sich das eben insbesondere durch die Partyszene und die Aufschaukelung dieses Phänomens auf Social Media", sagte Psychiater Oliver Kastrup von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) im Interview mit NDR Info.
Laut einer aktuellen Studie kommt es durch den regelmäßigen Konsum von Lachgas zu schweren Folgeerkrankungen. Ihr liegen Daten aus dem Großraum Paris von 2018 bis 2021 zu Lachgasvergiftungen von Erwachsenen im Alter zwischen 20 und 25 Jahren zugrunde, wie die DGN berichtet. Die meisten Betroffenen kamen aus städtischen, sozial benachteiligten Gegenden. Den Angaben zufolge traten nach durchschnittlich einem halben Jahr unter anderem Schädigungen des Rückenmarks, der Nervenbahnen und eine Kombination beider Schäden auf.
Seit Jahrhunderten eingesetztes Narkosemittel
Ursprünglich ist Lachgas ein bereits seit Jahrhunderten eingesetztes Narkosemittel. Auch zur Schmerzlinderung wird Lachgas in der medizinischen Praxis angewendet. Doch es hat noch eine andere Wirkung. "Es löst einen kurzen Zustand von Euphorie aus, ein bisschen Benommenheit, ein Gefühl zu schweben, was in der Kürze eigentlich ungefährlich ist", so Kastrup. Gefährlich hingegen sei der Trend, dass insbesondere junge Menschen das Gas aufgrund dieser Eigenschaften in den vergangenen Jahren als Partydroge entdeckt haben.
Verkauf von Lachgas in Deutschland bislang legal
"Was uns neurologisch Sorge macht, ist nicht dieser kurze Rauschzustand, sondern die Mehrfachnutzung", warnt Kastrup. So könne es zum einen im Rausch zu Unfällen kommen, zum anderen könnten bei zu häufiger Nutzung Nervenschädigungen auftreten oder eine "Art psychologische Abhängigkeit" entstehen, bei der die Substanz immer häufiger konsumiert wird.
Neben der medizinischen Verwendung kommt Lachgas auch in vielen Küchen zum Einsatz, denn es kann zum Aufschlagen von Sahne genutzt werden. Daher sind der Verkauf und der Erwerb von Lachgas in Deutschland legal. Das Gas wird hierzulande auch nicht als Droge nach dem Betäubungsmittelgesetz eingestuft.
In Gifhorn in Niedersachsen sorgte der Verkauf von Lachgas aus Snack-Automaten für Schlagzeilen. Kritik gab es vor allem daran, dass die Automaten in der Nähe von Schulen, einem Kindergarten und einem Jugendzentrum stehen.
"Wir müssen uns fragen, warum der Verkauf von solch gefährlichen Substanzen in der Nähe von Kindern und Jugendlichen zulässig ist", sagte Stadtelternratsvorsitzender Christopher Finck dem NDR. In einem Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) forderte die Elternvertretung ein generelles Verkaufsverbot von Lachgas an Minderjährige. Die Ärztekammer Niedersachsen plädiert ebenfalls für strengere Regeln und schlug auch für Erwachsene ein Verkaufsverbot von Lachgaskartuschen mit mehr als acht Gramm Inhalt vor.
Lauterbach für Einschränkung des Verkaufs an Jugendliche
Lauterbach will nun per Gesetz den Verkauf von Lachgas an Minderjährige stoppen. In einem Änderungsantrag, der im Juli vorgelegt wurde, sollen Einschränkungen für die Herstellung, den Handel, den Erwerb und den Besitz von Lachgas vorgesehen sein. Für Kinder und Jugendliche soll demnach künftig ein grundsätzliches Verkaufs- und Besitzverbot gelten. Geplant ist, die Gesetzesänderung nach der Sommerpause umzusetzen und noch in diesem Jahr in Kraft treten zu lassen.
Für ein Verkaufsverbot hatten sich zuvor bereits Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) und die CDU-Fraktion im Landtag ausgesprochen. Der Landkreis Helmstedt hat bereits reagiert: Dort darf Lachgas nicht mehr an Minderjährige abgegeben werden.
Vorbehalte gegen den freien Verkauf von Lachgas kommen auch aus Hamburg: Dort hatte sich die Gewerkschaft der Polizei kürzlich für eine Prüfung ausgesprochen, ob Lachgas erst ab 18 Jahren frei verkäuflich sein könnte.
Lachgas wird in anderen Ländern als Droge eingestuft
Neurologe Kastrup ist ebenfalls für eine regulierte Abgabe von Lachgas: "Ein kontrollierter Verkauf und sicherlich auch ein Alterslimit wären aus meiner Sicht empfehlenswert."
Länder wie Großbritannien, die Niederlande, Dänemark oder die Schweiz sind in dieser Hinsicht bereits weiter. Besitz und Verkauf von Lachgas sind dort mit Ausnahmen verboten oder der Verkauf an Minderjährige ist untersagt. Die Niederlande und Großbritannien stufen das Gas zudem als Droge ein.