Lachgas als Droge: Beliebt auf dem Kiez und auf Schulhöfen
Junge Kiezbesucher und -besucherinnen saugen an schwarzen Luftballons: Auf St. Pauli ist das am Wochenende mittlerweile ein häufiges Bild. Sie inhalieren Lachgas, das für einen wenige Minuten andauernden Rausch sorgen soll. Die Polizei kann nur tatenlos zusehen.
Die Ballons werden von Kiosken mittlerweile gleich mit den Kartuschen angeboten. Anders als bei Tabak oder Alkohol gibt es für die Lachgas-Behälter keine Beschränkung. Selbst Kinder könnten sich von ihrem Taschengeld das Gas kaufen. "Wir stellen fest, dass teilweise Kinder unter 14 Jahren konsumieren", sagt Lars Osburg von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Wir fordern zu überprüfen, ob das nicht Mittel sind, die erst ab 18 Jahren frei verkäuflich sein sollten."
In Drogerien als Kapseln erhältlich
Das farblose Lachgas, chemisch "Distickstoffmonoxid" (N2O), gibt es auch in kleinen Kapseln in jeder Drogerie. Es dient dazu, flüssige Sahne aufzuschäumen, zum Beispiel zur Verzierung von Torten. Doch seit ein paar Monaten taucht es auch an Hamburger Schulen auf, dort gebe es einen regelrechten Lachgas-Hype, so die Schüler:innenkammer. "Das Problem ist, dass es an der Schule konsumiert und nicht entdeckt werden kann", sagt Sprecherin Amelie Herzfeld. Rauchmelder der Schultoiletten würden auf das Gas nicht anschlagen und Schulpersonal sowie Eltern bekämen nichts mit.
Mediziner warnen vor Lachgas-Konsum
Der Konsum sei aber nicht ganz ungefährlich, sagen Mediziner. "Es kann zum Atemstillstand kommen, wenn nicht gleichzeitig hinreichend Sauerstoff zugeführt wird, sodass auch schon Todesfälle aufgetreten sind", sagt Rainer Thomasius, Suchtexperte am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).
In den Niederlanden mittlerweile verboten
In den Niederlanden ist Lachgas seit Kurzem verboten, weil es dort bei Schülerinnen und Schülern zur beliebtesten Droge wurde. Statistische Daten gibt es hierzulande noch keine, auch nicht über Langzeitfolgen des Konsums. Aber es gibt erste Hinweise. "Es wird das Nervengewebe, insbesondere des peripheren Nervensystems angegriffen", sagt UKE-Experte Thomasius. Dadurch könnten Gangstörungen oder sogar Lähmungen der Extremitäten auftauchen.
Gefahr der psychischen Abhängigkeit
Die größte Gefahr des Gases ist wohl der exzessive Missbrauch. Vielen Konsumierenden sind die möglichen Folgen nicht klar. Unter Jugendlichen wird Lachgas derzeit als "Rausch ohne Reue" propagiert. Suchtexperte Theo Baumgärtner warnt aber auch vor einem "sehr starken psychischen Abhängigkeitspotenzial". Wer es wiederholt konsumiere, habe auch das Bedürfnis, die Dosis zu erhöhen.