Lachgas als Droge: Beliebt auf dem Kiez und auf Schulhöfen

Stand: 16.03.2024 09:47 Uhr

Junge Kiezbesucher und -besucherinnen saugen an schwarzen Luftballons: Auf St. Pauli ist das am Wochenende mittlerweile ein häufiges Bild. Sie inhalieren Lachgas, das für einen wenige Minuten andauernden Rausch sorgen soll. Die Polizei kann nur tatenlos zusehen.

Die Ballons werden von Kiosken mittlerweile gleich mit den Kartuschen angeboten. Anders als bei Tabak oder Alkohol gibt es für die Lachgas-Behälter keine Beschränkung. Selbst Kinder könnten sich von ihrem Taschengeld das Gas kaufen. "Wir stellen fest, dass teilweise Kinder unter 14 Jahren konsumieren", sagt Lars Osburg von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Wir fordern zu überprüfen, ob das nicht Mittel sind, die erst ab 18 Jahren frei verkäuflich sein sollten."

In Drogerien als Kapseln erhältlich

Das farblose Lachgas, chemisch "Distickstoffmonoxid" (N2O), gibt es auch in kleinen Kapseln in jeder Drogerie. Es dient dazu, flüssige Sahne aufzuschäumen, zum Beispiel zur Verzierung von Torten. Doch seit ein paar Monaten taucht es auch an Hamburger Schulen auf, dort gebe es einen regelrechten Lachgas-Hype, so die Schüler:innenkammer. "Das Problem ist, dass es an der Schule konsumiert und nicht entdeckt werden kann", sagt Sprecherin Amelie Herzfeld. Rauchmelder der Schultoiletten würden auf das Gas nicht anschlagen und Schulpersonal sowie Eltern bekämen nichts mit.

Mediziner warnen vor Lachgas-Konsum

Der Konsum sei aber nicht ganz ungefährlich, sagen Mediziner. "Es kann zum Atemstillstand kommen, wenn nicht gleichzeitig hinreichend Sauerstoff zugeführt wird, sodass auch schon Todesfälle aufgetreten sind", sagt Rainer Thomasius, Suchtexperte am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).

In den Niederlanden mittlerweile verboten

In den Niederlanden ist Lachgas seit Kurzem verboten, weil es dort bei Schülerinnen und Schülern zur beliebtesten Droge wurde. Statistische Daten gibt es hierzulande noch keine, auch nicht über Langzeitfolgen des Konsums. Aber es gibt erste Hinweise. "Es wird das Nervengewebe, insbesondere des peripheren Nervensystems angegriffen", sagt UKE-Experte Thomasius. Dadurch könnten Gangstörungen oder sogar Lähmungen der Extremitäten auftauchen.

Gefahr der psychischen Abhängigkeit

Die größte Gefahr des Gases ist wohl der exzessive Missbrauch. Vielen Konsumierenden sind die möglichen Folgen nicht klar. Unter Jugendlichen wird Lachgas derzeit als "Rausch ohne Reue" propagiert. Suchtexperte Theo Baumgärtner warnt aber auch vor einem "sehr starken psychischen Abhängigkeitspotenzial". Wer es wiederholt konsumiere, habe auch das Bedürfnis, die Dosis zu erhöhen.

Weitere Informationen
Ein Forschungsschiff fährt über die Elbe. © NDR

Viel klimaschädliches Lachgas in der Elbe

Das Treibhausgas entsteht laut einer Studie des Helmholtz-Zentrums in Geesthacht auch durch hohe Mengen an Stickstoff-Dünger aus der Landwirtschaft. (30.08.2023) mehr

Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 15.03.2024 | 19:30 Uhr

Mehr Nachrichten aus Hamburg

Ein Riss ist in der Außenfassade zwischen der West- und Südseite der Hauptkirche St. Michaelis in Hamburg zu sehen. © dpa Foto: Gregor Fischer

Schäden am Hamburger Michel sind größer als vermutet

Die Hamburger Hauptkirche ist eine Dauerbaustelle. Und nun sind bei aktuellen Arbeiten noch mehr Schwachstellen entdeckt worden. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?