Die Blauzungenkrankheit (BT, vom englischen "Bluetongue disease") ist eine virale Infektionskrankheit von Wiederkäuern, vor allem bei Schafen, aber auch bei Rindern, Ziegen, Lamas oder Alpakas. Bei Wild verläuft die Krankheit meistens symptomlos. Der Name leitet sich von der blauen Farbe (Zyanose) der Zunge ab, einem der Hauptsymptome der Erkrankung, die eine anzeigepflichtige Tierseuche ist.
Typische und schwere Symptome sind meist nur beim Schaf zu finden. Etwa acht Tage nach der Infektion deuten eine erhöhte Temperatur, Apathie und Absonderung von der Herde auf die Krankheit hin. Die Maulschleimhäute sind gerötet und schwellen an, es kommt zu vermehrtem Speichelfluss und Schaumbildung vor dem Maul. Die Zunge schwillt an und kann aus dem Maul hängen. Je nach Ausprägung des Virus und Schafrasse können Tiere auch sterben. Sind weibliche Schafe schwanger, können sie das Lamm verlieren.
Bei Rindern verläuft die Krankheit in der Regel deutlich milder. Die Symptome ähneln der Maul- und Klauenseuche: Entzündungen der Zitzenhaut und Schleimhäute im Bereich der Augenlider, Maulhöhle und Genitalien. Außerdem kann es zum Milchrückgang kommen.
Das Blauzungenvirus (BTV) wird hauptsächlich durch eine bestimmte Stechmückenart, den sogenannten Gnitzen, übertragen. Eine einmal infizierte Gnitze trägt das Virus ihr restliches Leben lang in sich. Durch Winde können die Mücken bis zu 200 Kilometer versetzt werden und den Erreger weiter verbreiten. Eine Übertragung durch Schmierinfektion unter Tieren ist nicht bekannt. Infizierte Bullen können das Virus allerdings über ihr Sperma übertragen - ebenso wie es durch kontaminierte Spritzen im Rahmen tierärztlicher Tätigkeiten passieren kann.
Der Erreger ist für den Menschen nicht gefährlich, teilt das zum Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gehörende Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) mit. Fleisch und Milchprodukte der Tiere könnten ohne Bedenken verzehrt werden.
Die BT wurde zum ersten Mal 1905 bei Merinoschafen in Südafrika entdeckt. Inzwischen tritt sie weltweit auf, im mittleren und nördlichen Europa seit 2006. Bedingt durch die Mückenübertragung kommt die Seuche vor allem in der warmen Jahreszeit bei feuchtwarmem Wetter vor, meist im Frühsommer und im Herbst. Bislang sind 24 Serotypen der Krankheit bekannt. Deutschland war vor allem zwischen 2006 und 2009 vom Serotyp BTV-8 betroffen, rund 100.000 Tiere erkrankten. Dank eines Impfprogramms galt Deutschland von 2012 bis 2018 offiziell frei von der Tierseuche. Seit Juli 2024 nehmen hierzulande aber die Fallzahlen mit dem Serotyp BTV-3 zu.
Im Frühsommer 2024 wurde im Rahmen einer bundesweit gültigen Eilverordnung die Anwendung von drei Impfstoffen gegen BTV-3 gestattet. Sie verhindern zwar Infektionen nicht vollständig, schützen aber vor Todesfällen und reduzieren die klinischen Erscheinungen und die Viruslast. Die BTV-Impfung von Tieren erfolgt in Deutschland auf freiwilliger Basis.
Für Tierhalter hat das Auftreten der Erkrankung weitreichende Folgen: Gibt es einen Fall, wird ein Sperrgebiet mit einem Radius von 150 Kilometern eingerichtet. Aus diesem dürfen Tiere, die mit dem Virus infiziert sind oder erkranken können, nicht herausgebracht werden, ohne dass sie beispielsweise mittels eines PCR-Tests untersucht worden sind. Gerade für Exportländer wie Schleswig-Holstein führt das bei Landwirten zu einem immensen wirtschaftlichen Schaden.