VIDEO: Interview mit Frank Böttcher: Höchste Wasserstände am Montag (10 Min)

Bevorstehendes Elbe-Hochwasser: Höchste Pegelstände am Montag

Stand: 18.09.2024 14:20 Uhr

Starker Dauerregen in Osteuropa lässt den Pegelstand der Elbe seit dem Wochenende steigen. Wetterexperte Frank Böttcher rechnet damit, dass die höchsten Wasserstände im Norden am Montag eintreten. Mitgespülte Schadstoffe könnten zum Problem werden.

von Daniel Sprenger und Sonja Puhl

Während das Hochwasser im Katastrophengebiet in Österreich etwas zurückgeht, stehen in Polen und Tschechien weiterhin ganze Landstriche unter Wasser. Das Wasser zieht weiter - über Elbe und Oder auch Richtung Deutschland. Hier müssen sich die Menschen mit einiger Verzögerung auf die Wasserwalze aus Zuflüssen in angrenzenden Ländern einstellen.

"Die Pegelstände der Oder steigen ganz langsam", sagte Wetterexperte Frank Böttcher am Mittwoch im NDR Info Interview. Das gehe aber deutlich langsamer vonstatten als in Österreich. "Dort sind die Gebirge steil, die Fließgeschwindigkeiten sehr hoch. Was dort in hoher Geschwindigkeit große Schäden verursacht, kommt bei uns sehr langsam an."

Böttcher: "Viel mehr Niederschlag durch Klimawandel"

Böttcher erklärte auch den Zusammenhang der äußerst ergiebigen Regenfälle mit dem Klimawandel. So könne die Atmosphäre mit jedem Grad Temperaturanstieg sieben Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen. In diesem Jahr sei das Mittelmeer um fünf bis sechs Grad wärmer gewesen, was dazu geführt habe, dass die Atmosphäre um die 20 bis 30 Prozent mehr Feuchtigkeit aufgenommen habe. "Wir haben viel mehr Niederschlag bekommen als bei einer vergleichbaren Wetterlage ohne Klimawandel", so Böttchers Fazit zum tagelangen Dauerregen in Osteuropa.

Schadstoffe im Hochwasser ein Problem

Eine Folge der Hochwasserwelle sind Schadstoffe, die mit ihr fortgespült werden. "Das kann tatsächlich auch zum Problem werden", sagte Böttcher. "So kann das kontaminierte Wasser in Gegenden ankommen, wo viele Fische sind." Diese könnten erkranken oder auch großflächig sterben. "Das passiert vor allem dann, wenn es zu Deichbrüchen kommt, also großflächig Gebiete überschwemmt werden, wo das Wasser eigentlich nicht hin soll und wo dann die Schadstoffe eingetragen werden." Das sei bislang aber noch nicht allzu stark passiert, sodass er vorsichtig Entwarnung geben könne.

Fließzeit bis Norddeutschland etwa eine Woche

Die Fließzeit einer Hochwasser-Welle in der Elbe ab der Landesgrenze zu Tschechien bis Niedersachsen beträgt etwa sechs bis sieben Tage. "Auch im niedersächsischen Teil der unteren Mittelelbe werden sich entsprechend voraussichtlich Ende der Woche deutlich steigende Wasserstände einstellen", sagte Carsten Lippe, Pressesprecher des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN).

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In Deutschland nimmt ab Überschreiten der Alarmstufe 1 an einem Vorhersagepegel die Hochwasservorhersagezentrale Elbe in Magdeburg die Arbeit auf. Sie stellt zentral für die gesamte Elbe bis nach Geesthacht Vorhersagen und Warnmeldungen zur Verfügung.

Pegelstand an der Elbe in Sachsen steigt langsam weiter an

An der Elbe in Sachsen steigt der Pegelstand derweil langsam weiter an. In Dresden wurde die Alarmstufe 3 am Mittwochmorgen erreicht (6,03 Meter / 11.30 Uhr). Am Pegel Schöna lag der Wasserstand um 11.30 Uhr bei 6,59 Metern. Nach aktuellen Vorhersagen soll der Pegelstand im Laufe des Tages weiter steigen, bevor er in der Nacht auf Donnerstag wieder leicht sinkt. Aktuelle Informationen können auf dem Länderübergreifenden Hochwasserportal eingesehen werden.

In Schleswig-Holstein steigen die Pegelstände auch - aber sehr langsam

"Auch in Schleswig-Holstein steigen jetzt die Pegelstände schon ein klein wenig an, aber das geht sehr langsam voran", sagte Wetterexperte Böttcher. Die stärksten Anstiege würden in den kommenden zwei Tagen erwartet. "Die höchsten Wasserstände erreichen wir dann am Montag", so Böttcher.

In Lauenburg rechnet der für den Hochwasserschutz zuständige Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Ordnung, Christian Asboe, erst Anfang nächster Woche mit einer kleineren Hochwasserwelle: "Dann ist für den Pegel Hohnstorf ein Pegelstand von etwa sechs Metern vorhergesagt, doch für die Unterstadt wird es erst ab einem Wasserstand von 7,50 Metern kritisch", sagte Asboe. Die Stadt Lauenburg bereitet sich dennoch auf den Ernstfall vor.

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In Niedersachsen beobachten die Deichverbände und der Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in Lüneburg die Entwicklung aufmerksam. Ein großes Hochwasser wie 2002, 2006 oder 2013 wird auf Basis der jüngsten Prognosen der Hochwasservorhersagezentrale Elbe für den niedersächsischen Elbe-Abschnitt allerdings aktuell nicht erwartet. Dazu tragen nicht zuletzt einige günstige Begleitumstände bei, heißt es vom NLWKN: "Die Prognose sagt nachlassenden Regen voraus, die Böden sind momentan nicht extrem gesättigt und die Elbe in Niedersachsen hat derzeit niedrige Wasserstände und damit große Kapazitäten für die zu erwartenden Wassermassen."

Großer Puffer: Derzeit noch Niedrigwasser an der Elbe

Am Mittwochmorgen lag der Wasserstand der Elbe in Mecklenburg-Vorpommern bei 87 cm am Pegel Dömitz und bei 82 cm am Pegel Boizenburg und somit auch dort unter dem mittleren Niedrigwasser. Die Alarmstufe 1 an beiden Pegeln liegt bei 5 Metern.

Backhaus: Aktuell keine Gefahr an der Elbe in MV

"Wir gehen fest davon aus, dass es für Leib und Leben an unserem Elbschlauch keine Gefahren aus heutiger Sicht geben wird", erklärte Umweltminister Till Backhaus (SPD) am Montagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Dömitz (Landkreis Ludwigslust-Parchim) an der Elbe. Die Fachleute aus seinem Ministerium gingen davon aus, dass die maximalen Wasserstände in Dömitz voraussichtlich am 24./25. September erreicht werden. In welcher Höhe die Wasserstände auftreten werden, sei derzeit nicht absehbar. "Dennoch sind wir auf alles vorbereitet und nehmen die Lage sehr ernst", sagte Backhaus. Die Hochwasserschutzanlagen des Landes seien in einem guten und wehrfähigen Zustand. "Tierhalter rufe ich dazu auf, ihre Tiere vorsorglich aus der Gefahrenzone zu bringen", betonte der Minister.

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Hamburg weniger stark betroffen

Hamburg ist von einem vom Oberlauf der Elbe kommenden Hochwasser nicht so stark bedroht, weil der Strom hinter dem Stauwehr in Geesthacht breiter und tiefer wird und die ausgedehnten Wasserflächen des Hafens dem Wasser genügend Raum bieten. Dennoch dürfte das Niedrigwasser unterhalb des Wehrs, wo Ebbe und Flut herrschen, am kommenden Wochenende etwas höher ausfallen als normal, so der Wasserstandsvorhersagedienst des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH).

In Hamburg wird es erst gefährlich, wenn eine besonders hohe Sturmflut von Richtung Küste aufläuft. In Kombination mit dem immer ergiebigeren Regen kann es dann zusätzlich zu einem sogenannten Binnenhochwasser kommen wie 2022 im Bereich Bergedorf.

VIDEO: Bevorstehendes Elbe-Hochwasser: Wie ist die Lage im Norden? (3 Min)

Wetterlage erinnert an die "Jahrhundertflut" 2002

Vor dem Elbe-Hochwasser vor 22 Jahren hatte es im Osterzgebirge ebenfalls mehr als 300 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit geregnet. Zunächst hatte sich die Flutwelle von Tschechien kommend durch Dresdens Altstadt gewälzt, ehe sie am 21. August 2002 Norddeutschland erreichte - neun Tage nach den heftigen Niederschlägen im Erzgebirge und drei Tage, nachdem für die betroffenen Landkreise in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Katastrophenalarm ausgerufen worden war. Hitzacker in Niedersachsen wurde seinerzeit besonders stark von den Wassermassen getroffen. Insgesamt richtete die "Jahrhundertflut" einen Schaden von 11,6 Milliarden Euro an.

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