Bahnsperrungen: Erster Stresstest für Pendler im Norden
Längere Bahn-Fahrzeiten zwischen Hamburg und Berlin, Schienenersatzverkehr zwischen Hamburg und Schwerin: Das gilt wegen Sanierungsarbeiten seit Freitagabend und hat am Wochenende bereits zu Frust bei Reisenden geführt. Jetzt haben Berufspendler erste Erfahrungen gemacht.
Normalerweise fährt alle 30 Minuten ein Fernverkehrszug zwischen Hamburg und Berlin. Aber bis zum 14. Dezember kann der ICE zwischen Hamburg und Berlin wegen Bauarbeiten nicht mehr die übliche Strecke fahren. Jeder zweite Zug fällt aus, weil die Umleitungsstrecke nur eingleisig befahrbar ist. Die Zugfahrt verlängert sich um 45 Minuten. Insbesondere für Berufspendler ist das hart. Denn es bedeutet nicht nur früheres Aufstehen und späteres Nachhausekommen, sondern auch vollere Bahnabteile zu den Stoßzeiten.
Pendler reagieren mit Verständnis, aber auch mit Konsequenzen
Neben den Metropolen Hamburg und Berlin sind noch weitere Orte betroffen: Wer beispielsweise nach Ludwigslust oder Wittenberge will, der muss ab Hamburg einen extra eingerichteten Ersatzbus nehmen. Und auch im Regionalverkehr zwischen Hamburg und Schwerin gibt es bis Ende September nur Busse. Statt eineinhalb Stunden dauert die Fahrt damit nun zwei Stunden. Einige Pendler zeigten am Montag gegenüber NDR Info durchaus Verständnis für die Sanierung, irgendwann müsse die Strecke ja gemacht werden. Einige setzen verstärkt auf Homeoffice. Eine Pendlerin aus Ludwigslust sagte allerdings, sie habe deswegen den Job gewechselt. Sie habe zwei Kinder, da sei es schon besser, wenn die Strecke weniger Zeit in Anspruch nehme.
Pro Bahn: Schienenersatzverkehr in MV schlecht organisiert
Das größte Problem haben laut Fahrgastverband Pro Bahn die Pendler auf der Berliner Strecke, die beispielsweise von Boizenburg oder von Hagenow-Land kommen. Für die gibt es zum Teil nur Busverkehre, die nicht in die Hamburger Innenstadt fahren. Dort verlängert sich die Reisezeit erheblich.
Wer direkt nach Schwerin will, dem stehen Schnellbusse zur Verfügung. "Allerdings beginnt der Expressbus für den ICE am Hamburger Hauptbahnhof am ZOB und der Ersatzbus für den Regionalexpress an der Wandsbeker Chaussee", erklärte Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender von Pro Bahn bei NDR Info. "Wenn Sie mit einem Fernverkehrstickets den Expressbus für den ICE verpassen, dann fährt der nächste Bus nach Schwerin nicht auch am ZOB, sondern Sie müssen erst zur Wandsbeker Chaussee." Diese Organisation könne kein Mensch verstehen. Außerdem können Anschluss-Verbindungen verpasst werden, weil die Fahrgäste nun häufig umsteigen müssen. Informieren könne man sich am besten über den DB Navigator.
Hamburgs Verkehrssenator befürwortet Modernisierung des Schienennetzes
Das Potenzial für Pendler-Frust sieht auch Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne): "Die Sanierung der Infrastruktur begrüßen wir grundsätzlich, obgleich uns bewusst ist, dass das Beeinträchtigungen für die Pendlerinnen und Pendler mit sich bringen wird", hieß es aus seiner Behörde am Montag. Es sei richtig und wichtig, dass der Bund in die Modernisierung des Schienennetzes investiere. Allein für die Strecke nach Berlin stelle der Bund 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung.
Zug-Reisende mit Fahrrädern bleiben auf der Strecke
Am Wochenende hatten die Sanierungsarbeiten auf den Strecken Hamburg - Berlin und Hamburg - Schwerin bereits für Frust bei Reisenden gesorgt. Viele mussten in Bad Kleinen in Mecklenburg-Vorpommern umsteigen. Dort herrschte Gedränge. In direkte Anschlusszüge kamen nicht alle Reisenden hinein, weil diese kurz und bereits überfüllt waren. Einige Reisende, die ihre Fahrräder dabei hatten, strandeten im Ort.