VIDEO: Ernüchterung bei Studierenden: Kritik an neuer BAföG-Reform (2 Min)

BAföG: "Die Studierenden brauchen dringend eine Erhöhung"

Stand: 06.03.2024 12:05 Uhr

Für viele Studierende ist es nicht einfach, die gestiegenen Lebenshaltungskosten aufzufangen. Aber die Bundesregierung plant bei der bevorstehenden BAföG-Reform nicht, den Studierenden jeden Monat mehr zu zahlen. Das sorgt für Kritik.

Studierende sitzen in einem Hörsaal © Peter Kneffel/dpa Foto: Peter Kneffel
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von Nico Stubbe und Marc-Oliver Rehrmann

Victoria Krüsmann hat erst vor ein paar Monaten mit ihrem Studium in Hamburg angefangen. Sie hat sich für das Fach Lebensmitteltechnik entschieden. Was ihr finanziell enorm hilft: Die 20-Jährige erhält BAföG. 812 Euro gehen Monat für Monat auf ihrem Konto ein. Mit dem Geld kommt sie aber in der Hansestadt nicht weit. Allein 675 Euro muss sie für ihre Miete aufbringen, denn einen Platz in einem Wohnheim bekam sie nicht. Und im Supermarkt sei vieles teurer als noch vor ein paar Jahren. "Ich merke es vor allem beim Obst und Gemüse", sagt Victoria Krüsmann. "Ich versuche, mich gesund zu ernähren und viel selbst zu kochen. Aber das ist schwierig, wenn man bei einem Einkauf für drei Tage allein für Obst und Gemüse direkt 15 Euro ausgeben muss." Sie könne auch nicht jeden Tag in der Uni-Mensa essen, weil das letztendlich zu teuer sei.

Trotz BAföG: Ein Nebenjob muss auch sein

Victoria Krüsmann war von Anfang an klar, dass sie ihre Eltern mit der Finanzierung ihres Studiums nicht belasten möchte. "Eigentlich wollte ich auch nie BAföG bekommen, weil ich den Gedanken nicht so cool fand, als junger Mensch Schulden zu machen", erzählt die Studentin. Aber ein Vollzeitstudium und einen Job miteinander zu vereinbaren? Das sei eben auch schwierig. "Und dann habe ich mich entschieden: Okay, ich setze auf BAföG, weil es doch eine Entlastung ist." Aber für den ganzen Monat reiche das Geld vom Staat nicht. Also geht sie nebenbei jobben.

"Das BAföG reicht nicht mehr zum Leben aus"

Wie Victoria Krüsmann geht es vielen Studierenden: 63 Prozent arbeiten nebenbei bis zu 15 Stunden pro Woche. Es ist Zeit, die fürs Studium fehlt. "Das BAföG reicht im Prinzip nicht mehr zum Leben aus", sagt Matthias Anbuhl. Er ist Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks. "Der Grundbedarf beim BAföG von 452 Euro für Essen, Trinken und Heizen ist nicht genug." Beim Bürgergeld liege dieser Grundbedarf bei 563 Euro, also 111 Euro höher. "Studierende essen, trinken und heizen aber nicht weniger als andere Menschen."

Anbuhl findet, dass zudem die Wohnkosten-Pauschale mit 360 Euro viel zu niedrig sei. "Aktuelle Studien zeigen, dass die Durchschnittsmiete für ein WG-Zimmer in Deutschland derzeit bei 450 Euro liegt. Deswegen brauchen die Studierenden dringend eine Erhöhung."

BAföG-Reform: Was die Bundesregierung plant

Die Bundesregierung hat eine BAföG-Reform zum kommenden Wintersemester auf den Weg gebracht. Der Entwurf von Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sieht zum Beispiel eine einmalige Starthilfe von 1.000 Euro für besonders bedürftige Studierende vor, etwa für Wohngeld-Empfänger. Zudem sollen die Freibeträge für das Einkommen der Eltern oder des Ehe- beziehungsweise Lebenspartners um fünf Prozent angehoben werden. Dieser Schritt würde den Kreis der BAföG-Bezieher vergrößern. Es soll zudem einfacher sein, das Studium um ein Semester zu verlängern oder das Studienfach zu wechseln, ohne den BAföG-Anspruch zu gefährden. Die Zahl der Empfänger der staatlichen Ausbildungsförderung war im vergangenen Jahrzehnt stark zurückgegangen.

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AUDIO: Bafög-Reform soll zum Wintersemester kommen (2 Min)

"Ein fatales Signal an die junge Generation"

Was bei der Reform nicht vorgesehen ist: die monatlichen Zahlungen zu erhöhen. Das kann Matthias Anbuhl vom Deutschen Studierendenwerk nicht nachvollziehen. "Das Bürgergeld steigt in diesem Jahr wegen der Inflation. Die Renten steigen in diesem Jahr wegen der Inflation. Aber ausgerechnet die Ärmsten der Studierenden mit dem BAföG sollen mit einer Nullrunde abgespeist werden?" Dies sei ein fatales Signal an die junge Generation.

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Das Argument, dass das Geld für eine Erhöhung fehle, lässt Anbuhl nicht gelten. "Im Bundeshaushalt sind 150 Millionen Euro vorgesehen für eine BAföG-Reform. Die Ministerin will mit ihrer kleinen Reform nur 62 Millionen investieren. Das heißt: mehr als 80 Millionen Euro schießt sie in den Wind."

Auch aus den Reihen von SPD und Grünen gibt es Forderungen, die BAföG-Sätze zu erhöhen. Gut möglich also, dass der Bundestag bei der BAföG-Reform noch Änderungen durchsetzt.

Ampel-Koalition: BAföG-Reform soll Studierenden helfen

Die Ampel-Koalition hatte zuletzt zum Wintersemester 2022/23 den BAföG-Satz für Studentinnen und Studenten - es geht um den Grundbedarf - von 427 Euro auf 452 Euro im Monat erhöht. Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP vorgenommen, das BAföG grundlegend zu reformieren und "elternunabhängiger" zu machen.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bezogen im Jahr 2022 knapp 500.000 Studierende Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). In der Regel gilt eine Hälfte des Geldes als Zuschuss, der nicht zurückgezahlt werden muss. Die andere Hälfte wird als zinsloses Darlehen gezahlt.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | NDR Info | 06.03.2024 | 14:00 Uhr

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