Drogenkriminalität in Häfen: Konferenz endet mit "Hamburger Erklärung"
Was tun gegen die immer größeren Drogenmengen im Hamburger Hafen und anderen Hafenstädten in Europa? Damit hat sich am Dienstag eine internationale Sicherheitskonferenz im Maritimen Museum in Hamburg befasst. Am Ende gab es eine "Hamburger Erklärung".
Im Kampf gegen den internationalen Drogenhandel vor allem über europäische Häfen sind auf Einladung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in Hamburg hochrangige Vertreterinnen und Vertreter mehrerer europäischer und südamerikanischer Länder zusammengekommen. Nach einem intensiven Konferenztag vor maritimer Kulisse sagte Faeser: "Wir wollen gemeinsam für einen maximalen Ermittlungsdruck auf die Drogenkartelle sorgen." Das brutale Milliardengeschäft müsse eingedämmt und den Täterinnen und Tätern das Handwerk gelegt werden. "Eine massive Gewaltspirale, wie wir sie in anderen europäischen Ländern schon erleben, müssen wir für Deutschland zwingend verhindern."
"Hamburger Erklärung" fasst Ergebnisse zusammen
Die Ergebnisse der Konferenz wurden in einer "Hamburger Erklärung" zusammengefasst. Darin machen Faeser und ihre Kolleginnen und Kollegen das Unterbinden des Drogenhandels in den südamerikanischen Ländern durch Zusammenarbeit mit den dortigen Partnern, eine verbesserte Sicherheit der europäischen See- und Flughäfen sowie die Zerschlagung internationaler krimineller Netze als Hauptziele aus. Letzteres solle insbesondere durch Unterbrechung der kriminellen Geldströme erreicht werden. Insgesamt sind in der Erklärung 21 Einzelpunkte aufgelistet.
Faeser fordert mehr Investitionen in Sicherheit der Häfen
"Wir müssen auch über notwendige Investitionen in den Häfen reden", sagte Faeser. Allerdings gehe es nicht nur darum, dass der Bund mehr Geld gebe, sondern alle Beteiligten, auch die Wirtschaft, müssten mehr in die Sicherheit investieren. "Wir müssen unsere Hochseehäfen so sicher machen, dass sie keine Einfallstore für tonnenweise Kokain mehr sein können", sagte Faeser. Dazu gehörten "engmaschige Kontrollen, hohe Wachsamkeit und effektive Korruptionsprävention bei Unternehmen in den Häfen - und eine enge Zusammenarbeit aller Akteure von Zoll und Polizei bis zu Reedereien und Terminalbetreibern." In der Erklärung wird die Europäische Union dazu aufgerufen, die Maßnahmen in der nächsten Legislaturperiode vorrangig umzusetzen.
Schweden neues Mitglied in Anti-Drogen-Koalition
Die Konferenz im Maritimen Museum war das dritte Treffen der Koalition europäischer Staaten gegen schwere und organisierte Kriminalität. Als Mitglieder des Bündnisses waren Vertreterinnen und Vertreter aus den Niederlanden, Belgien, Spanien, Italien und Frankreich angereist. Auch der schwedische Innen- und Justizminister Gunnar Strömmer nahm an dem Treffen teil. Das skandinavische Land sei nun als siebtes Mitglied in die Koalition aufgenommen worden, erklärte Faeser. Teilgenommen hatten auch Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Union und südamerikanischer Staaten.
Hamburg gerät stärker in den Fokus der Drogenkartelle
Nach Rotterdam und Antwerpen gerate nun Hamburg als der drittgrößte Hafen des Kontinents immer stärker in den Fokus der Drogenkartelle, erklärte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Er fürchtet, dass Hamburg nicht nur Durchgangsstation bleibt, sondern sich das organisierte Verbrechen auch in der Stadt selbst ausbreitet. Er plädierte für eine "europäische Strategie". Es dürfe nicht passieren, dass die Kriminalität etwa in Rotterdam und Antwerpen zurückgedrängt werde und sich dafür in Hamburg aufbaue. "Wir wissen, dass wir es mit einer hochprofessionellen, international global vernetzten, sehr gefährlichen Struktur der organisierten Kriminalität zu tun haben", sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD). Deshalb sei eine noch schlagkräftigere internationale Sicherheitsallianz nötig.
GdP begrüßt Hamburger Konferenz
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte das Treffen in Hamburg. Es sei wichtig, dass die EU-Länder mit den größten Seehäfen in Europa ihre Einfuhrkontrollen ausbauen und eng miteinander abstimmen wollten, sagte GdP-Bundesvize Alexander Poit. Um die Einfuhr von Drogen nach Europa zu verhindern, ist es nach Einschätzung der GdP auch notwendig, mehr Aufmerksamkeit auf die Hafenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter zu richten. "Den Drogenkartellen gelingt es immer wieder, einzelne Hafenbeschäftigte zu erpressen und zu bedrohen, damit die mit Drogen beladenen Container unkontrolliert aus den Häfen herausgebracht werden können", sagte Poit.
BDK fordert konkrete Maßnahmen
Das Treffen in Hamburg sei Symbolpolitik, sagte Jan Reinecke, der Hamburger Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) im Vorfeld der Konferenz. Dabei meinte er das durchaus positiv. Denn nichts scheue die Organisierte Kriminalität mehr als öffentliche Aufmerksamkeit. Und es sei auch gut, wenn Europas Staaten gemeinsam gegen die internationalen Kartelle antreten wollen. Reinecke forderte konkrete Schritte. Noch sei Hamburg nicht so fest im Griff brutaler Drogenbanden wie etwa Rotterdam und Antwerpen. Wer das verhindern wolle, müsse aber auch viel Geld in die Hand nehmen, glaubt Reinecke. Etwa für mehr und modernere Container-Röntgenanlagen und für mehr Ermittlerinnen und Ermittler, die die Finanzströme hinter den Drogengeschäften ins Visier nehmen.
Experte: "Datenlage muss verbessert werden"
Daniel Brombacher, Europa-Direktor der "Global Initiative against Transnational Organized Crime", sagte im Interview mit NDR Info, dass im Kampf gegen Organisierte Drogenkriminalität vor allem die Analyse und die Datenlage verbessert werden müssten. "Unser Bild vom Kokainhandel basiert häufig auf Sicherstellungsdaten der Vergangenheit, das heißt, dass alles sehr statisch und wenig der Realität entsprechend ist." Seiner Meinung nach müssten insbesondere auch die Ursprungs- und Transitregionen des Kokains in den Blick genommen werden.
Engere Zusammenarbeit der Hafenstädte
Erst vor Kurzem hatten das Bundesinnenministerium sowie die Hafenstädte Hamburg, Antwerpen und Rotterdam eine engere Zusammenarbeit im Kampf gegen Kartelle angekündigt, damit diese bei einem zu hohen Verfolgungsdruck in dem einen Hafen nicht einfach in einen anderen ausweichen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurden 2023 allein in Deutschland mindestens 43 Tonnen Kokain sichergestellt, davon rund 34 Tonnen in Hamburg. In Belgien seien 116 Tonnen gefunden worden, in den Niederlanden rund 59 Tonnen. Der Hamburger Hafen ist der drittgrößte Seehafen Europas nach Rotterdam und Antwerpen.