Kommentar: Tarifeinigung in der Metallindustrie sollte Schule machen
Es wurde eine lange Nachtsitzung - so wie wir das aus vielen Verhandlungen kennen. Und am Ende gab es tatsächlich eine Einigung: Arbeitgeber und Gewerkschaft haben ihren Tarifkonflikt gelöst. Das bedeutet mehr Geld für 3,9 Millionen Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie sowie Planungssicherheit für die Unternehmen. Dieser Kompromiss sollte Schule machen, meint Jörn Straehler-Pohl in seinem Kommentar.
Dieser Tarifabschluss ist für mich ein Signal des Aufbruchs. Er zeigt: Es ist möglich, auch in schwierigen Zeiten miteinander konstruktiv zu verhandeln. Auf Augenhöhe zu bleiben. Respektvoll miteinander umzugehen. Und sich hart aber fair zu einigen.
Kompromiss mit mehreren Gewinnern
Gewerkschaft und Arbeitgeber haben eindrucksvoll in Hamburg demonstriert, dass aus einem Kompromiss auch zwei Gewinner hervorgehen können. Das sind die Beschäftigten, die trotz der Krise am Ende gut fünf Prozent mehr Geld bekommen. Und das sind die Unternehmen, die in diesem Jahr keine Mehrkosten haben. Und die im kommenden Jahr im ersten Schritt nur ein Lohn-Plus von zwei Prozent stemmen müssen. Und zu den Gewinnern zählt auch die junge Generation, die künftigen Fachkräfte. Weil die Azubis ab dem kommenden Jahr deutlich mehr Geld in der Tasche haben werden.
Konstruktiv Gegensätze überwunden
Möglich wurde dieser Kompromiss, weil sich die Verhandlungsführer von Gewerkschaft und Arbeitgebern hier im Norden seit Jahren kennen. Und sich vertrauen können. Das vielleicht beste Beispiel für diese außergewöhnliche Partnerschaft: Die Verhandlungsführerin von Nordmetall konnte zu Beginn der Tarifverhandlungen auf der Bühne der IG Metall zu den Beschäftigten sprechen. Und wurde nicht ausgebuht, sondern bekam freundlichen Beifall. Was die Verhandlungspartner in der Metall- und Elektroindustrie geschafft haben, sollte Schule machen. Und alle, die nicht wissen, wie man konstruktiv Gegensätze überwindet, sollten diese Schule besuchen. Und zur Not nachsitzen.